52| ein ende

315 11 2
                                    


e s t e l l a

watching him fade away- mac demarco

»Du weißt von Myles Tod, richtig? Von seinem Unfall, den er hatte?«

Mein Nicken war schwach und fühlte sich einfach nur mechanisch an. Am liebsten hätte ich mich am Türgriff festgeklammert. Ich brauchte etwas, um Halt zu finden, der mir vielleicht gleich unter den Füßen weggerissen werden würde.

»Es war Silvester. Vor einigen Jahren. Codyan war... vierzehn? Höchstens fünfzehn? Wie auch immer. Ist ja auch egal.« Er zündete sich eine vierte Zigarette an und klemmte sie zwischen die Finger, während er beim Sprechen gestikulierte. »Wir waren hoch oben in den Bergen von England. Eine pompöse Feier, die mein Dad geschmissen hat. Er mietete dazu eine Location. Es war ein riesiger Loft aus Glas in einem beeindruckenden, finsteren Waldstück.«

Das hatte Codyan erwähnt. Er hatte es mir erzählt. Die Silvesterfeier in den Bergen. Ich erinnerte mich.

»Wir Brüder waren selbstverständlich dabei und präsentieren uns von unserer besten Seite. Unabhängig davon, wie viel Lust wir darauf hatten.
Der Abend verlief gut, bis Codyan jedoch in einen heftigen Streit mit unseren Eltern geriet. Er hatte einfach keinen Bock mehr auf die Feier und wehrte sich generell gegen die strikten Regeln meiner Eltern. Vor allen Gästen gab es eine Szene. Kein sonderlich positiver Eindruck eines guten Familienlebens.«

»Er schoss raus um sich abzuregen und Myles folgte ihm sofort. Er war ein guter Bruder und sorgte sich eigentlich immer um jeden.« Calum fuhr sich wieder durchs Haar, nahm einen tiefen Zug. Rauch flog mir ins Gesicht.

»Codyan wollte natürlich von der Feier abhauen, wieder einmal gegen unsere Eltern gehen. Myles begleitete ihn auf seinen Wunsch. Er wollte ihn wahrscheinlich aufmuntern, also schlug er vor, eine abgelegene Straße in den Bergen runter ins Tal zum Hotel zu nehmen. Sie hauten einfach ab, ohne jemandem etwas zu sagen.« Er fuhr fort:»Myles hatte sich aus eigener Tasche einen Sportwagen gekauft, mit dem sie über die Straßen rasten. Irgendwann ließ er Codyan ein Stück fahren, der das unbedingt machen wollte.«

Calum drehte sich von mir weg, starrte in den Nachthimmel, als er sagte:»Hat Codyan dir erzählt, dass er es war, der den Wagen an diesem Abend in den Abgrund lenkte, wegen einem anderen Auto, das ihnen aus dem Nichts entgegen schoss?«

Mein Herz stoppte regelrecht.

Oh mein Gott.

»Sie stürzten Meter in die Tiefe, der Wagen überschlug sich. Dann steckten sie fest. Der andere Wagen, dem sie ausgewichen waren, fuhr weiter. Dieser Wichser fuhr einfach weiter...«

Seine Augen trafen mich wieder. »Für mehr als eine Stunde steckten sie im Abgrund fest, bis jemand endlich auf ihr Verschwinden aufmerksam wurde und sie wegen dem automatischen Tracking des Wagens fand.«

»Codyan erlebte alles mit. Jede Sekunde war er wach, bis sie vom Rettungsteam geborgen werden konnten.«

Ich zitterte. Ach. Du. Scheiße.

»Und weißt du was, Estella?« Calum machte eine bedeutungsvolle Pause. »Er hatte bloß ein paar Kratzer. Ein paar geprellte Rippen.«, stieß er aus, als könnte er es immer noch kaum fassen. »Ein verficktes Wunder.«

Ungläubig blinzelte ich ihn an. »Du willst sagen... du bist froh, weil er unverletzt war?!«

»Myles war tot! Verstehst du das? Er ist innerhalb weniger Sekunden verblutet! Während Codyan völlig unbeschädigt davon kam! Und wer von beiden trug die ganze Verantwortung dafür?! Derjenige, der am Steuer saß! Also mein bescheuerter, minderjähriger Bruder!«

The light you brought Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt