5. Kapitel

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Immer noch schockiert starrte Sturm auf den blutverschmierten Leichnam der hellgrauen Kätzin. Sie konnte noch nicht ganz realisieren, was gerade geschehen war.

«Gut gemacht, mein Sohn», donnerte Draches Stimme vom Stein herunter. Das Alpha-Weibchen wandte den Blick ihrem Sohn zu, der nicht mehr so stolz und selbstsicher zu sein schien. Seine grünen Augen blickten abwesend zu seinem Vater hoch. Ein paar Augenblicke lang hielt er den Blick des Alphas stand, dann drehte er sich um und verließ wortlos das Lager.

«Und was ist mit der?», fragte Finsternis und musterte Sturm mit einem mordlustigen Blick. Die Kätzin erschauderte, ließ sich jedoch nichts anmerken.

«Die brauchen wir noch», brummte Drache. « Du fasst sie nicht an, verstanden?» Finsternis murmelte etwas unverständliches. «Ich habe gefragt, ob du mich verstanden hast.»

«Ja, habe ich», seufzte der junge Kämpfer enttäuscht. Er warf dem Alpha-Weibchen einen eisigen Blick zu und entfernte sich dann.

«Schafft sie weg», befahl Drache und nickte Richtung Nebels Leiche. Sturm schüttelte sich und Blitz und Luchs ließen sie los. Asche, die von Knochen in Schach gehalten worden war, eilte ebenfalls zu ihrer toten Schwester. Der ältere Kämpfer und sein Sohn Blitz verließen das Lager, um ihre Auseinandersetzung, die sie wegen Nebels Hinrichtung unterbrochen hatten, weiterzuführen.

«Ich will zuerst ihr Fell waschen», flüsterte Asche mit zitternder Stimme.

«Dann müssen wir die Wunde am Hals verschließen», miaute Spinne, die ebenfalls hinzugekommen war. Sie verschwand für ein paar Augenblicke in ihrem Bau und kam dann mit Spinnenweben zurück, die sie auf die Kehle der toten Kätzin legte.

«Warum ist die Verräterin immer noch unter uns?», grollte Drache wütend. «Schafft sie aus dem Lager.» Asche wollte offensichtlich widersprechen, aber Sturm hielt sie zurück.

«Wir lecken sie außerhalb des Lagers sauber», flüsterte sie und packte Nebel am Nackenfell. Von dem leicht salzigen Geschmack des Blutes stieg Sturm die Galle hoch. Zu viele Tode, dachte sie erschüttert, während sie die Tote mit Asches Hilfe aus dem Lager trug. Pilz folgte ihnen mit leerem Blick. Asches Gefährte Löwe und deren gemeinsame Tochter Frost schlossen sich ebenfalls der trauernden Prozession an.

«Wir begraben sie hier», entschied Asche und zeigte unter einen Ginsterstrauch in der Nähe des Lagers.

«Ich grabe das Loch», schlug ihr Gefährte vor.

«Sie war Monds Mutter», flüsterte Pilz. «Ich konnte sie selbst nicht begraben, aber ich will es zumindest bei ihrer Mutter tun.» Er stellte sich neben Löwe hin, um dem goldenen Kater beim Ausheben des Grabes zu helfen. Sturm, Asche und Frost hockten sich neben die Tote und leckten ihr Fell sauber.

«Ich möchte mich auch verabschieden», murmelte eine leise Stimme hinter ihnen. Wolke tappte, von einer verstört und benommen wirkenden Wind gefolgt, zum Leichnam der Jägerin.

«Bleib zurück», miaute Sturm. Wind sprang zu der kleinen Kätzin und packte sie sanft am Nackenfell.

«Ich kann verstehen, dass du dich verabschieden willst, aber das ist kein Anblick für kleine Kätzchen.»

«Geht ins Lger zurück», forderte Sturm die beiden Kätzinnen auf. Sobald sie gegangen waren, legte sie sich neben die Tote und schloss die Augen.

Warum musstest du sterben, Nebel? Das ist so ungerecht. Du hast das nicht verdient! Und Mond erst recht nicht!
Tiefer Schmerz bohrte sich ins Herz der goldenen Kätzin und sie seufzte schwer. Nie wieder würden Mutter und Tochter zusammen durchs Lager streifen, nie wieder würde Sturm mit den beiden sprechen können.

WARRIOR CATS - Nahender SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt