Silberfeder Kapitel 7

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Während der gesamten großen Versammlung war ich schweigsam und hielt mich von den anderen Katzen fern. Ich war nervös und hatte Angst, solche Angst vor einer Enttäuschung. Obwohl ich wusste, dass er eine Gefährtin und Junge hatte, machte ich mir leichte Hoffnungen. Dann begannen die anderen Katzen, sich die Zungen zu geben und ich rannte zu Flusskralle. „Flusskralle!", zischte ich. „Ich muss dich sprechen!" Er sah mich kurz an. Dann folgte er mir an den Rand der Senke. „Es ist... schwierig... Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll... Flusskralle, du warst immer mein bester Freund. Aber irgendwie warst du für mich kein Freund... Also, nein, nicht nur ein Freund, ich... Du warst mehr für mich, ich habe andere Dinge für dich empfunden als Freundschaft. Flusskralle, ich liebe dich. Es tut mir leid, ich weiß, dass du eine Gefährtin und Junge hast, aber... Ich kann nichts dagegen tun. Ich wusste, dass es nicht aufhören kann, bevor ich es dir nicht gesagt habe." Ich senkte den Kopf. Flusskralle räusperte sich. „Silberfeder, ich mag dich wirklich gerne. Aber du warst, und bist, für mich „nur" eine gute Freundin. Ich liebe Kristallfeder. Es tut mir leid." Nach diesen knappen Worten drehte er sich um und ging zum Donnerclan zurück. Hinter mir hörte ich Schritte. „Hast du gelauscht, Kleeperle?", fragte ich müde. „N-Nein!" Ich spürte, dass sie log. „In Ordnung...", murmelte ich und ging zu Leopardenstern zurück.

In den folgenden Tagen war ich oft müde und lustlos, ich schlief wenig und aß noch weniger.

Doch langsam kam ich darüber hinweg. Ich nahm wieder an Patrouillen teil, sprach wieder mit meinen Clangefährten und wandte mich insgesamt dem Clan wieder zu. Es gab doch viel wichtigeres als irgendwelche Kater!

Meine Freunde waren viel wichtiger! Schmutzfell, Kleeperle, Bachkiesel, Goldbach, Federschweif, Sturmpelz, sie alle hatte ich sträflich vernachlässigt!

Zum Glück waren sie mir nicht böse, sondern viel mehr froh, dass ich diese schwierige Zeit überwunden hatte. Ich sah Bachkiesel und Wiesenpfote oft beim Training zu und kämpfte zu Beispiel auch mal gegen den großen Schüler, damit Bachkiesel seine Fehler besser sehen konnte.

Ab und zu unternahm ich Jagdausflüge mit meinen Freunden und immer öfter schloss sich uns Wiesenpfote an. Schon bald gehörte auch er zu meinen Freunden. Doch schlimme Ereignisse lassen nicht lange auf sich warten.

Eines Tages kam Federschweif zu mir. „Sturmpelz und ich müssen weg. Der Sternenclan schickt uns auf eine Reise!" Ich erschrak fürchterlich. „Ich komme mit!", miaute ich, obwohl ich ihr die Antwort schon vom Gesicht ablesen konnte. „Nein, Silberfeder, du musst auf den Clan aufpassen. Kümmere dich um unsere Freunde!" Ich wimmerte wie ein Junges: „Bitte, lass mich nicht hier! Ich brauche euch doch! Bitte, Federschweif!" Aber sie schüttelte nur den schönen Kopf.

Also ließ ich meine Geschwister ziehen und blieb bei meinem Clan.

Die nächsten Monde lebte ich in fürchterlicher Angst. Von meinen Geschwistern erhielt ich kein Lebenszeichen, obwohl ich jede Nacht versuchte, Tüpfelblatt oder meine Mutter zu treffen und zu fragen.

Doch irgendwann kamen sie alle zurück. Alle Katzen, die zur großen Reise aufgebrochen waren.

Alle, bis auf eine.

„Sturmpelz! Federschw...", rief ich erst freudig, brach aber bei der Miene meines Bruders ab. „F-Federschweif... W-Wo ist sie?", fragte ich ängstlich. Sturmpelz senkte traurig den Kopf. „Sie hat sich geopfert." „Für wen? Für dich? Oder einen anderen von euch?" „Für den Stamm des eilenden Wassers. Diese Katzen wurden von einem Ungeheuer bedroht, das sie Scharfzahn nennen. Federschweif hat einen Felsensturz ausgelöst, der Scharfzahn getötet hat, aber dabei ist sie selbst mit den Felsen auf ihn gefallen und gestorben."

In diesem Augenblick wurde meine Welt dunkel. Meine geliebte Schwester, beste Freundin, Ratgeberin, Trösterin war fort. Ich würde nie wieder ihren Duft riechen können und nie wieder mit ihr gemeinsam fischen gehen. Zitternd stolperte ich zu meinem Bruder und drückte mich eng an ihn. Sein Blick war noch immer zu Boden gerichtet. „Silberfeder... Wir müssen es Graustreif sagen", erklärte er zögerlich. Und Kristallfeder!, fuhr es mir durch den Kopf. Sturmpelz wusste nichts von ihr und dies wäre vielleicht endlich eine Möglichkeit, mit ihr Frieden zu schließen. „Ich gehe. Ich werde es ihm sagen", presste ich hervor und schwankte zum Lagerausgang.

Mit Mühe schleppte ich mich über die Trittsteine ins Territorium des Donnerclans. Kurz, nachdem ich die Grenze überschritten hatte, kam mir eine Patrouille entgegen. Ich erkannte die Katzen nicht, aber als sie fragten, was ich hier wolle, stammelte ich: „G-Graustreif, ich muss ihn sprechen! Und Kristallfeder! Bitte!" Sie brachten mich scheinbar aufgrund meiner recht offensichtlichen Verzweiflung ins Lager.

Dort erwarteten mich Graustreif und Kristallfeder am Eingang, man hatte sie also schon von meinem Kommen unterrichtet. Meine Schwester sah mürrisch aus. „Was ist denn so wichtig? Meine Jungen warten! Und Flusskralle auch!", fügte sie mit einem bösen Seitenblick auf mich hinzu. „F-Federschweif!", stammelte ich. Sofort sah Graustreif alarmiert aus. „Was ist mit Federschweif? Geht es ihr gut?" „Sie ist... Sie ist...", setzte ich mehrmals schwer atmend an. Kristallfeder schnauzte unwirsch: „Jetzt sag schon, Mäusehirn!" „Sie ist tot", stieß ich schließlich hervor.

Graustreif erstarrte. „W-Was? Wie?", stammelte er. „Auf der Reise. B-Beim einem Katzenstamm. Ein Ungeheuer hat den Stamm bedroht und Federschweif hat einen Felssturz ausgelöst, was es getötet hat, aber sie selbst ist mit den Felsen auf ihn gefallen. So hat es mir Sturmpelz erzählt."

Graustreif jaulte laut auf, dann sah er mich an und schien sich zu seiner Antwort zu zwingen: „D... Danke, dass du es uns erzählt hast, Silberfeder." Kristallfeder starrte mich nur ungläubig an. Schnell wandte ich mich ab. „Ich muss zu meinem Clan zurück..."

Bald darauf kamen die Zweibeiner. Sie zerstörten den Wald mit ihren Monstern, fingen Katzen, zum Glück nur aus dem Donnerclan und verscheuchten die Beute. Obwohl wir uns große Mühe gaben, jede Katze zu versorgen, reichte es einfach nicht.

Feuerstern und Riesenstern wollten ein anderes Territorium suchen, aber Leopardenstern und Schwarzstern stellten sich dagegen.

An einem Tag gab es so wenig Beute, dass wir Krieger gar nichts bekamen. Bachkiesel reichte es. Sie stellte sich mitten auf die Lichtung und rief: „Ich gehe noch mal los und jage. Vielleicht finde ich noch etwas und es ist mir egal, wie gefährlich es ist!" Ich nickte, stand langsam auf und stellte mich neben sie. Kleeperle und Goldbach flankierten uns und auch Wiesenfisch, wie unser Freund inzwischen hieß, gesellte sich mit Flusslauf zu uns. Nebelfuß sah erst so aus, als wolle sie widersprechen, doch dann nickte sie seufzend.

So zogen wir los. Nach einiger Zeit entschieden wir, uns aufzuteilen. Goldbach, Kleeperle und Flusslauf gingen gemeinsam, ich tat mich mit Bachkiesel und Wiesenfisch zusammen.

Wir fingen sogar etwas Beute, ein mageres Moorhuhn, zwei Mäuse und ein paar Elritzen. Gerade als wir gehen wollten, entdeckte Bachkiesel bei den Monstern der Zweibeiner ein fettes Eichhörnchen. „Halt, bleib hier!", rief ich, doch sie hörte nichts mehr, sie sah nur die Beute und rannte los. Es kam, wie es kommen musste. Ein Monster wachte auf und tötete sie auf der Stelle.

Ich jaulte voller Schmerz und lief zu ihr, schnell packte ich ihren schlaffen, blutverschmierten Körper und zerrte ihn zu Wiesenfisch. „Nimm du die Beute, ich trage sie ins Lager", schlug er vor. Ich nickte nur noch schwach und packte die duftende Beute fest.

Warum musste ich jede Katze verlieren, die mir etwas bedeutete?


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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 11, 2015 ⏰

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