Kapitel 12

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Cennet

Nach Monaten des immer gleichen Trottens fühlte sich mein Leben wie eine endlose Wiederholung an. Enes schien mir immer mehr Arbeit aufzubrummen und Überstunden waren zur Regel geworden.

Enes ging es Gott sei Dank wieder gut und er schien keine Probleme mehr mit seiner Hüfte zu haben.

Er gab mir aus unerklärlichen Gründen mehr Arbeit. Es machte mir wirklich zu schaffen.

An diesem warmen Abend, als die Sonne langsam hinter den Häusern verschwand, saß ich wieder im Büro und wusste, dass ich noch lange bleiben musste.

Meine müden Augen huschten über den hellen Bildschirm. E-Mails beantworten.

Es war frustrierend, immer wieder so viel zu arbeiten, aber ich hatte das Gefühl, keine andere Wahl zu haben. Die Zeit kroch quälend langsam voran, und ich konnte nur hoffen, dass diese Nacht bald ein Ende finden würde.

Ein bekannter Name erschien auf meinem Bildschirm. Helen rief mich an. Ich ging natürlich sofort ran und wir verfielen in ein tiefes Gespräch.

Als ich mit meiner Freundin Helen sprach, konnte ich nicht anders, als über meine Situation mit Enes zu klagen. Ich erzählte ihr, wie er mich ignorierte, wie er plötzlich nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenkte wie vor einigen Monaten.

Es war frustrierend und verwirrend zugleich. Ich konnte einfach nicht verstehen, was sich geändert hatte oder warum er sich so distanzierte.

Jeder Versuch, mit ihm darüber zu sprechen, schien ins Leere zu laufen, und ich fühlte mich zunehmend isoliert und allein gelassen. Die ungewisse Zukunft und die zunehmende Distanz zwischen uns belasteten mich schwer, und ich sehnte mich nach Antworten, die ich einfach nicht finden konnte.

Ich vermisse dich, Enes.

Als ich das Telefon abrupt auflegte, konnte ich kaum glauben, was ich hörte. Ein seltsames Klappern und Rascheln drang aus der Ferne durch den Hörer. Ein unangenehmes Kribbeln lief mir über den Rücken, als ich mich von Helen verabschiedete und mich entschied, den merkwürdigen Geräuschen nachzugehen.

Keine Angst. Es ist sicher nur ein Angestellter.

Die Flure des hohen Gebäudes lagen still und düster vor mir. Die gewohnte geschäftige Atmosphäre des Tages war längst verschwunden, und ich schien die einzige Person im gesamten Gebäude zu sein.

Das Licht war gedämpft, die Schatten lang und bedrohlich. Ein kalter Hauch von Einsamkeit umhüllte mich, als ich mich durch die leeren Gänge bewegte, meine Schritte hallten gedämpft wieder.

Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich tiefer in das Labyrinth aus dunklen Korridoren eintauchte. Die Angst kroch langsam, aber unerbittlich, in meine Gedanken, als ich mich den unheimlichen Geräuschen näherte. Ich zwang mich, weiterzugehen, obwohl jeder Instinkt in mir schrie, umzukehren und zu fliehen.

Dir geht's gut.

Plötzlich schien mir alles fremd und unheimlich. Jedes quietschende Türscharnier, jedes fahle Lichtspiel ließ meine Sinne aufs Höchste angespannt sein. Ich fragte mich, was mich in der Dunkelheit erwartete, und doch trieb mich eine unerklärliche Neugierde dazu, den Geräuschen zu folgen, egal wie unheimlich sie auch sein mochten.

Meine Hände zitterten, als wäre ich von Eis umgeben.

Mit einem Anflug von Erleichterung bemerkte ich schließlich, dass die seltsamen Geräusche aus Enes' Büro zu kommen schienen. Ein Hauch von Besorgnis mischte sich jedoch in meine Gedanken, als ich mich langsam auf den Weg in sein Büro machte.

InsolenzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt