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Zeit verstreicht schnell.

Und als der Moment auch für Georgiana Darcy mit dem sechszehnten Geburtstag gekommen schien, vergangene Begebenheiten vergessen zu wollen, so ließ Fitzwilliam Darcy das Londoner Stadthaus für eine Rückkehr vorbereiten.

Darcy selbst konnte sich gegenüber den anderen Lords nicht länger verleugnen lassen. Und London auszuweichen, dies war für Jemanden seines Standes kaum möglich.

Georgiana schien auch erfreut.

London bot Kurzweil. Kaum an einen anderem Ort wurden so viele Anlässe geboten- kulturell und auch gesellschaftlich. Und so ihr Bruder ein Nachsehen mit ihr haben würde, so konnte man einige dieser Vergnügungen gemeinsam erleben. Theater, Oper, Seancen, Einladungen- man würde sich die Zeit vertreiben können.

Und Geschwister geben einander Rückhalt- auch bei Auftritten in der Öffentlichkeit. Georgiana konnte sich in der Gesellschaft bewegen, wenn Fitzwilliam zugegen war. Und Sie würde seine Begleitung darstellen, was dem Bruder unerwünschte Damenbekanntschaften ersparen konnte. Dies ersparte dem Vertreter der Nobility zuweilen Unannehmlichkeit, zumal Sich Mister Darcy auch mehr dem Wohl der Schwester widmen wollte, als seiner eigenen Zukunftsplanung.

Seit seinen vorsichtigen Bemühungen um Miss Sophie Lennart- und den für Mister Darcy selbst wegbestimmenden Entscheidungen hierzu durch Lady Catherine de Bourgh, war Fitzwilliam Darcy verändert. Obschon im Hinblick auf ein Wiedersehen mit Miss Sophie nicht die Zeit zurück zu drehen war, so wollte Darcy bei einem Wiedersehen von großer Standhaftigkeit auftreten.

Und auf die Schönheit der ehemaligen Miss Olivia Janewallis würde man, so man allgemeinem Klatsch Glauben schenkt, auch nicht begegnen. Sie soll ihrem Gemahl nach Übersee gefolgt sein- auf dessen Wunsch wurde offen erklärt. Doch nahe liegt auch, dass die Dame den Verlockungen der großen Stadt London durch den Gemahl entzogen wurde.

Nun ja- London war für Überraschungen gut.

So stellte sich- bereits gut eine Woche nach Ankunft der Darcy's in London- ein junger Herr von zweiundzwanzig Jahren vor, dem offenbar eine Empfehlung von Colonel Fitzwilliam vorangegangen war.

Der Gentlemen wirkte sehr ehrlich, für London ungewöhnlich offen und unbeschwert.

"Bingley mein Name. Charles Bingley."

"Nun Mister Bingley. Ich hörte, ich kann ihnen bei gewissen Entscheidungen behilflich sein?"

Bingley schien von tapferen, jedoch lenkbarem Gemüt, wie ein erstes Gespräch zu dieser Aufwartung zeigte.

"Nun, Mister Darcy. Es liegt mir fern, ihre wertvolle Zeit rauben zu wollen. Doch hatte ich die Hoffnung, sie könnten mir tatsächlich helfen. Sofern es Ihnen nicht angetragen wurde- ich bin nach einem Erbe zu Vermögen gekommen. Und- so sie es nicht verachtenswert finden- ich möchte Sie bitten, mich bei der Suche nach einem Landsitz oder einem angenehmen Gutshaus außerhalb Londons zu unterstützen. Ich könnte mir eine dauerhafte Nutzung zur Miete vorstellen- vielleicht auch einen Kauf."

Darcy war irritiert. Aus welchem Grunde sollte er diesem Mann Verachtung entgegenbringen, so doch seine Hilfe erbeten wird?

Offenbar war Mister Bingley aufmerksam genug, um Darcys Verwirrung zu spüren. Er begegnete mit vollkommener Offenheit. "Sie müssen wissen, dass ich einer achtbaren nordenglischen Familie entstamme."

Erneut schien Darcy über Gesagtes von seinem Cousin Hugh Fitzwilliam nachzudenken.

"Dann sind sie nicht aus London?"

"Nein, wenngleich sich mein Vater und auch meine Familie hier sehr wohl fühlten. Wir stammen aus Blackpool, wo wir ein gutes Handelshaus besitzen. Es zeigte sich, dass meine Vorfahren dort gute Entscheidungen getroffen haben, welche es den Meinen erlaubt ein angenehmes Leben zu haben."

Darcy wusste nun, dass sein Cousin Colonel Fitzwilliam mithin in vielen Dingen ein wenig unehrlich gewesen ist, als er auf Pemberley die Sache ansprach. Mister Bingley entstammte also keiner adligen Familie, blieb hier zu unterstellen. Doch in jedem Fall wusste er sich gut zu benehmen.

Fitzwilliam Darcy war kein Mensch, der- wie andere Adlige- auf Leute aus dem Kreise der Gentry herab sah. Im Gegenteil- angenehme Personen von Bingleys Wesen waren eine große Bereicherung.

"Und haben sie sich schon mit Angeboten befasst?", hinterfragte Darcy- auch um von weiteren Rückfragen zu Standesdünkeln wegzuleiten.

"Oh? Ach ja. Dies habe ich. Allerdings. Und mir wurden vier Objekte vorgeschlagen, welche in Frage kommen würden. Davon liegen zwei in Kent. Zwei weitere Gutshäuser finden sich in Hertfordshire."

"Nun, ich begleite sie gern, wenn sie Besuche an den Orten vornehmen möchten. Ich hoffe, ich kann Ihnen beratend zur Seite stehen."

"Ich weiß ihre Freundlichkeit überaus zu schätzen. Ich würde gern mit einem Objekt in Hertfordshire beginnen wollen- nahe Longbourne, um genau zu sein. Es ist wohl vielleicht sogar zu groß, aber ich muss beachten, dass meine Schwestern und auch mein Schwager zumeist meine Begleiter sein werden und ich zudem auch noch weiteren Platz vorzuhalten habe."

"Nun gut. Bitte sagen Sie mir Bescheid, wenn sie meine Dienste benötigen." Doch Darcy wollte den empfohlenen freundlichen Gast nicht einfach so vergrämen. "Vielleicht kann ich Ihnen eine kleine Erfrischung anbieten? Oder sie bleiben noch zum Tee. Dies wäre zudem eine gute Gelegenheit, Ihnen meine Schwester vorstellen zu dürfen."

So nahm Mister Bingley dankbar an.


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