"Nun, geliebter Bruder? Sicherlich sagt man dies, wenn man gedanklich unvorbereitet wirkt und im Grunde Jemand anderen erhoffte zu treffen.", gestand Georgiana offen ein. Hierbei zog die junge Frau entschuldigend die Mundwinkel zu einem erzwungenen Lächeln unnatürlich herauf.
"Was meinst Du damit?" Fitzwilliam Darcy war nicht gewohnt, derlei keck vorgetragene Worte von seiner Schwester zu erhalten.
Es irritiert ihn überaus, denn nunmehr war er selbst derjenige, welcher überrascht war. Dies war für ihn verwunderlich- wollte er selbst doch durch sein unangekündigtes Erscheinen als spontaner Besucher für Überraschung sorgen.
Georgiana schien sich wohl in diesem Moment sofort bewusst, welch Ungehörigkeit ihre scharfen Worte gegen den Bruder darstellten.
Wenn eine gute Wortwahl mit Musik zu vergleichen wäre, so würden die soeben von Georgiana gesagten Worte ein Durcheinander schlecht gestimmter Instrumente darstellen, deren Konzert Jederman verschrecken würde.
Do so verschwammen nun erste Absicht und Realität, da Georgiana ehrliche Freude zeigte, dennoch unstet und abgelenkt wirkte.
"Fühlst Du Dich nicht?", fragte Darcy seine Schwester besorgt. "Was bewegt Dich so sehr, dass Du Dich so beunruhigt zeigst?"
"Es ist nichts!"
Georgiana tat die Sorge des Bruders als unbegründet ab.
Doch merklich kämpften in Georgiana die Gefühle gegeneinander.
Fitzwilliam Darcy suchte durch Beobachtung seiner Schwester auf deren Empfindungen zu schließen. So waren es nach Fitzwilliams Auffassung sicherlich jugendliche Entscheidungen einer werdenden Frau, die wohl im Widerstreit zueinanderstanden und eigene Entscheidungen von Georgiana abverlangten. Entscheidungen, welche sie vielleicht- und nicht leichtfertig- zu treffen bereit war. Jedoch erwog sie wohl noch den letzten Schritt dazu- so wirkte es zumindest auf Fitzwilliam Darcy. Irgendetwas war Georgiana merklich eine Last, welche gleich einer persönlichen Bürde oder Verpflichtung auf ihr lastete.
„Ich erkenne, wenn es Dir nicht gut geht, teure Schwester.", sprach Fitzwilliam Darcy voll Verständnis- jedoch nicht wissend, welchen Umfang und welche Tragweite Georgianas Entscheidung hatte.
Fitzwilliam ging für sich davon aus, dass seine Schwester Georgiana sich nicht mit allzu großen Entscheidungen des Lebens in ihrem Alter beschäftigte.
Doch dieses Mal irrte Darcy.
Als Bruder schätzte er Georgianas ungezwungenen und ehrlichen Blick, den seine Schwester für ihre Umwelt hatte. Sie war behütet und versorgt, durch stetige Betreuung waren ihr Aufgaben geboten. Zudem hatte sie den Vorzug von bester Bildung.
Und auch aus der Rolle des Vormunds gab es keine Kritik zu üben.
Uns so war es wohl nun schwesterliches Vertrauen, welches Georgiana nun zu bewegen schien, sich ihrem Bruder mitzuteilen.
„Ach Bruder, Du wirst mich gewiss für einfältig und töricht halten, würde ich Dir sagen, wofür ich eine Entscheidung traf. Ich möchte es Dir nun dennoch sagen, obschon ich sicher bin, Du wirst es mir vorhalten."
Georgiana blickte ihren Bruder tief in die Augen- kurz darauf entfloh ihr Bick auf etwas hinter ihm. Georgiana blickte kurz zurück nach der Gouvernante und Lehrerin, Mrs. Young.
Darcy hätte nie gedacht, über welch Intrigenspiel er nun von seiner Schwester informiert werden würde.
Georgiana war von innerem Zweifel- dies war ihren Worten zu entnehmen und auch ihre Gesten bezeugten dies.
Nun erklärte sie sich dem Bruder- auch im Vertrauen auf dessen Nachsicht, Verschwiegenheit und Kompetenz, denn wie es schien, erwartete Georgiana zu dieser Stunde den Besuch oder ein Treffen mit einem glühend auftretenden Verehrer. Und dies eben jetzt und hier- am Aussichtspunkt der Klippen nördlich von Ramsgate. Der Gentlemen umwerbe sie schon längere Zeit- doch wollte der Gentlemen nun alles tun, die Verbindung zu ihr auf Dauer zu gründen und dies durch Heirat zu entscheiden- auch ohne den Willen oder das Wissen ihrer Familie. So habe Georgiana dem Mann bereits zugesagt, mit ihm gemeinsam alsbald entfliehen zu wollen in Richtung Schottland. In Schottland wolle man sich nach Gretna Green begeben, wo Liebende aus freier Entscheidung heraus eine heimliche Heirat eingehen dürfen. Und sollte nicht die Erreichung eines Bundes aus tief empfundener Liebe auch das Erstrebenswerte sein? So wurde es ihr doch immer vorgetragen?
DU LIEST GERADE
Darcy
Historical FictionNachdem sein Vater, Sir Fitzgerald Darcy, Viscount von Pemberley in Derbyshire, als letztes verbleibendes Elternteil verstarb, ist es nun an seinem Sohn Sir Fitzwilliam Darcy, für den Fortbestand der Familie zu sorgen. Zudem hat der junge Sir Darcy...