Kapitel 14

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2009

POV Mats:

Die Tage nach der gemeinsamen Nacht mit Bene waren einerseits total schön, aber auch verwirrend. Im Team merkte man auch, dass etwas anders war, denn ich lief irgendwie verpeilt und mit viel zu guter Laune durch die Gegend und nervte den ein oder anderen etwas damit. Aber ich war nunmal glücklich. Ich hatte endlich Benni geküsst und dazu einen wunderschönen Morgen haben dürfen. An dem Tag hatte ich die gesamte Zeit zu Hause in meinem Bett verbracht, weil ich mir dort einreden konnte, dass der ältere noch bei mir wäre. Die Sache, die mich dann aber wieder verunsicherte, war, dass Bene die Tage danach fast noch schlechter zu erreichen war als eh schon. Eine Antwort gab es höchsten abends und dann noch kürzer angebunden als er eh schon von Natur aus. Das ließ in mir die Angst hochkommen, dass er das ganze vielleicht bereuen könnte. Und das machte mir unglaublich Angst. Ich wüsste nicht, wie ich damit umgehen sollte, wenn das nur eine einmalige Sache bleiben sollte. Der Gedanke daran schmerzte ja schon. Aber ich wollte Bene auch auf gar keinen Fall unter Druck setzen, vielleicht hatte er auch im Moment einfach viel um die Ohren. Also übte ich mich in Geduld, hielt an dem Fest was wir hatten und versuchte einfach so weiterzumachen wie bisher. Einige wichtige Spiele standen bevor, sowohl in der Bundesliga als auch beim DFB Pokal. Darauf versuchte ich mich auch zu fokussieren. Auch wenn ich abends, zum einschlafen, die Spiele von Benni guckte, um ein bisschen von ihm mitzubekommen. Es war schön zu sehen, wie gut es bei ihm und Schalke lief. Etwas, was ich niemals in der Öffentlichkeit aussprechen durfte, sonst könnte ich mir sofort einen neuen Verein suchen. Ziemlich genau zwei Wochen hielt ich das aus, bevor ich Bene eine Nachricht schrieb, wann wir uns wiedersehen würden. Ich musste ihn einfach wiedersehen und für mich Gewissheit schaffen, was das jetzt zwischen uns ist.

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Nervös stand ich vor Benes Haustür und versuchte, mich endlich dazu zu überwinden anklingeln. Ich war mindestens genauso aufgeregt wie bei unserem ersten Treffen im Café. Würden wir uns zur Begrüßung küssen? Oder einfach wie sonst auch uns umarmen? Würde er mir gleich sagen, dass das, was passiert war, ein großer Fehler gewesen war? Es war alles so unvorsehbar, es konnte alles passieren und das machte mir etwas Angst. Meine Hand zitterte, als ich endlich die Klingel betätigte. Innerlich zählte ich die Sekunden bis das Summen ertönte, welches die Tür entriegelte. Schnell drückte ich die Tür auf und stand in einem Flur, welcher typisch für die 60iger Jahre war. Schwarzes Geländer mit grau-weiß gefleckten Steinstufen, auf denen ein anti-rutsche Streifen geklebt war. Bene wohnte ganz oben, unterm Dach, das hieß vier Etagen hoch stiefeln. Mit jeder Etage schlug mein Herz etwas schneller und das lag nicht an der Anstrengung. Oben erwartete mich Benni schon lässig am Türrahmen gelehnt.

"Hey!", ich entschloss mich dazu, den sicheren Weg zu wählen und zog den kleineren in eine Umarmung. Vielleicht würde ich ja nachher noch die Möglichkeit bekommen, mir ein paar Küsse zu stehlen.

"Ich bin froh, dass es geklappt hat!" murmelte Bene, während er sich vorsichtig wieder von mir löste. Irgendwie hörte sich das nicht so gut an. Es hörte sich nach: Gut, dass du hier bist, ich wollte dir eh sagen, dass es alles ein riesen Missverständnis war und ich mit Lisa glücklich zusammen bin... an.

