Kapitel 4

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EM Vorbereitung 2009

POV Mats:

Es regnet, als wir in Schweden ankamen. In Deutschland noch bei bestem Wetter los geflogen und jetzt musste man sich schnell unter ein Vordach flüchten, um nicht sofort durchnässt zu werden. Wäre ich mal wieder Handballer geworden, dann könnte ich schön im trockenen mein Spiel durchziehen. Vor allem die ersten Minuten auf dem Feld, wenn man gerade aus der warmen Kabine kommt, sind schlimm. Sobald das Spiel angepfiffen wird, ist alles egal, aber davor...

Bene stieß mir ohne Vorbereitung unsanft mit seinem Ellebogen zwischen die Rippen.

"Ey!" beschwerte ich mich und rieb mir die schmerzende Stelle.

"Schau nicht so griesgrämig, du alter Opa. Die EM geht los, da müsste ein fettes Grinsen auf deinen Lippen sein!" tadelte mich der ältere unbeeindruckt.

Er hatte ja recht, aber musste er mir deswegen weh tun? Ich hätte ihm auch ohne dem Recht gegeben. Ich sollte mich eindeutig mehr auf das freuen, was die nächsten Wochen auf uns zukam, als mich von dem aktuellen Wetter runterziehen zu lassen. Vor allem nachdem ich vor einem Monat nochmal einen kleinen Schreckmoment hatte, bei der nicht klar war, ob meine Gesundheit bei dem Traum von der EM mitspielen würde. Aber zum Glück hatte es mehr weh getan, als das es schlimm war.

"Wenn wir auf ein Zimmer kommen ist es wieder da."

Es war eine fette Lüge, denn alleine bei dem Gedanken, mit Bene wieder auf ein Zimmer zu kommen bereitete sich schon ein Lächeln auf meine Lippen aus. Und das konnte locker dem Grinsen mithalten, wenn ich an die kommenden Spiele und eine mögliche Meisterschaft dachte. Der Schalker war einfach für mich die wichtigste Person im Team geworden. Wir hingen Tag und Nacht aufeinander. Hatten den gleichen Humor, ähnliche Ansichten und die Wochen mit der Natio hatten uns irgendwie zusammengebracht. Wenn ich mich auf die Nationalmannschaft freute, freute ich mich in erster Linie, Benni wiederzusehen. Auch wenn ich seit einem knappen Jahr jetzt zum BVB ausgeliehen war und jetzt deutlich näher beieinander wohnten, sahen wir uns doch hauptsächlich nur hier. Vielleicht lag es daran, dass wir einfach viel eingespannt waren und Trainingseinheiten und Spiel sich selten überlappten. Zusätzlich spielten unsere Mannschaften beide international bzw. im Pokal und dann blieb einfach nicht so viel Freizeit. Erst recht nicht, wenn man wie Benni eine Freundin hat, die natürlich auch Aufmerksamkeit wollte. Aber vielleicht bemühten wir uns auch nicht genug darum. Ich wollte ihm aber auch nicht auf die Nerven gehen. Er war so verwurzelt in Gelsenkirchen und Umgebung. Sowohl Familie als auch Kumpels, teilweise noch aus Kindertagen, da brauchte er mich wahrscheinlich nicht noch zusätzlich. Und mittlerweile hatte ich ja auch einen ganz guten Anschluss in Dortmund bekommen mit Schmelle und Nuri. Dass Marcel jetzt auch mit bei der EM ist, freut mich natürlich ungemein. Alleine schon für den Vorteil auf dem Platz, den wir durch die fast täglichen gemeinsamen Trainings hatten. Aber natürlich auch einen guten Freund hier zu haben, aber es war halt trotzdem was anderes als das mit Benni.

"So Leute was ganz neues. Da wir ja hier kleine Häuser haben, lasse ich euch mal die Wahl, wie ihr euch zusammen tun wollt. Nur ich möchte kein Haus haben, wo vier Leute der gleichen Mannschaft drin sind und durchmischt auch gerne die Positionen, der Rest ist mir egal. Und wie immer, in einer Stunde gibt es Essen und danach sehen wir uns zur ersten Einheit."

Sofort ging das Getuschel los, wer mit wem in ein Haus wollte. Das war tatsächlich gar nicht mal so gut. Was ich wusste war, ich wollte auf jeden Fall mit Bene in ein Haus, aber das bedeutete, es war nur noch Platz für zwei weitere, die im besten Fall nicht auch noch in der Verteidigung spielten. Wir waren aber eigentlich sechs in unserer Stammgruppe. Hieß zwei mussten in ein anderes Haus als der Rest.

"Gehen wir in ein Haus?" wurde ich direkt von Marcel angesprochen, der neben mir stand.

"Ja klar", antwortete ich schneller, als ich wirklich darüber nachdenken konnte. Mein Blick schweifte zu Bene der gerade mit Manu redete. Wenn er sich mit dem Torwart einig war, war das nicht gut für unsere Mischung im Haus. Warum hatte unser Trainer nicht einfach wie jedes Jahr Bene und mich in ein Zimmer packen können?!

"Gut dann kommen Toni und ich mit in euer Haus. Dann sind wir nicht ganz so defensiv besetzt", wandte sich der Schalker an mich, nachdem er das Gespräch mit Manu beendet hatte. Ich befürchtete erst, mich verhört zu haben. So sehr ich auch gehofft hatte, war ich doch nicht davon ausgegangen, dass meine Hoffnung auf geht. Hieß das etwa, Benni wollte genau so dringend mit mir in ein Haus, wenn er Manu dafür stehen lässt? Spätestens jetzt war ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht, was so schnell wohl nicht mehr gehen würde. Selbst wenn es bei der ersten Einheit anfangen würde zu hageln. Es wäre mir egal.

-

Im unteren Stock war eine großer Wohnbereich mit Küche und Badezimmer, in der Etage darüber zwei Schlafzimmer und noch ein Bad. Das hieß, wir mussten uns noch einmal aufteilen. Ein Seufzen entfloh mir. In ein Haus hatten wir es schonmal geschafft, aber in ein Zimmer? Schmelle würde mich auf jeden Fall fragen, wenn er die Raumaufteilung sehen würde. Und ich konnte nichts dagegen sagen. Tatsächlich war der Dortmunder der erste, der auch das erste Obergeschoss erklomm. Seine Tasche schon im Schlepptau.

"Und wie sieht's aus? Hat jeder ein eigenes Zimmer?" fragte er, während er die letzte Stufe überwand und damit neben mir stand.

"Nope, haben zwei Doppelzimmer, schön auch mit Ehebett", klärte ich den Blondschopf auf.

"Und welches nehmen wir?"

Wie befürchtet, war das schon festgelegt, dass Marcel und ich uns ein Zimmer teilen. Vielleicht musste ich mich damit zufriedengeben. Zu sehr durfte ich mein Glück auch nicht ausreizen. Dasselbe Haus war besser als nichts. Und in dem Zimmer würden wir ja auch nur schlafen. Und trotzdem wäre es so viel schöner gewesen, mit dem Schalker sich ein Bett zu teilen. Man Mats jetzt sei nicht so verdammt anhänglich, rügte ich mich selber. Das war ja nicht mehr normal, wie wichtig es mir war, möglichst viel Zeit mit Bene zu verbringen.

"Ist das okay für euch?" fragte ich nochmal Bene und Toni, als sie auch endlich im Obergeschoss ankamen. Als ob das Wohnzimmer interessanter wäre als die Zimmer hier oben. Natürlich war es für die beiden in Ordnung und damit mein Schicksal besiegelt. Nagut dann mit Schmelle, war ja jetzt auch kein Weltuntergang. Mats!

unforgettable ~ hömmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt