„Weil es einfach rausmusste"

Tattoos

Schwarze Linien lassen Wortgebilde entstehen, die nicht mehr vergehen, sondern unter der Haut bestehen bleiben;
ein wortwörtliches Einverleiben von Farbe;
Gemälde verstorbener Personen thronen auf bunter Haut, werden für die Ewigkeit eines Gedächtnisses aus Erinnerungen erbaut;
Blumen, Blätter, Pflanzen ranken auf Armen und Beinen,
von Weitem könnte man meinen sie wären echt;
zu hören ist das Monotone Summen der
Maschine, ein langgezogenes Brummen:
1,2,3;1,2,3; ob kurz oder lang, irgendwann ist es immer vorbei;
Ornamente klein und groß werden unter die Haut gestochen;
Knochen und Haut
Fleisch und Farbe;
es bedarf einer gewissen Gabe des Stechenden, die Farben richtig anzuwenden und nach Beenden eines Stichs, sich des nächsten Pinselstrichs zuzuwenden;
wenn man einmal damit beginnt und sich rückblickend auf das erste Tattoo entsinnt, wird einem schnell klar, wie wunderbar naiv man war, zu glauben es bliebe nur bei Einem;
viele bewerten die Tattoos der anderen
mit einer gewissen Inbrunst;
ein Abwerten; ein Aufwerten,
dabei sind Tattoos individuelle Gefährten einzelner Personen und müssen nur den Trägern derselbigen gefallen, ob sie Anderen missfallen ist dabei ganz egal;
es stellt sich jedoch die Frage welche Tattoos schnell zur Qual werden, da sie ruckartig aus Spaß gestochen und nach ein paar Wochen mit einem gebrochenen Herzen unter Schmerzen bedauert werden; lauert in diesem Sinne eine Gefahr hinter der Studiotür?
Eine Art Kür wird vollzogen, wenn die Stechenden einen Bogen um die Liegen und die Farben und die Desinfektionsmittel bestreiten und von allen Seiten die ganzen Sachen der letzten Session in die verschiedenen Boxen machen; ein Lachen ist zu hören,
die Freude über ein neues Bild, manchmal wild und durcheinander, manchmal ordentlich und strukturiert;
ein Gefühl, ein Gedanke;
als Farbbild auf der Haut konserviert;
ein Tattoo hier, ein Tattoo da und Jahr für Jahr kommen im Nu neue Tattoos dazu.
©KF