"Mich auch", quetschte ich deswegen nur wenig begeistert heraus. Benes Wohnung war gemütlich und deutlich wohnlicher eingerichtet als meine. Viele Holzmöbel und warme Farben an den Wänden. Überall in der Wohnung waren kleine Referenzen an Schalke aufgehangen. Ob es ein eingerahmtes Trikot oder ein Gruppenbild in der Veltins Arena war. Bene lebte wirklich für diesen Verein. In der Küche standen schon zwei Teller mit Kuchen bereit, womit ich gar nicht gerechnet hatte.

"Ich habe extra aus unserem Café deinen Lieblingskuchen geholt und eine Nussecke", erklärte Bene stolz und zeigte auf einen der beiden Teller. Oh Gott, war das süß und unglaublich aufmerksam von ihm. Er hatte sich einfach gemerkt, was ich mir jedes mal bestellte. Und das war der Moment, an dem ich nicht mehr widerstehen konnte und den Kleineren an mich ziehen musste, um ihn zu küssen. Zum Glück erwiderte er diesen sofort und schien sich davon nicht unangenehm bedrängt zu fühlen.

"Dankeschön", flüsterte ich gegen Bennis Lippen, bevor ich ihn in einen weiteren verwickelte. Die Geste gab mir so viel Sicherheit, dass ich mich endlich entspannen konnte. Wenn er sich so verhielt, konnte er das mit mir ja nicht so sehr bereuen. Genüsslich schaufelte ich mir den Käsekuchen rein, während ich Bene lauschte, der von seinen letzten Tagen erzählte, die tatsächlich sehr voll gewesen waren. Also hatte ich mir wirklich ganz umsonst so viele Sorgen gemacht. Nur leider sah es in der nächsten Zeit ähnlich aus, aber immerhin war in vier Wochen wieder eine Länderspielpause, das bedeutete ein paar Tage ganz viel Zeit mit dem Schalker ohne, dass es irgendjemanden besonders auffiel und ohne irgendeinen Fahrweg. Da machte dann auch das Training noch etwas mehr Spaß als sonst. Am liebsten würde ich jetzt sofort nochmal eine EM spielen.

"Hrubesch hat mich gestern angerufen und wollte ein Treffen mit mir vor der nächsten Länderspielpause. Meinst du, das ist ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?" Unsicher sah der Kleinere mich an. Ich konnte kaum ertragen, dass er sich scheinbar Sorgen machte, nicht nominiert zu werden oder ähnliches. Aber eigentlich machte das keinen Sinn, wenn der Trainer ihn nicht dabei haben will, dann würde er ihm das auch am Telefon sagen. Also musste es etwas anderes sein und das einzig logische was mir einfiel bedeutete eindeutig was gutes.

"Und was ist, wenn er dich zu unserem neuen Kapitän machen will, immerhin ist unser Alter doch jetzt zu alt für die U21 geworden", sprach ich meine Vermutung aus. Ich könnte die Entscheidung auf jeden Fall nachvollziehen. Bene ging immer mit gutem Beispiel voran, war Stammspieler und lang genug dabei. Von mir hatte er natürlich die volle Unterstützung.

"Meinst du echt?", Bennis Reaktion ließ mich vermuten, dass er tatsächlich noch gar nicht daran gedacht hatte. Dieser Tiefstapler, wenn er wüsste, wie sehr er am Anfang mein Vorbild gewesen war.

"Wüsste nicht, was er sonst von dir wollen könnte. Also ich hätte dich auf jeden Fall gerne als Kapitän!"

"Du bist parteiisch", wiegelte Bene sofort mit zusammen gezogenen Augenbrauen ab. Sofort kräuselte sich seine Stirn und es bildeten sich feine Fältchen oberhalb und zwischen seinen Augenbrauen auf sein jungenhaftes Gesicht. Gott, ich konnte ihm nicht eine Sekunde widerstehen, wenn er mich so ansah.

unforgettable ~ hömmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt