„Silberfeder! Komm bitte mit in meinen Bau!", rief Leopardenstern. Neugierig folgte ich ihr. „Wie ich sehe hast du dich wieder von deinen Verletzungen und davon, dass dein bester Freund den Clan verlassen hat wieder erholt! Ich möchte dich deshalb fragen, ob du so gesund bist, dass du die Ausbildung von Bachjunges übernehmen kannst." Völlig überrascht nickte ich und miaute aufgeregt: „Ja, sehr gerne!" Mit einem Schwanzschnippen geleitete mich die gefleckte Anführerin hinaus neben den Wasserfels. Der lag mit der hinteren Seite direkt in einem Teich, deshalb der Name, von vorne aber war er sehr gut zugänglich. Auf dem Felsen saß Leopardenstern, davor Bachjunges, die zierliche kleine Kätzin mit dem blaugrauen Fell. Zögerlich trat ich näher und setzte mich unauffällig in die Nähe des großen Steins. Auf den Ruf unserer Anführerin versammelte sich der Clan in der Mitte des Lager und schloss einen Halbkreis um die kleine Kätzin, ihre Geschwister Flussjunges und Wellenjunges und den Wasserfels.
„Flussjunges! Tritt vor!", befahl Leopardenstern und der kleine Kater, der aufgrund seines Aussehens nach Flusskralle benannt worden war, sprang vor, während seine Mutter Moospelz stolz auf all ihre Jungen sah. „Du bist nun sechs Monde alt und es ist Zeit, mit deiner Ausbildung zu beginnen. Bleifuß! Schwarzkralle war dir ein guter Mentor und ich hoffe, dass du dein Kampfgeschick und deinen Mut an diesen jungen Schüler weitergeben wirst. Flussjunges, von diesem Augenblick an wirst du Flusspfote heißen. Diene deinem Clan gut, bis du ihn als Krieger verteidigen kannst!" Der graue Krieger und der kleine schwarze Kater berührten sich mit den Nasen und zogen sich zurück. Jetzt sprach Leopardenstern die kleine, gelbbraune Kätzin an: „Wellenjunges! Auch du hast das Alter von sechs Monden erreicht und auch deine Ausbildung sollte aufgenommen werden! Deine Mentorin wird Goldbach sein! Goldbach, du bist eine kluge und geschickte Kriegerin und wirst deine Fertigkeiten deiner Schülerin beibringen! Wellenjunges ,von diesem Augenblick an wirst du Wellenpfote heißen. Diene deinem Clan gut! Kommen wir nun zu dir, Bachjunges! Wie deine Geschwister bist auch du sechs Monde alt und hast damit das erforderliche Alter eines Schülers erreicht! Deine Mentorin wird Silberfeder sein! Silberfeder, du hast viele Verluste erlitten, aber das hat dich stark und loyal gemacht! Mache auch Bachjunges zu einer starken und loyalen Kriegerin! Bachjunges, von diesem Augenblick an wirst du Bachpfote heißen. Diene dem Clan gut!" Ich war vorgetreten und berührte die kleine Kätzin Nase an Nase. Stolz durchströmte mich und ich gelobte, sie zur besten Kriegerin zu machen, die sie werden konnte. Als ich Bachpfote jedoch in die Augen sah, war ich wie vom Blitz getroffen. Sie sah missmutig und unzufrieden aus und rümpfte die Nase. Ihre Augen waren einen kurzen Moment lang nicht mehr schön blau, sondern hellgrün und kalt, wie die von Schwarzkralle. „Sie ist kaum größer als ich!", beschwerte sich Bachpfote lautstark. „Außerdem hat sie Schwarzkralle umgebracht und der Sternenclan war nicht mit ihrer Ernennung zur Kriegerin einverstanden! Was kann sie mir schon beibringen?" Mit einem wütenden Fauchen zog ich ihr kurz meine Pfote übers Ohr, wobei ich darauf achtete, meine Krallen nicht auszufahren und ihr nicht wehzutun. „Respekt vor älteren Clangefährten zu Beispiel!", fauchte ich. Schmollend verzog sie sich mit ihren Geschwistern in den Schülerbau.
„Das wird schon noch werden!", schnurrte Schmutzfell. Wir unterhielten uns gerade in seinem Bau leise über meine neue Schülerin und der Rest des Clans schlief schon. „Hoffentlich!", murmelte ich und verschwand auf meinem Posten. Ich hatte nämlich Nachtwache. Da ertönte ein Alarmschrei auf der Lichtung. Er klang wie von Bachpfote. „Angriff!", kreischte die junge Kätzin. „Wer greift hier wen an?", knurrte ich und sah mich um. Mitten auf der Lichtung saßen zwei winzige Jungtiere und maunzten ängstlich. Bachpfote stand drohend über ihnen, die Krallen ausgefahren. Mit aller Kraft rammte ich sie zur Seite. „Es sind nur zwei Junge!", fuhr ich sie an. Die Kleinen sahen jetzt gar nicht mehr ängstlich aus, sondern kamen neugierig näher. „Hier stinkt es! Lass uns nach Hause gehen!", jammerte eins der Jungen. „Woher kommt ihr? Wer sind eure Eltern?", fragte ich freundlich. „Ich bin Eichhornjunges und das ist Blattjunges!", trompetete das dunkelrote Junge heraus. „Unsere Mutter ist Sandsturm und unser Vater ist Feuerstern!", ergänzte das Andere. „Soso! Dann kommt mal mit! Ihr seid auf dem Territorium des Flussclans, wisst ihr das nicht? Ich bringe euch zu Leopardenstern!", miaute ich bestimmt. „Jetzt kriegen wir Ärger!", flüsterte Blattjunges ihrer Schwester zu. „So schlimm wird es schon nicht werden! Bachpfote! In dein Nest mit dir!", beruhigte ich die Jungen. Bachpfote verschwand missmutig im Schülerbau. „Leopardenstern!", miaute ich leise. „Wach auf!" Die Anführerin erhob sich leise. „Was ist passiert?", wollte sie wissen. „Bachpfote hat zwei Junge im Lager gefunden! Sie riechen nach Donnerclan und behaupten, sie seien die Töchter von Feuerstern!", erklärte ich. „Bring sie rein!", befahl die gefleckte Anführerin. Mit einem Schwanzwedeln wies ich die Kleinen an, hereinzukommen und ließ sie mit Leopardenstern allein. Kurze Zeit später kam sie mit den beiden Kätzinnen wieder heraus und befahl: „Bring sie morgen mit Schmutzfell zum Donnerclan zurück! Sie werden die Nacht im Heilerbau verbringen." Ich zuckte zum Zeichen meines Einverständnisses mit den Ohren und brachte die Beiden in den Heilerbau.
„Silberfeder! Wach auf! Wir sollen die Jungen zurückbringen, bevor jemand sie bemerkt!", zischte Schmutzfell mir ins Ohr. Sofort war ich hellwach und schlich nach draußen. Da es über Nacht geschneit hatte, packte ich Eichhornjunges im Nacken, obwohl sie wie ein Fisch zappelte, und ging hinter Schmutzfell her in Richtung Donnerclanterritorium.
„Feuerstern! Wir bringen euch hier etwas, was euch gehört!", rief Schmutzfell laut durch das Lager des Donnerclans. „Blattjunges! Eichhornjunges!", schrie Sandsturm, die gelbbraune Kätzin und rannte auf uns zu. Wir setzten die zappelnden Kätzinnen in den Schnee und wandten uns an Feuerstern, der inzwischen direkt vor uns stand. „Diese beiden Jungen sind mitten in der Nacht in unser Lager eingedrungen und haben behauptet, sie seien deine Jungen. Stimmt das, Feuerstern?", fragte Schmutzfell ruhig. „Ja, das ist richtig. Wir haben sie schon gesucht", erwiderte Feuerstern. „Wir konnten sie euch nicht gleich bringen, also haben wir sie im Heilerbau übernachten lassen. Passt in Zukunft besser auf eure Jungen auf, Feuerstern!", fuhr ich jetzt schärfer fort. „Was gibt dir das Recht, so mit mir zu reden, Silberfeder? Hat dich jemand zur zweiten Anführerin gemacht, dass du mir Befehle erteilst?", wollte der rote Kater wissen. „Nein, durchaus nicht, aber du könntest dich vielleicht mal bedanken! Wir hätten sie auch im Schnee erfrieren lassen können! Das würden wir zwar nie tun, aber das du so reagierst ist wirklich Froschdreck! Komm, Schmutzfell, wir gehen!", knurrte ich wütend. Da fiel mir im Augenwinkel eine dicke Kätzin , wahrscheinlich war sie trächtig, und ein schwarzer Kater mit weißen Ohren, Bauch, Brust, Schwanzspitze und Pfoten auf. Flusskralle und Kristallfeder! Eine scharfe Kralle bohrte sich mir ins Herz. Ich warf meinem alten Freund noch einen letzten, traurigen und verletzten Blick zu, dann verschwand ich mit Schmutzfell.
Die nächste große Versammlung kam. Kristallfeder war nicht dort und auch Flusskralle konnte ich nirgendwo sehen. Umso besser. Unbehaglich wurde mir erst, als mir auffiel, dass der Donnerclan auch Rußpelz nicht bei sich hatte. „Wo ist Rußpelz?", fragte ich Brombeerkralle, der neben mir saß. Er schnurrte belustigt: „Goldblüte hat Husten! Ich wusste gar nicht, dass du so an Rußpelz hängst!" Wütend, aber auch erleichtert wandte ich mich ab. Rußpelz war zwar lieb und nett, aber wir waren kein bisschen befreundet! Das Brombeerkralle mir unterstellen konnte, mit Katzen aus anderen Clans befreundet zu sein! Eingebildete Fellkugel!
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Silberfeder
FantasySilberfeder, eine junge Kätzin des FlussClans, ist gerade zur Kriegerin ernannt worden. Doch jetzt steht sie vor neuen Herausforderungen. Komplizierte Familienverhältnisse, Freunde, Feinde und natürlich die erste Liebe. Wird sie die Probleme meister...