Die Frau in der Wand

Ein Blick in die Vergangenheit

Es sind einige Wochen vergangen seit dem Vorfall in Snapes Büro. Zu Laurens Überraschung scheint er nicht mit den anderen Lehrern darüber gesprochen zu haben, aber sie merkt, dass er sie beobachtet, als wäre sie eine Bedrohung. Lauren hat viel über den Abend nachgedacht und damit begonnen, sich das Zaubern selbst beizubringen. Sie leiht sich Zauberspruch- und Verwandlungsbücher aus der Bibliothek aus und versucht, in ihrem Büro alles nachzuzaubern. Sie macht erstaunlich schnell Fortschritte und ihr Zauberstab scheint ihr immer mehr zu gehorchen, obwohl er trotzdem ein gewisses Eigenleben zu führen scheint. Von außen ist es nicht zu sehen, aber sie spürt es. Es ist als wollte er sie vor Gefahren warnen und sogar schützen.

Die meisten Zaubersprüche gelingen Lauren mit Leichtigkeit, aber sie bräuchte einen Partner, um Duelle und anderes zu üben. Sie hat darüber nachgedacht, Professor Lupin zu fragen, der gerade Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichtet. Lauren hat paar mal mit ihm gesprochen und er schien sich vor allem für ihr Verschwinden in Godric's Hollow zu interessieren. Da Lupin aber die meiste Zeit so aussieht, als hätte er dringend Ruhe nötig und sie nicht möchte, dass die Lehrer erfahren, dass ihr Unterricht mit Snape abgebrochen wurde, hat sie sich dagegen entschieden, ihn um Hilfe zu bitten.

Kräuterkunde lernt sie bei Professor Sprout und bei ihrer Arbeit in den Gewächshäusern. Das größte Problem sind die Zaubertränke.

Sie hat darüber nachgedacht, wie es weitergehen soll und ist zu dem Entschluss gekommen, dass sie ihre Arbeit als Aurorin fortsetzen will. Wenn sie aber irgendwann wieder in ihrem Beruf arbeiten möchte, muss sie unbedingt ihre Fähigkeiten zurückerlangen und lernen, Zaubertränke zu brauen, aber sie weigert sich, Snape um Hilfe zu bitten. Unter seiner ständigen Beobachtung ist es zudem unmöglich, an Zutaten zu gelangen. Im Moment bleibt ihr nichts anderes übrig als Rezepte, Zutaten und deren Eigenschaften zu studieren.

Als sie morgens wieder in den Gewächshäusern arbeitet und gerade einen Mimbulus Mimbletonia umtopft, kommt Professor Sprout zu Lauren und hält ihr zwei Papiertüten vor die Nase.

„Sie müssen die hier unbedingt zu Professor Snape bringen. Noch heute. Ich habe leider eine wichtige Verabredung mit einem Händler in Hogsmeade, der mir Affdodill-Setzlinge verkaufen will und kann deswegen nicht selbst gehen."

Professor Sprout verschwindet aus dem Gewächshaus, noch bevor Lauren etwas antworten kann. Lauren ist wütend. Sie wischt die erdigen Hände an ihrer Hose ab (sie hatte sich extra bissfeste Gartenkleidung in Erdtönen zugelegt, um die Venemosa Tentacula nicht zu erschrecken und für den Notfall trotzdem gewappnet zu sein), stopft die Zutaten in ihre Brusttasche und stapft über die Ländereien energisch die Stufen zum Schloss hoch. Als sie unterwegs ist, wird sie neugierig, holt die Tüten wieder hervor und öffnet sie, um zu sehen, was so ungeheuer wichtig ist, dass es nicht bis morgen warten kann. Sie betrachtet die Blüten und Blätter genau und schnuppert daran, um sicher zu sein. Getrocknete Wolfswurz und Flussgrashalme.

„Seltsam", murmelt Lauren leise vor sich hin. Es sieht so aus als wollte Snape einen Wolfsbann-Trank brauen, aber für wen? Gedankenverloren macht sie sich auf den Weg zur Schule. Als sie vor der Tür zu Snapes Büro ankommt, fühlt sich ihre Hand schwer an. Trotzdem überwindet sie sich, dreimal langsam zu klopfen. Keine Antwort. Als nach einem erneuten Klopfen immer noch keine Reaktion zu vernehmen ist, macht sich Lauren auf den Weg zu Snapes Klassenzimmer, dessen Tür spaltbreit offen steht.

„Ja?"
Severus Snape scheint sie bemerkt zu haben, bevor sie sich überhaupt auf sich aufmerksam machen konnte.

Lauren öffnet die Tür. Das Zimmer ist fast leer und ungewöhnlich dunkel. In der Mitte des Klassenzimmers steht Severus Snape an einem brodelnden Kessel und rührt das Gemisch darin mit der Kraft seines Zauberstabs um. Ein bitterer Duft liegt in der Luft und mischt sich mit dem Geruch des schweren Eisenkessels.