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Seitdem sie in den Besitz zweier Karten für das Spiel der Wilds gegen die Panther gelangt war, freute Sara sich auf diesen Abend. Sie war zusammen mit Lucy, ihrer besten Freundin seit Kindheitstagen, früh genug losgefahren, um sich ihre Plätze im Stadion zu sichern. Sara hatte sich eine alte Jacke der Wilds übergeworfen, welche sie irgendwann mal auf einem Garagenverkauf gefunden hatte. Sie reckte ihren Kopf in die Höhe, um besser auf das Spielfeld blicken zu können. In dem ganzen Wirrwarr, dass da unten jedoch herrschte, konnte sie keinen einzigen Spieler klar erkennen.

„Beruhig dich", Lucy lachte und schüttelte belustigt ihren Kopf, „Es geht ja gleich los."

„Das sagst du so einfach", entrüstet verschränkte Sara ihre Arme vor ihren Oberkörper, „Ich bin endlich mal wieder auf einem NHL-Spiel und nicht auf den Spielen von meinen Kids. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie toll es ist, erwachsenen Männern dabei zuzusehen, wie sie sich selbst den Rotz wegwischen und nicht du ihnen die Nase putzen musst."

Lucy lachte und warf sich ihr langes Haar über die Schulter zurück: „Was soll ich sagen? Ich habe es auch nicht einfacher. Da sagst du zu ihnen, sie sollen mit Pizza den Berg runterfahren, und dann machen sie Pommes, fahren ins Netz und kommen nicht mehr raus."

Willow Creek war eines der wenigen Städte in den Staaten, in dem der Wintersport, vor allem das Skifahren und Ice-Hockey, großgeschrieben wurde. Footballspieler fand man hier äußerst selten. Deshalb war es auch kein Wunder, dass sowohl Lucy als auch Sara seit Kindheitstagen auf Skiern und Schlittschuhen standen. Sara hatte in ihren jungen Jahren sogar selbst Eishockey gespielt, hatte dann aber mit dem Ende der Junior-High aufgehört. Sie hatte sich nicht länger in den Abstellkammern der anderen Schulen umziehen wollen.

Langsam wurde das Licht gedimmt, und die Zuschauer fingen an zu jubeln. Das inoffizielle Startzeichen wurde gegeben, als aus den Lautsprechern Born to be wild dröhnte. Sara klatschte in die Hände und sprang begeistert auf und ab. Eine Gänsehaut breitete sich auch ihrem Körper aus und ein breites Grinsen lag auf ihren Lippen. So breit, dass ihre Wangen schmerzten.

Der Stadionsprecher begann seine Ansprache und fing anschließend an, die Spieler anzumoderieren, welche beim Startschuss auf dem Feld stehen würden.

„Und nun die Nummer 27, frisch eingeflogen aus Helsinki und verpflichtet für die restliche Saison, Mathias Laitinen!"

Sara hielt in ihrer Bewegung inne. Es fühlte sich so an, als würde sich sämtliches Blut auf ihrem Körper verabschieden und tief in ihrem Inneren zu einen Eisklotz heranwachsen. Das Lächeln war ihr so auf das Gesicht betoniert, dass es nur sehr langsam bröckelte. Ihr Herzschlag dröhnte ihr in ihren Ohren.

Lucy legte ihr ihre Hand auf den Arm. „Was ist los?"

Langsam blickte Sara zu ihrer Freundin. „Mati."

„Mati? Meinst du Mathias Laitinen?"

Sara hatte Lucy nach seinem plötzlichen Verschwinden tagelang am Telefon zu geheult. Wie konnte sie sich also nicht an Mati erinnern? Es dauerte eine Weile, bis Lucy ein Licht auf ging und sie mit großen Augen auf die Eisfläche hinunterblickte. Dann drückte sie Saras Arm.

Er hatte sogar die Nummer 27 behalten. Saras Glückszahl, der Tag, an dem sie sich das erste Mal getroffen hatten und dergleiche Tag, an dem er sie verlassen hatte. Welch eine Ironie.

Marigold DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt