Kapitel 11

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2009

POV Höwedes:

"Bene, wo willst du denn hin?" wurde ich von einer Stimme hinter mir aufgehalten, als ich in die Richtung der Garagen abbiegen wollte. Etwas genervt drehte ich mich um, denn ich war spät dran. Irgendwie hatte doch alles länger gedauert. Natürlich wollten alle den Sieg feiern. Wir würden bis zur Rückrunde die Macht im Revier sein und das war schon ziemlich wichtig. Aber heute war mir nicht nach ausgelassenen Feiern zumute. Natürlich freute ich mich auch über den Sieg, doch es war mir wichtiger, möglichst schnell zu Mats zu kommen anstatt meine Freude großartig zu zelebrieren. Den Triumph konnte ich auch noch die nächsten Tage genießen.

"Ich komme nicht mit nach Gelsenkirchen, ich bin mit 'nem Freund verabredet", erklärte ich und hoffte inständig, dass es Joel als Erklärung reichte. Ich hatte jetzt wirklich keine Lust, mich lange zu rechtfertigen. Mats und ich hatten eh nur begrenzte Zeit, denn morgen hatten wir beide eine Regenerationseinheit.

"Weiß das Magath?" ließ Joel natürlich nicht locker.

"Ja ist mit ihm abgesprochen und geht auch klar", versuchte ich ruhig zu bleiben, ein Blick auf die Uhr ließ ich mir dennoch nicht nehmen.

"Na dann viel Spaß mit Mats."

Verwundert schaute ich Joel Matip an. Wie kam er jetzt darauf, ich hatte doch gar nicht erwähnt, dass ich mich mit Mats treffen würde.

"Ehm, Danke", bedankte ich mich. Und anstatt meinen Weg endlich fortzusetzen, blieb ich erstmal verwirrt stehen. So war es Joel, der sich zuerst mit einem wissenden Lächeln von mir abwandte, bevor auch ich meinen Weg fortsetzen konnte, um endlich zu den Tiefgaragen zu kommen. Kurz versuchte ich noch eine Erklärung dafür zu finden, woher Joel wusste, dass ich mich mit Mats treffen wollte, doch sobald ich ihn an sein Auto gelehnt erblickte, warf ich die Gedanken über Bort. Beim näherkommen sah ich, dass seine Haare sogar noch nass waren. Mist, er hatte sich wirklich beeilt und ich kam einfach zu spät. Ich beschleunigte nochmal meine Schritte.

"Es tut mir so leid, ich wurde gerade nochmal aufgehalten, sonst wäre ich eher da gewesen."

"Alles gut, so lange bin ich auch noch nicht hier", wiegelte Mats sofort meine Entschuldigung ab. Trotzdem fühlte ich mich schlecht. Bevor ich mich auf den Beifahrersitz setzte, nahm mir der Lockenkopf meine Sporttasche ab und schmiss sie zu seiner in den Kofferraum. Nervosität stieg in mir auf. Ich musste an das Gespräch mit Daniel denken. Mit Lisa hatte ich immer noch nicht geredet. Obwohl sich mittlerweile die Frage stellte, ob es überhaupt noch notwendig war. Zum Geburtstag ihrer Schwester war ich an dem Tag zwar noch gegangen, aber das hatte es dann auch nicht mehr rausgerissen. Ich versuchte, mich selbst etwas runter zu bringen, in dem ich einmal tief durchatmete. Einfach alles auf mich zukommen lassen, so wie Daniel es gesagt hatte, das war doch nicht so schwer. Gekonnt manövrierte Mattsee seinen Wagen aus der schon ziemlich engen Tiefgarage. Vereinzelt liefen noch ein paar Fans am Stadion entlang, schienen uns aber zum Glück nicht großartig zu beachten.

Aufmerksam schaute ich aus dem Fenster und musterte die vorbeifliegende Landschaft. Weit hatten wir es nicht, nach einer knappen viertel Stunde kam Mats Auto vor einem modernen Neubau zum stehen. Tatsächlich war ich bis jetzt noch nicht einmal bei Mats zu Hause gewesen, dementsprechend gespannt war ich, wie er wohnte.

"Ignoriere bitte die Unordnung, habe es nicht mehr geschafft, richtig aufzuräumen", entschuldigte Mats sich schon, bevor er überhaupt die Tür aufschloss und natürlich hatte er maßlos übertrieben. Klar lagen ein paar Sachen rum, aber als unordentlich würde ich es auf keinen Fall betiteln. Die Wohnung war schlicht und ziemlich geradlinig eingerichtet. Ein paar Bilder und Pflanzen hatten sich auch an die ein oder andere Stelle verirrt, aber man konnte sagen, Inneneinrichtung war jetzt nicht unbedingt Mats zweite Leidenschaft.

