Erinnerungen

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Der Tag plätschert so dahin: Gewächshaus – Pause – Gewächshaus – lernen. Nach dem Abendessen behält Professor Dumbledore alle Lehrer zu einer Besprechung in der großen Halle. Als Lauren gerade gehen will, schüttelt Dumbledore den Kopf: „Sie werden sich uns anschließen, Miss Anderson. Sie haben erstaunliche Fortschritte gemacht in den letzten Wochen und Sie sollten über die derzeitige Situation informiert sein."

Lauren denkt einen Augenblick verdutzt darüber nach, woher Dumbledore wohl weiß, welche Fortschritte sie gemacht hat, da sie immer noch zum größten Teil alleine arbeitet, setzt sich dann aber wieder auf ihren Stuhl am Lehrertisch, an dem sie sich immer noch ein wenig deplatziert fühlt. Dumbledore steht mit dem Rücken zur großen Halle vor den Lehrertisch und räuspert sich. Sofort verstummen alle Gespräche.

„Wie einige von Ihnen sicher wissen, haben die Dementoren heute einen Schüler angegriffen. Es ist also äußerste Vorsicht geboten und wir sollten alles in unserer Macht Stehende tun, um die Schüler zu schützen."

„Wieso halten sich die Dementoren überhaupt so nah am Schloss auf, Albus?", schaltet sich McGonagall ein. Dumbledore runzelt die Stirn.

„Ich werde alles tun, um die Dementoren vom näheren Schulgelände fernzuhalten, aber wir müssen leider davon ausgehen, dass sich ihr Handeln unserer Kontrolle entzieht. Es treten daher folgende Regeln ab sofort in Kraft..."

Lauren blickt sich nervös um. Sie hat hier und dort Gesprächsfetzen der Lehrer aufgeschnappt und so erfahren, dass Dementoren die schlimmsten Erinnerungen eines Menschen wachrufen können und sich von jedem glücklichen Gefühl nähren. Lauren schluckt, als sie an die Situation in Snapes Klassenzimmer denkt. Wenn sie sich vorstellt, den Cruciatus-Fluch noch einmal erleben zu müssen...

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, bemerkt Lauren in diesem Augenblick, dass Snape sie von der Seite beobachtet. Lauren dreht sich um, um herauszufinden, ob er wirklich in ihre Richtung schaut. Als sie niemanden entdeckt, der Snapes Blick erwidert, sieht ihn an und versucht, den Ausdruck in seinem Gesicht zu deuten, als die anderen Lehrer plötzlich aufstehen und gehen. Lauren war so tief in Gedanken versunken, dass sie Dumbledores Rede vollkommen überhört hat. Sie wendet sich von Snape ab und steht ebenfalls auf. Als sie sich gerade von Professor Sprout verabschiedet, bemerkt sie plötzlich eine Hand an ihrem Oberarm. Lauren dreht sich um und schaut in ein Paar schwarzer Augen.

„Sie kommen mit mir, Miss Anderson, ich befürchte, wir können nicht länger warten."

Snape packt sie unsanft am Arm und schiebt sie hinaus aus der großen Halle, hinunter in die Kerker zu seinem Büro, dessen Tür er mit einem Schlenker seines Zauberstabs und ohne Worte öffnet.

„Was machen Sie..."

„Sie werden lernen müssen, sich gegen die Dementoren zu verteidigen", unterbricht Snape Laurens Frage, „sonst werden Sie ein allzu leichtes Ziel für diese Kreaturen darstellen."

Snape dreht sich zu ihr um und sieht ihr direkt in die Augen.

„Am besten fangen wir sofort an. Dementoren gehören zu den grausamsten Wesen, denen Sie in der Zaubererwelt begegnen werden. Sie sind in der Lage, Ihnen jeglichen Lebenswillen zu rauben und sie in eine leere, empfindungslose Hülle ohne Persönlichkeit zu verwandeln. Um sich erfolgreich zu verteidigen, müssen Sie an Ihre glücklichste Erinnerung denken, sich darauf konzentrieren und die Zauberformel ‚Expecto Patronum' sprechen."

Lauren sieht ihn skeptisch an. Ihre glücklichste Erinnerung. Sie unterdrückt wenig erfolgreich ein Lachen, versucht daraufhin aber trotzdem, in Gedanken alles, was sie bisher in Hogwarts erlebt hat, zu durchkämmen. Sie bleibt bei dem einzigen Erlebnis stehen, das in ihr zwar Unbehagen, aber auch so etwas wie Glück auslöst: Die Begegnung mit Snape in der Bibliothek.

Die Frau in der WandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt