XXI

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Welch turbulente Zeit diesem erzwungenen Rückzug nach Pemberley voranging.

Und wie so oft, ist es der familiäre Halt, der Georgiana eine Stütze geben konnte und die Darcy's stärker zusammenhalten ließ.

Doch manchmal bedarf es eines Freundes oder eines Vertrauten, um wichtige Dinge zu bereden.

Nach mehreren Briefen mit Hugh Fitzwilliam war Darcy froh, einen gemeinsamen Termin gefunden zu haben, um das weitere Handeln in Bezug auf die gemeinsame Vormundschaft über Georgiana mit seinem Verwandten abstimmen zu können. Nach der Beförderung zum Colonel musste sich Hugh Fitzwilliam mehreren neuen Erwartungen beugen. Für einen kurzen Moment hatte man im Ministerium den armen Colonel Fitzwilliam sogar auf einer Liste für das Replacement britischer Truppenkontingente in Portugal geführt- ein Irrtum, wie sich glücklicherweise letzthin herausstellte. So bedurfte auch Hugh Fitzwilliam einer Erholung von diesem Schreck und war für die Einladung nach Pemberley mehr als dankbar.

Und die erfrischende Ungezwungenheit seines Cousin war auch für die Darcy's angenehm.

Augenscheinlich verhielt sich Colonel Fitzwilliam im Privaten vollkommen anders, als in seinem militärischen Leben, wo von Befehl, unbedingten Gehorsam und Drill die Tagesabläufe gestaltet waren.

So genoss Hugh Fitzwilliam wie auch Darcy selbst lange Zeiten außerhalb des Hauses. Mal spazierten die Herren, mal saßen sie an der Weide im hinteren Bereich des großen Bassins, ein anderes Mal gingen sie angeln.

Allein schon, sich einen Tag oder Tagesablauf frei und selbst gestalten zu dürfen- dies bedeutete für den Offizier bereits Freiheit ohne Schranken oder Erwartungen.

Hier, auf Pemberkey, war er nicht etwa der frisch ernannte Colonel Fitzwilliam, der Rollenerwartungen zu entsprechen hatte. Hier auf Pemberley war er ein Privatmann, Freund und Familienmitglied, dem nur wenige Verpflichtungen erträglichen Maßes angetragen wurden, die sich auf die festen Termine der Mahlzeiten oder wenige Zeiten im Salon oder in der Kirche beschränkten.

Allerdings nur soweit man dies so wollte. Darüber hinaus gab es verschiedenste Nuancen, Verpflichtungen anzunehmen. Und dazu war "Mister Fitzwilliam" auf dem Gut Pemberley nicht bereits.

"Ich kann es immer noch nicht fassen, dass Wickham sich so weit auf das Feld der Unehre vorgewagt hat. Was er sich davon erhoffte, liegt in Anbetracht seiner bekannten Spielschulden und Verpflichtungen auf der Hand.", wetterte Hugh Fitzwilliam über den verstoßenen Galan. "Unglaublich, dass unsere arme Georgiana zum Ziel seiner unlauternen Absichten und seines schändlichen Handeln wurde. Sie ist doch sonst immer so bedacht und besonnen?"

Darcy drehte einen Schilfhalm in der rechten Hand und betrachtete die Vollkommenheit der Schöpfung der Natur, welche diesem Schilf inne zu wohnen schien.

"Für mich bedeutet dies in erster Linie, dass wir für unsere Unaufmerksamkeit über das Umfeld von Georgiana in Ramsgate hart abgestraft wurden. Damit meine ich Dich Cousin, aber auch mich. Ich war mit der Empfehlung von Countess Catherine irgendwie von Anfang an etwas unzufrieden. Doch möchte ich mich nicht aus meiner eigenen Verantwortung stehlen."

"Nun, wem sagst Du das. Ich muss mich Lady Catherine noch weit mehr unterwerfen, da sie sich für meine Beförderung materiell als auch durch verschiedene Schreiben zu meiner Stellung verwendete. Doch sei es, wie es sei- für Georgiana müssen wir eine andere Gouvernante finden. Mit deinem Einverständnis würde ich mich in London umhören wollen.", bot Hugh an.

Darcy nickte zustimmend.

"Doch bitte- zögere eine Verpflichtung noch hinaus. Um Georgianas Willen.", erbat Mister Darcy.

Die Männer schienen sich hierüber einig zu sein.

Und nachdem dies beschlossen schien, konnte man sich wieder dem Müßiggang und der Natur hingeben. Über die Absprachen waren beide Männer zufrieden.

Darcy ließ sich sogar dazu hinreißen, entgegen seiner Gewohnheit offen zu danken.

"Sehr gut, alter Freund. Ich wünschte, ich würde mehr von Deiner Sorte kennen."

Hugh Fitzwilliam fühlte sich geschmeichelt.

Mehr noch. Er hatte einen ungewöhnlichen Vorschlag für Mister Darcy.

"Cousin, ich weiß, Du hast zu Weilen den Wunsch nach Ruhe und Zurückgezogenheit, um den aufdringlichen Gesellschaften Londons entfliehen zu können. Daher muss ich dir alsbald Jemanden vorstellen, der ähnliche Wünsche hat. Ein junger Adliger, der kürzlich durch schmerzlichen Verlust seines Vaters zu Titel und Vermögen kam. Ein Gentlemen! Und dieses mal niemanden, der dieser Bezeichnung nicht würdig wäre, denn seine Manieren sind indessen tadellos. Und dies nach meinen bescheidenen Maßstäben. Ich lernte ihn als jungen Offizier kennen, doch zog er sich aus dem Dienst nach der Erbschaft zurück und nahm seinen Abschied. Doch ehrlich- obschon gut erzogen, im Leben als junger Lord benötigt er ... ein wenig Beistand."

"Kennen wir seine Familie?"

Mister Fitzwilliam legte eine Mimik an den Tag, die ihn offenkundig zweifeln ließ. "Eher nicht. Selbst seinen Vater hat man selten in der Gesellschaft gesehen in den letzten Jahren. Ein Londoner ist er. Und mit zwei Schwestern gesegnet, wobei die eine bereits verheiratet ist. Doch wo dieser Gentlemen etwas Beistand benötigt ist das Leben an sich. Er trägt sich in der Absicht, einen Landsitz erwerben zu wollen. Doch scheut er sich, eine Entscheidung in der Sache herbei zu führen. Es sollte London schnell erreichbar bleiben. Kent könnte sich anbieten, aber auch Hertfordshire käme für ihn in Frage."

"Und ich soll hierbei was tun?", hinterfragte Darcy.

"Ihn vor Unbedachtheit schützen. Und in gewisser Hinsicht auch vor der Einflussnahme durch seine Schwestern, wenn ich so vermessen urteilen darf."

"Nun gut. Ich gestatte Dir, uns alsbald bekannt zu machen." Die Entscheidung war gefallen.

Hugh Fitzwilliam schien zufrieden- einmal mehr an diesem Tag.

"Also alsbald? Vorzugsweise in London. Er wird dir seine Aufwartung machen."




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