stürmisches Vermessen

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Der Regen an das Fenster klopft,
es tropft, es zischt,
Wasser mischt sich mit Neonlicht,
rot-gelbe Punkte, die der grau-schwarze Himmel bricht,
ich sehe nicht, was meine Gedanken
sich an diesem Abend fragen,
kann es nicht visualisieren, vor dieser
durchschaubar-undurchschaubaren Scheibe,
bleibe vor ihr stehen und lasse die
Gedanken vorüberziehen,
bestreite mit meinen Augen den weiten Horizont,
ich betrachte Autos, die sich zielstrebig bewegen,
Bahnen, die halten und weiter ihre routinierten Schienenabläufe pflegen,
berechenbar sind sie, einem Zeitplan folgend kommen und gehen sie,
ich bleibe weiter stehen, auf dieser Plattform in diesem Plattenbau,
der außen grau und innen bunt ist
und vermesse meine Welt,
ein Blitz erhellt das Dunkel,
es tropft schneller, ein Prasseln,
welches das Dach zum Musikant macht,
vereinzelt der Versuch, übriggebliebene
Feuerwerkskörper zum Leuchten zu bringen, es knallt, schnell verhallt dieses
Geräusch in der Geräuschkulisse des
Gewitters,
eine Taube findet Schutz auf dem Balkon
unter mir, Wohnzimmerlicht schimmert,
beleuchtet ansatzweise diese Außenfläche,
Sirenengeheul ist zu vernehmen,
vereinzelte Menschen rennen zielstrebig nach Hause, brennen darauf den Schlüssel im Schloss zu drehen,
verirrter Radfahrer, Mann mit Aktentasche, Frau mit drei Tüten,
gehen schnurstracks nach Hause, sehnen sich nach einer Pause,
während um sie herum und über ihnen die Naturgewalten wüten,
der Wind rüttelt an den Fundamenten des Plattenbaus, die Stadt erzittert, die Bäume biegen sich im Wind, es gewittert,
der Himmel ist bewegt, doch ich habe mich nicht geregt,
ich spüre die Energie, die der Wind entfacht
und nehme die Welt um mich herum wahr,  mit Bedacht gebe ich Acht auf jedes Detail,
es ist der Kontrast der mich fasziniert,
das Ruhige im Innern und das Unruhige im Äußeren,
so ist die Außenwelt für mich ein Spiegel des menschlichen Innenlebens und das ruhige Zimmer wird zu einer Maske, einem ruhigen Anschein, den wir uns geben, damit die Anderen unser Innenleben nicht erleben,
das Licht im Wohnzimmer ist ein schwacher Schein, ein Spiegel dessen, was soll und was wird sein,
ich spüre das Vibrieren des Regens, die Energie in der Luft, öffne ein Fenster und atme den Duft,
die Stadt erzittert, es gewittert immer noch,
doch ich bleibe still, will nicht fort von diesem Ort,
auf dieser Plattform stehend, die Außenwelt ansehend, werde ich zum Teil des Tanzes
zwischen Masken und Authentizität, zwischen Sein und Schein,
verwoben in dem Toben der Natur,
in diesem Tanz der Kontraste
werde ich zur Kontur,
ich blicke zum Himmel und atme das Schwarz tief ein, versinke im Schein der  Energie und lasse mich treiben in diesem Moment,
auf dieser Plattform, in diesem Plattenbau,
der außen grau und innen bunt ist,
vermesse ich meine Welt.
@KF

„Weil es einfach rausmusste"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt