Kapitel 7. Was in Hamburg passiert...

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"Wir haben eines Abends Wahrheit oder Pflicht gespielt. Ich war mit meiner besten Freundin im Zimmer der Jungs, weil ihr Freund dort war. Ich hatte eigentlich gar keine Lust auf das Spiel. Vor allem, weil meine Freundin auch nicht mitgespielt hat. Sie hat mit ihrem Freund auf dem Bett gesessen und rumgemacht. Aber die anderen Jungs meinten, es wäre witziger wenn wenigstens ein Mädchen mitspielen würde. Und schon habe ich mich von ihnen überreden lassen."

Ein Brummen kam aus der Richtung von Dr. Antony. Ihre Augen waren nach wie vor geschlossen. Es war eins seiner Brummen, das Amelie immer zu verstehen gab, dass er ihr folgen konnte und verstand, was sie sagte. Eins das ihr signalisierte, dass sie weiter erzählen sollte. Mmh...

"Also lies ich mich darauf ein. Es war zunächst auch ganz lustig. Es ging darum, was für Lehrer man nicht mochte oder jemand sollte als Pflicht-Aufgabe die Cola austrinken, die seit Tagen neben dem Bett von Nico stand. Aber irgendwann war ich wieder dran. Und weil ich 3-mal vorher schon Wahrheit genommen hatte, wusste ich, dass ich dieses Mal Pflicht nehmen musste. Also habe ich das auch gemacht. Und die Jungs haben sich beraten, was meine Aufgabe werden würde. Schließlich sagte Karim, ich soll mich komplett ausziehen."

Dr. Antony unterbrach sie und fragte "Und das hast du gemacht?" Aber Amelie sagte "Ich hab mich natürlich erst geweigert und gesagt, dass ich das nicht machen möchte. Aber Nico sagte, dass sie auch ihre Pflicht-Aufgaben erfüllt hätten und dass es keinen Spaß macht, wenn nicht alle das tun, was sie müssen. Und ich habe sofort, als ich gemerkt habe, dass die anderen darauf bestehen, nachgegeben. Ich bin beim kleinsten Gegenwind eingeknickt und habe getan, was sie gesagt haben. Auch wenn ich das eigentlich nicht wollte."

Dr. Antony sagte nichts dazu, also fuhr Amelie fort "Ich bin also aufgestanden und habe mich erst obenrum und dann untenrum komplett ausgezogen, bis ich komplett nackt war. Dann sollte ich mich einmal drehen und durfte dann den Rest des Abends meine Kleidung nicht mehr anziehen."

"Mmh..." hörte Amelie ihn wieder brummen. "Und du hast das alles einfach gemacht?" - "Ja, wie gesagt, sobald jemand auf etwas besteht, knicke ich ein, egal wie gefestigt ich vorher in meiner Meinung war." - "Und hast du irgendwem davon erzählt?" - "Nein, ich habe mich geschämt. Außerdem hat Nico am Ende des Abends, als wir gerade gehen wollten noch zu mir gemeint 'Was in Hamburg passiert, bleibt in Hamburg' und hat mir dann einen Klaps auf den Po gegeben."

Es war kurz Stille, dann nahm Dr. Antony wieder sein Klemmbrett und machte wieder ein paar Notizen. Als er fertig war sagte er "Okay, verstehe was du meinst. Das ist allerdings kein gesunde Eigenschaft. Ich verstehe auch, dass dich das sehr belastet. Aber die gute Nachricht ist, dass wir daran arbeiten können. Ich verstehe jetzt, wo das Problem liegt und ich weiß genau, wie wir dir helfen können." Amelie öffnete die Augen und war erleichtert. Seine Worte machten ihr Mut. Sie hatte anscheinend das Richtige getan. Es war eine gute Entscheidung gewesen, einen Psychologen aufzusuchen. Und es war eine gute Entscheidung gewesen, ihm von dem Vorfall zu erzählen. Amelie fiel ein Stein vom Herzen.

Amelie richtete ihren Oberkörper leicht auf, um einen Schluck zu trinken und sah zu Dr. Antony hinüber. "Dann fangen wir doch direkt mal an" sagte er und legte sein Klemmbrett beiseite.

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