Kapitel 8

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 Sommerpause 2009

POV Mats: Seit der Rückfahrt von der EM hatte ich nichts mehr von Bene gehört. Aber ich hatte mich auch nicht getraut, ihm zu schreiben. Meine Aktion nach unserem Sieg war aber auch nicht mein hellster Moment gewesen. Mittlerweile bereue ich zutiefst, was ich da gemacht habe. Aber irgendwie hatten meine Gefühle meinen Verstand ausgeschaltet. In dem Moment wollte ich ihm unbedingt sagen und zeigen, wie stolz ich auf ihn war und wie wichtig er mir ist. Aber gelöst hatte ich es auf die schlechteste Art und Weise, die es wohl gab. Immer wieder spielte sich die Szene vor meinem inneren Auge ab und was ich alles hätte anders machen können. Natürlich brachte das nichts und machte mir nur Kopfschmerzen. Es ist jetzt passiert und jetzt konnte ich nur versuchen, unsere Freundschaft zu retten. Ich starrte auf das Online-Zeichen, welches unter dem Profilbild von Bene leuchtete. Sollte ich ihm schreiben? Vielleicht war er ja froh, erstmal nichts von mir zu hören. Aber selbst wenn nicht, wusste ich nicht, was ich schreiben sollte. Nachdenklich kaute ich mir auf meiner Unterlippe rum. Immer wieder tippten meine Finger etwas in die Nachrichten-Zeile, um es wenig später zu löschen.

"Alter Mats, jetzt leg doch jetzt mal dein Handy weg!" beschwerte sich Jonas neben mir.

Schuldbewusst hob ich meinen Blick. Er hatte ja absolut recht. Also legte ich das Handy unverrichtete Dinge auf die Seite. Ich sollte die zwei Wochen Urlaub genießen, bevor es wieder ins Trainingslager geht. Dafür war die Spielpause durch die EM zu kurz.

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Danach herrschten zwei weitere Wochen Funkstille. Das einzige, was sich änderte, war das Profilbild von Bene. Es zeigte nun Lisa und Bene, glücklich strahlend vor einem Sonnenuntergang. Nichts, was ich mir unnötig lang angucken wollte. Dieses Lächeln von den Beiden schien mich zu verhöhnen. Natürlich wollte ich es nicht zugeben, aber es war für mich nur schwer zu ertragen, die beiden so glücklich nebeneinander zu sehen. Dabei gönnte ich Bene nur das Beste und Lisa schien das Beste zu sein. Vielleicht fehlte mir auch einfach eine Freundin, dachte ich. Eine Person, die mir immer und bedingungslos Rückhalt gab. Aber wenn ich genauer darüber nachdachte, hatte ich schon Personen in meinem Leben, die genau das waren. Aber vielleicht wollte ich diesen Rückhalt von einer Person, die mir diesen Rückhalt im Moment eben nicht gab. Verzweifelt rieb ich mir über die Stirn, dieses Gedankenkarussell musste aufhören! Und das war auch der Moment, in dem ich beschloss, jetzt einfach Bene zu schreiben, egal wie komisch die Nachricht formuliert sein würde und wie sie bei ihm ankam.

>>Hey, wie war deine Sommerpause?<< tippte ich in mein Handy ein und ohne nochmal drüber zu lesen drückte ich auf absenden und damit aus meiner Reichweite. Viel schneller als erwartet zeigte mir mein Handy eine Antwort an. Sofort erhöhte sich mein Puls um das doppelte und mit fahrigen Bewegungen entsperrte ich mein Handy, um zu sehen, was Bene mir geschrieben hatte. Und das, was er schrieb, ließ mich erst kurz erstarren und dann hatte ich Angst, dass ich gleich einen Herzinfarkt erleiden könnte. Ungläubig starrte ich auf den Text der da schwarz, weiß auf meinem Bildschirm stand unsicher ob ich ihn mir vielleicht nur einbildete.

>>Hast du Lust, dich die Tage zu treffen? Dann kann ich dir da alles erzählen<<

Auch nachdem ich mein Handy nochmal aus und wieder angeschaltet hatte, stand es da immer noch, also konnte der Vorschlag keine Einbildung sein. Ein breites Lächeln stahl sich auf meine Lippen und blieb dort auch den restlichen Tag.

>>Genre, wie sieht es mit Freitag aus?<<

Freitag:

Nervös stand ich an meinem Auto und hielt Ausschau nach Benes Auto. Ich war viel zu früh dran, hatte es zu Hause nicht mehr ausgehalten und hatte gehofft, dass vor Ort die Zeit vielleicht etwas schneller rum geht, aber das war natürlich ein Trugschluss. Die Minuten verstrichen in Zeitlupe. Ich konnte gar nicht mehr zählen, wie oft ich schon auf die Uhr geguckt hatte. 15:56 zeigte mein Handy an. Okay, nicht mal mehr fünf Minuten, schoss es mir durch den Kopf. Das war machbar. Und tatsächlich kam im nächsten Moment ein blauer Ford Fiesta um die Ecke gebogen mit Gelsenkirchener Nummernschild.

Mit seinem typischen Bene-Lächeln stieg er aus seinem Kleinwagen aus und überbrückte die wenigen Meter zu mir. Wie konnte man mit seinem Lächeln einen so für sich einnehmen? WIe machte er das? Alles an ihm wirkte offen und herzlich, sodass man ihn einfach mögen musste.

"Hey, lang nicht mehr gesehen", begrüßte mich Bene während wir uns umarmten. Ich war unendlich froh, den kleineren wieder zu sehen und bei mir zu haben. Wir hatten zwar öfter Phasen gehabt, wo man sich nicht so oft gesehen hatte, aber nie war es mir so schwer gefallen wie dieses Mal. Schweren Herzens entließ ich Benni aus der Umarmung und lief ihm hinterher ins Café, welches wir uns ausgesucht hatten. Ein kleiner süßer Geheimtipp von Bene. Keine Ahnung wo er solche Geheimtipps in Herne raus gräbt aber so waren wir wenigstens ziemlich ungestört. Seit der EM war es schon öfter passiert, dass ich erkannt wurde. Ein tolles und sogleich komisches Gefühl. Aber irgendwie zeigte es mir auch nochmal, wie nah ich an dem dran war, worauf ich so lange hingearbeitet hatte. Endlich mich bei den Großen zu etablieren, da wo meine Vorbilder spielen. Ein Tisch ziemlich weit hinten durch, in einer kleinen Nische suchte Bene sich aus. Von hier aus hatte man einen guten Blick auf einen kleinen Park, wo einige mit ihren Hunden spazieren gingen.

"Freut mich voll, dass wir es auch mal schaffen, uns außerhalb vom Fußball zu sehen."

War er das? Ich hatte eher damit gerechnet, dass er nach meiner Aktion im Finale am liebsten einen neuen Zimmerpartner gehabt hätte.

"Mich auch, besonders jetzt wo das Trainingslager anfängt.", stimmte ich zu und merkte, wie ich langsam ruhiger wurde.

unforgettable ~ hömmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt