8. Kapitel

17 5 17
                                    

»Hey Kralle!« Dornes hohe Stimme riss den Kater aus den Gedanken. »Wie geht es dir?«

Oh nein, nicht die schon wieder! Kralle seufzte leise und zwang sich zu einer einigermaßen freundlichen Antwort.

»Gut, wieso?«

»Du schaust so traurig. Ist es wegen Wind?«

»Nein, wieso?« Warum musste diese nervige Kätzin immer so blöde Fragen stellen? Natürlich war es wegen Wind, aber das ging niemanden etwas an. Seitdem er Nebel umgebracht hatte, mied die Jägerin ihn so gut es ging. Vielleicht hätte er Nebel nicht töten sollen...

So ein Blödsinn, ich bin ein Kämpfer, natürlich musste ich das! Jetzt fange ich schon an, wie eine Kätzin zu denken.

»Ich glaube sehr wohl, dass es wegen Wind ist.« Dornes Blick wurde sanft und ihre Stimme zuckersüß. »Sie ist zart, viel zu zart für dich. Sie wird sich an deiner Seite niemals wohlfühlen und auch du wirst durch ihre Weichherzigkeit ständig behindert werden.«

»Was willst du damit sagen?«, fragte Kralle, obwohl er wusste, was sie sagen würde. Schließlich war es nicht das erste Mal, das Dorne versuchte, ihn auf diese Art und Weise für sich zu gewinnen.

»Naja, Wind ist nun mal nicht die richtige Kätzin für dich. Und seitdem du Nebel ermordet hast, kannst du sie endgültig vergessen.«

»Und wer ist deiner Meinung nach besser? Du etwa?« Mittlerweile war seine Geduld am Ende. Eigentlich wartete er auf Winds Rückkehr von der Jagd, um mit ihr zu sprechen. Auf Dornes lästige Gesellschaft hatte er keine Lust.

»Ich bin definitiv die bessere Wahl. Schließlich habe ich grüne Augen und Wind gelbe und bin nicht so weichherzig und sanft wie ein Hauskätzchen.« Sie trat vorsichtig näher und wollte sich an ihn lehnen, doch Kralle schlug ihr mit der Pfote auf den Kopf.

»Fass mich nicht an und geh mir nicht auf die Nerven! Wind ist kein Hauskätzchen und das zwischen ihr und mir geht nur uns beide was an, sonst niemanden. Steck deine Schnurrhaare nicht in fremde Angelegenheiten, verstanden?«

»Aber du musst als zukünftiger Alpha eine Gefährtin mit-« Weiter kam sie nicht, denn Kralle unterbrach sie wütend.

»Nichts aber. Lieber werde ich nie Alpha, als dass ich dich oder eine andere nervige Kätzin zu meiner Gefährtin mache. Dich will ich nicht mal als Nebengefährtin haben, Dorne.«

»So ist das?«, zischte die Kätzin beleidigt und Kralle bereute sofort seine Worte.

Wenn sie Drache verrät, was ich gerade gesagt habe...

»Warte ab, bis Drache von deinen Worten erfährt.« Sie wirbelte herum und wollte wegrennen, doch Kralle hielt sie auf.

»Aktuell ist Drache noch kerngesund und zwischen Wind und mir ist Funkstille. Ich kann mir später Gedanken machen, wer das neue Alpha-Weibchen werden soll. Was ich gerade gesagt habe, war nicht so gemeint. Ich will einfach in Ruhe gelassen werden.« Die Jägerin sah ihn eine Weile skeptisch an, dann drehte sie sich wortlos um und ging zu einer Gruppe jüngerer Jäger, zu der auch Finsternis gehörte.

Wahrscheinlich wird sie es jetzt beim nächsten Kater versuchen. Finsternis kommt für sie nach mir am ehesten in Frage. So wie ich sie kenne, würde sie alles dafür geben, um eine möglichst hohe Stellung im Rudel zu bekommen, während Sturm zum Beispiel sich eher das Gegenteil wünscht.

Ihm viel plötzlich auf, dass seine Mutter zwar einen Gefährten hatte und die wichtigste Kätzin des Rudels war, aber Drache schien sie nie so geliebt zu haben, wie er, Kralle, Wind liebte und kurz stieg in ihm ein Gefühl hoch, das er noch nie wirklich verspürt hatte: Mitleid mit Sturm, die sich wahrscheinlich ziemlich einsam und ungeliebt fühlte. Doch kaum hatte er das gedacht, als er sich sofort für seine schwachen Gedanken schämte.

WARRIOR CATS - Nahender SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt