Die Schatten

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~Kapitel 2~

 Mit einem leichten panischen Gefühl stand ich auf und klopfte ich mir den Sand von der Hose. Dann hob ich mein Buch aus dem Sand und drückte den Buchrücken so fest an meine Brust, dass ich einen leichten Abdruck spürte, der sich in meine Haut grub. Krampfhaft versuchte ich, meine Fassung zu wahren, obwohl ich durch die Verwandlung des Mannes, die nur ich sehen konnte, innerlich bebte.

Das kann nicht sein ...

Ich durfte ihm meine Panik nicht zeigen oder dass ich erkannt hatte, was für ein Wesen er war. Doch in diesem Moment zweifelte ich an meinem „schauspielerischen Talent", das ich nie wirklich besessen hatte. Aber ich musste mich jetzt darauf konzentrieren. Er durfte auf keinen Fall merken, dass ich wusste, dass er aus der Hölle ausgespuckt wurde. Es konnte gut möglich sein, dass meine Ohrringe mich weiterhin beschützten und diese Begegnung nur zufällig war. Mit einer abwertenden Handbewegung winkte ich ihn ab und zog meine Nase leicht gen Himmel.

»Vollidiot!« ,brachte ich mit einem Wort zum Ausdruck, dass ich seine Anwesenheit nicht wollte. Mein Herz schlug so stark gegen meine Brust, als ich an ihm vorbeiging und ich fing an zu beten, dass diese Höllengeburt mein wahres Wesen nicht erkannt hatte und keine weiteren seiner Art heraufbeschwören würde. Doch ich spürte, dass es ihm tatsächlich egal war, was ich weiterhin tun würde. Ich warf einen letzten Blick zurück und bemerkte, dass der Mann verschwunden war. Dann begann ich zu rennen.

Geschickt lief ich durch die verschlungenen Gassen, die sich um die Stadt erstreckten, um nicht entdeckt zu werden. Mir war klar, dass mein schnelles Tempo auf dem Markt die Aufmerksamkeit der Leute auf mich ziehen würde – ich musste wie von einer Tarantel gestochen wirken.
Nach wenigen Sekunden wurde mir klar, dass es mehr als nur ein Zufall sein konnte, diesem Mann zu begegnen, der sich als Mensch ausgab. Für mich war es schwer vorstellbar, dass ein solches Wesen sich in dieser Umgebung wohl fühlen könnte, umgeben von so vielen Menschen...

Ich stellte mir die Frage, ob es eine Verbindung zwischen meinem inneren Gefühl, das mich durchströmte, und dieser mysteriösen Kreatur gab?
Nein ... erwiderte mein Inneres sofort auf meine Gedanken. Diese innere Stimme, die ich immer wieder spürte, war wie ein warnendes Flüstern, das nie verstummte, eine unsichtbare Präsenz die ständig an meiner Seite war und mich auf Gefahren vorbereitete, die nur sie wahrnehmen konnte.

Völlig außer Atem und von Schweißperlen überzogen, lehnte ich mich an die Mauer eines Hauses. Mein Körper zitterte und die Krämpfe, die ich in meiner Brust spürte, schienen sich immer weiter zu verstärken. Dieses furchtbare Gefühl, das ich über die Jahre fast vergessen hatte, kehrte nun mit aller Macht zurück. Es war ein beklemmender Druck, der sich wie eine eiserne Faust um mein Herz legte und mich kaum atmen ließ.

Ein stechender Schmerz durchfuhr meine Glieder und ich wollte nur noch nach Hause. Doch ein Nein, bleib hier! hallte in meinem Inneren, als ob sie wusste, was passieren würde.
Ich hätte diese Worte ignorieren und einfach gehen können. Doch als ich aufsah, wusste ich, warum ich hier bleiben sollte.

Ich stand an einem Anlegeplatz, der für die Fischer in den frühen Morgenstunden aufbrachen, um frische Ware zu fangen, dienen sollte. Doch hier war kein Boot zu sehen und der Anlegeplatz schien fast verlassen zu sein. Die Holzbretter des Anlegers waren von Salzwasser und Sonneneinstrahlung gezeichnet und ihr Zustand verriet, dass sie viele Jahre lang benutzt wurden. Als ich vorsichtig einen Fuß auf das morsche Holz setzte, vermischte sich das Knarren unter meinen Schritten mit dem sanften Plätschern der Wellen, die gegen die Kaimauer schlugen.
Aus Angst, das Holz könnte unter meinem Gewicht nachgeben, sprang ich rasch auf den festen Steinboden zurück.
Die Sonne begann langsam am Horizont zu sinken und der orangefarbene Himmel spiegelte sich im klaren Wasser, wodurch alles um mich herum aussah, als würde die Sonne direkt ins Meer eintauchen. Es war ein Anblick, der mir das Gefühl gab, als würde die Welt für einen Moment den Atem anhalten.

Die Flügel eines DämonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt