Ein mulmiges Gefühl machte sich in Linhs Magen breit als sie in die Kutsche stieg welche leicht unter ihrem Gewicht hin und her schwankte. Schnell setzte sie sich also auf die weichen Sitzpolster in denen sie fast versank. Als sie sich bereit fühlte hob sie ihren Blick und starrte gebannt auf die Drachen, da es sie sehr intressierte die Tiere in Aktion zu sehen. Die kräftigen Muskeln der beide JingJang-Drachen spannten sich an und sie legten ihre Flügel dicht an den Körper um sich bereit zu machen um abzuheben. James Carter hatte den beiden ihr Zaumzeug wieder angelegt, 2 halfterartige Seile die die beiden und die Kutsche verbanden sodass das Gefährt sich mit in die Lüfte erheben würde wenn die Drachen losflogen. Diese schienen jedoch abzuwarten als müsse man erst das Startsignal geben bevor sie loszischen konnten.
Plötzlich wusste Linh auf was sie warteten, denn Sir Carter schien auf das gleiche zu warten. Sein Blick ruhte ruhig auf ihr und es lief ein leichter Schauer über den Rücken des Mädchen. Was er wohl von ihr dachte? Sie konnte sich vorstellen dass sie wie ein verängstigtes kleines Kind aussehen musste- nicht wie eine zukünftige Reiterin. Tief holte Linh Luft. Sie musste dich jetzt beweisen! Wenn Sir Carter von ihr als ersten Eindruck ein zutiefst verstörtes ängstliches Mädchen hatte würde sowas nicht so schnell wieder verschwinden... Nein das durfte sie nicht zulassen! Also straffte Linh die Schultern, machte sich so gerade wie möglich und versuchte ihr wie verrückt schlagendes Herz zu ignorieren. Sie setzte ein so mutiges und furchtloses Gesicht auf wie sie konnte und hoffte sehr dass Sir Carter ihre «Maske» nicht durchschaute. «Wir können von mir aus los», meinte Linh, wobei ihr Stimme jedoch höher und leicht schriller klang als normalerweise.
Wenn Sir Carter dies bemerkt haben sollte, so ließ er es sich auf jeden Fall nicht anmerken. Er schenkte ihr ein so freundliches warmes Lächeln, welches Linh nie von ihm erwartet hätte, und schnalzte dann auf seltsame Art und Weise mit der Zunge. Es klang wie eine Mischung aus einem Specht welcher gegen einen Baumstamm schlug und einem leisen dumpfen Plumps einer Eichel welche ein Eichhörnchen aus Versehen fallen gelassen hatte.
Wie ein einziges Wesen schossen die JingJang-Drachen in die Höhe sie bewegten sich gleichzeitig wie aufeinander abgestimmt. Synchron hoben sie ihre Flügel, welche gleichmäßig auf und ab schlugen. Immer höher stiegen sie in die Lüfte und immer weiter verschwand der Boden unter ihnen. Irgendwann ware es nur noch kleine Bausteine, bei welchen man die Farbe nur noch verschwommen wahrnehmen konnte. Es gab Ziegelsteindächer, graue langweilige Straßen, seltsame sehr hohe Häuser welche Linh noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, große grüne Wiesen, mysteriöse dichte und nahezu unerforschte Wälder, aber auch Flüss welche sich einen Weg bannten, durch Klippen, quasi ausgetrocknete Gegenden, Koppeln auf welchen sich Pferde befanden. Dies konnte Linh nur erahnen, denn es waren wie kleine Spielfiguren und gleichzeitig hatte sie solche Tiere noch nie in echt, sondern bisher nur auf Abbildungen aus den Schulbüchern aus ihrer alten Schule gesehen. Gleich spürte Linh ein leichtes Zwicken in der Magengegend: Heimweh. Auch wenn sie erst vor etwas 2 Minuten abgehoben war vermisste sie ihre Familie, ihre Dorfkamaraden und alle anderen sehr. Ob diese auch oft an sie denken würden? Oder würde sie einfach aus ihren Erinnerungen verblassen, am Anfang noch eine Dorfbewohnerin die die Chance auf ein Leben als Reiterin hatte und schließlich nach vielen Jahren nur noch ein unbekanntes Irgendwas welches irgendwann mal da gewesen war und dann verschwand?
Schnell verdrängte Linh diese Gedanken und sperrte sie tief in die hinterste Ecke ihres Kopfes und verriegelte diese hinter einem dicken Schloss. Sie durfte nicht einfach so denken! Natürlich würden manche sich vielleicht nicht mehr so gut an sie erinnern können doch ganz sicher würde sie niemals komplett verschwinden können! Nein, es würde sicher immer jemand geben der für sie da wahr...
Ein lauter leicht krächzender Ausruf brachte Linh zurück in die reale Welt. Die Kutsche befand sich nun hoch oben im Himmel, die Wolken befanden sich unter ihnen sodass man das Geschehen unten nicht mehr sehen konnte. Der Schrei kam von einem der beiden Drachen, Linh wusste nicht ganz ob er von Nina oder von Lina kam. Es war wohl ein Freudensjauchzen gewesen, denn er war voller Energie und Aufregung.
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Die Reiter Lumenarias
FantasyWie es wohl ist einen eigenen Drachen zu besitzen? Ein Wesen dem du dein Leben anvertrauen kannst? Ein Wesen welches gleichzeitig Glück, Freude, Trauer und Tod bringen kann? Jemanden der dir immer zuhört, dir ein offenes Ohr schenkt und dich nicht v...