"Auf was hast du denn Lust zu essen?" fragte Mats, nachdem wir mit der kleinen Roomtour fertig waren.

"Mir egal, was hast du denn da?" Ich wusste, das war keine Antwort, die man hören wollte, aber ich hatte nun wirklich keine Idee.

"Wir könnten Pfannekuchen machen?!" schlug Mats vor. Überrascht blickte ich den Jüngeren an. Mit dem Vorschlag hätte ich jetzt nicht gerechnet. Aber warum nicht, Pfannekuchen hatte ich das letzte Mal bei meiner Mutter zu Hause gegessen. Also fanden wir uns wenig später in Mats geräumiger Küche wieder. Ich übernahm den zuschauenden Part während Mats anfing den Teig zusammen zu mischen... aus dem Kopf heraus.

"Wie war eigentlich das Volleyballspiel? Tut mir nochmal leid, dass ich so kurzfristig noch absagen musste." fing ich ein Gespräch an, während ich mich auf die Arbeitsplatte setzte.

"War richtig gut, wollen wir auf jeden Fall nochmal machen, wenn du willst, kann ich dir da nochmal Bescheid geben", bot mir Mats an. Während er gesprochen hatte, hatte er kurz aufgehört, das Mehl abzuwiegen und stattdessen mich in seinen Fokus genommen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir seine ungeteilte Aufmerksamkeit nicht gefallen würde. Ich nutzte die Zeit, um Mats Gesicht ein weiteres Mal eingehend zu mustern. Die leichten Fältchen, die um seine Mundwinkel entstanden, wenn sie sich hoben und wie seine schoko-braunen Augen, strahlten immer, wenn er über was redete, was ihn mit Freude erfüllte.

"Ja, voll gerne, beim nächsten Mal bin ich auf jeden Fall dabei!" denn so schnell kam jetzt kein Geburtstag mehr, der mir dazwischen funken könnte, fügte ich in Gedanken hinzu.

"Sehr gut, dann gewinnen wir vielleicht auch, wenn du mit in mein Team kommst." Kurz legte Mats eine Hand auf mein Knie, bevor er sich runter beugte, um den Mixer aus einer Schublade zu holen. Am liebsten hätte ich seine Hand festgehalten. Er sollte sie nicht wegnehmen, erst recht nicht so schnell. Gott Daniel ich musste mich eher bremsen als es laufen zu lassen, sonst würde ich gleich an ihm dranhängen wie ein Äffchen, um möglichst viel Körperkontakt zu bekommen. Keine Ahnung, wie ich vor zwei Wochen noch nicht mitbekommen konnte, was mit mir los ist.

"Kann ich mal kurz daran?" holte mich Mats aus meinen Gedanken. Mit einem schiefen Grinsen stand er vor mir und zeigte auf eine Schublade, vor der meine Beine baumelten. Wenn Mats jetzt einen Schritt vorwärts machen würde, stünde er direkt zwischen meinen Beinen und ich könnte meine Arme um ihn legen und ihn dicht an mich ziehen. Nur leider waren das alles nur Wunschvorstellungen. Nichts was ich wirklich machen würde, dafür war ich viel zu unsicher und wusste auch nicht, ob das Mats gut finden würde.

"Na klar." Meine Stimme klang belegt, als ich Mats antwortete. Kann ich mich vielleicht noch auffälliger verhalten? Zumindest ließ Mats sich nichts anmerken, ob er mein komisches Verhalten registriert hat oder nicht.

"Möchtest du einen süßen oder einen herzhaften Pfannkuchen?"

Es war schon ziemlich attraktiv, Mats am Herd zu sehen und bekocht zu werden.

"Einen süßen", wird mir mein Ernährungsplan nicht unbedingt danken, aber ab und zu konnte man sich ja auch mal ungesund ernähren. Und wenn wir uns Pizza bestellt hätten, wäre es wohl deutlich ungesünder geworden.

"Passt zu dir!" stellte Mats grinsen fest, während er auf meinen Pfannkuchen Nutella schmierte, bevor er ihn mir gab. Was das gerade ein flirt oder irrte ich mich? Auf jeden Fall spürte ich, dass meine Wangen sich erhitzen und ich wahrscheinlich gerade rot anlief. Na toll auch das noch. Schnell senkte ich meinen Blick und fing an etwas zu konzentriert an zu essen. Etwas umständlich auf dem Schoß aber ich wollte nicht von Mats abrücken und stattdessen an der Theke essen. Ganz im Gegenteil, ich war mit der Zeit ja sogar immer ein Stück näher an ihn ran gerutscht in der Hoffnung, dass er mich ab und an aus Versehen berühren könnte.


unforgettable ~ hömmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt