Kapitel 7

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Wie von selbst ist Toby erstarrt, als er in die grünen Augen sieht, die schockiert geweitet sind. Der Sub nimmt nichts um sich herum wahr, außer Jared, der ihn anstarrt, als wäre er das Schlimmste, was ihm hätte heute passieren können.
»H-Hallo...« Ergreift Toby als erstes das Wort, den Drang unterdrückend sich Jared sofort zu unterwerfen. Ihm in die Arme zu fallen und nie wieder loszulassen, obwohl alles in ihm danach schreit.
Jared ist blass. So viel blasser als sonst. Er sieht müde aus. Viel müder, als wenn er immer sehr spät mit der Arbeit fertig war und Toby, der meistens schon schlief ins Auto getragen hatte. Toby zerreißt es bei dem Anblick das Herz und auf die Sekunde schämt er sich in Grund und Boden. Jareds Blick hängt für eine Sekunde an dem neuen Halsband. Das von William. Nicht mehr seines...
Für einen Moment rührt der Dom sich nicht. Toby überdenkt sehr zweifelnd seine Entscheidung Jared nicht sofort um den Hals zu fallen. Das grün der Augen des Doms funkelt, als er ihn sieht. Toby kommt es wie eine Ewigkeit vor, als säße er auf heißen Kohlen.
Sag doch was! Nimm mich in den Arm! Ich vermisse dich!
»Toby« Die Kälte von Jareds Stimme ist unbeschreiblich eisern, als er auf ihn zu tritt und ihn zur Seite schiebt, um zu Maddie zu blicken, die bereits die Rechnung vorbereitet. Toby könnte zerbrechen, als er diese Berührung abgedämpft durch seine Kleidung spürt.
»I-Ich...« Toby ist wie von selbst den Tränen nah. Als wäre alles auf einmal gelähmt, mitgerissen von dieser tiefen Verbindung, die er doch geglaubt hatte zu haben. Zu Jared einmal gehabt zu haben... Und nun sieht er die Reste dieser Illusion vor sich.
»Ich habe keine Zeit, verschwinde«
Er weiß nicht, was er tun soll. Wo doch all seine Hormone durchdrehen. Im nächsten Moment findet Toby sich auf den Knien wieder. Seine Beine haben einfach nachgegeben. Oder wollten nachgeben? Er kniet vor Jared, den Kopf gesenkt. »I-Ich vermisse Sie, Master...«
Und dann spürt Toby endlich Jared Blick auf sich. Er kann sich denken, dass Leute sie dumm anstarren werden. Vermutlich denken sie, Jared sei sein Dom und Toby hätte einen schlimmen Fehler begangen, dass er ihn selbst vor der Kasse knien lässt. Aber das ist dem Sub egal! Er hat die Hände in seine Jacke gekrallt und starrt auf Jareds Füße.
Bitte, bitte wende dich mir zu! Lehn mich nicht ab.
Doch tritt Jared aus seinem Sichtfeld, worauf zischend folgt: »Bleib mir bloß fern. Los«
Tobys Herz zerbricht in unzählige Scherben, als er diese Worte vernimmt und langsam den Kopf hebt, um zu sehen, dass Jared ihn nicht einmal eines Blickes würdig. Sein Gesicht nur vor Abneigung verzogen ist. Dem Sub wird schlecht.
»Äh, Toby? Alles gut?«
Es ist Maddie, die sich über den Tresen beugt und mit schief gelegtem Kopf zu ihm sieht. Toby kniet dort, völlig durch den Wind, benommen sieht er zu Maddie, die den fertigen Kaffee in der einen Hand hat.
Schwarz. Jared trinkt ihn immer schwarz. Nicht unbedingt, weil es ihm schmeckt, wie Toby weiß. Sondern, weil somit das Koffein am besten wirken kann und Jared diesen Kick manchmal auch nach der Arbeit braucht oder in einer Pause.

»I-Ich... A-Also...« Nuschelt Toby schluckend, als er sich seiner Position bewusst wird. Doch die Frau Namens Maddie fasst es falsch auf.
»Oh ist das schon dein Dom? Ach freut mich. Maddie Harris. Freut mich, dass Sie ihren Sub zum Arbeiten ermutigen. Zwar ist es noch etwas hin bis zu seinem ersten Tag, aber ich mache aus jedem etwas. So lang er zuverlä...« - »Dieser Mann ist nicht mein Sub. Halten Sie sich gefälligst aus fremden Angelegenheiten raus«
Toby zuckt zusammen, als Jared sichtlich gereizt lauter wird und auch Maddie sich erschreckt, die ihm die Hand reichen wollte, aber nun eifrig zurück zieht. Tobys Unterlippe bebt, als der Dom den Kaffeebecher packt, noch einen letzten undeutbaren Blick auf ihn wirft und darauf an ihm vorbei geht.
»Was für ein Arsch...« Kommentiert die Domina dies. Zitternd kämpft der Sub sich auf die Beine, die am liebsten nachgeben wollen, als er sich an dem Tresen hochzieht. Ihm ist unglaublich schlecht, doch kann er hier nicht zusammenbrechen. Hier will er doch arbeiten...
»Alles gut, Kleiner?«
Die Stimme der Rothaarigen ist vorsichtig. Toby nickt paralysiert. »A-Alles gut. Äh... N-Nur ein Bekannter me-meines... D-Doms... Ach ja. Ähhh, dann bis Montag! Ich bin sicher pünktlich«
Toby ringt sich verzweifelt zu einem schwachen Grinsen, als er auch schon hinausstürmt, es bis zur nächsten Hausecke schafft, als sich auch schon sein Mageninhalt vom Mittagessen auf die Pflastersteine ausbreitet. Der Sub japst nach Luft, hält sich verzweifelt die Brust, als seine Knie nachgeben und er an der Wand herabsinkt.
Panisch schnappt er nach Atem und vergräbt die Hände in den Haaren.
Er würde behaupten wollen, er sei nur krank. Oder müde. Oder beides.
Aber Toby ist lang genug ein Sub, um diese Reaktion zu verstehen...
Nicht ohne Grund ist er ein Sub. Nicht ohne Grund verlangt sein Körper, seine Hormone, alles in ihm nach einem Dom. Bei einem Dom, mit dem man gematched ist oder... in diesem Fall eine Jahre lange tiefe Verbindung hatte, kann das drastische Reaktionen hervorrufen.
Von purer Erregung Ektase und Lust, bis hin zu überwältigendem Schmerz, wenn er ihn ablehnt... Manchmal, da lehnen Doms ihre Matches ab. Sie lehnen den Sub ab. Sein oder ihr Wesen. Alles ab ihnen, dass es sich anfühlt, als würde man von einem Schwert erdolcht werden. Als reißen Sie einem diese natürliche Veranlagung heraus.
Lehnen das ab, was man nicht ändern kann.
Toby hatte davon gelesen. Und es ist nicht unüblich, dass Leute denken, sie seien schlauer, indem sie ihren perfekten Partner ablehnen. Indem sie die Bindung ablehnen. Es gibt zahlreiche Doms und Subs die deswegen single sind. Und viele von ihnen, brauchen eine Ewigkeit, um sich davon zu erholen und eine neue Bindung zuzulassen.
Ein Gefühl der Enge nimmt Tobys Brust ein, die er sich panisch hält. Er hat Angst. William. Jared. Nein. Fuck, er ist allein.
Er zieht die Beine an und vergräbt das Gesicht in den Knien. Und so sitzt er da. Weinend in der eisigen Kälte. So lang, bis es nicht mehr geht. Das flaue Gefühl im Magen bleibt dennoch.
Mit verquollenen Augen starrt er die Wand an. Eine kurze Begegnung, bei der er kaum ein Wort hervor bekommen hat, reißt ihm den Boden unter den Füßen weg. Toby spürt es. Spürt es, wie sein innerer Sub schwer getroffen wurde. Die ihm bisher vertrauteste Person lehnt ihn ab. Wie kann man nur derartige verwirrt sein, wie er es ist? Wie er sich nach Jared sehnt. Und doch etwas in ihm sagt, dass William trotz der Ungewissheit genauso vertraut wirkt, wie Jared es tut.
Da will einer mal Sub sein. Alles ist so viel intensiver. Die Hormone, die Bindungen.
Toby ist zum Weinen, Lachen und schreien zu Mute, als er sich wankend auf die Beine kämpft. Angeekelt blickt er auf sein Erbrochenes und häuft im schlechten Gewissen etwas Schnee drüber. Es ist schon dunkel und gefühlte fünf Grad kälter als vor Tobys Nervenzusammenbruch.
Der Sub wischt sich schniefend über die Augen. Er vergräbt die Hände bibbernd in den Taschen, um den Rückweg anzutreten. Die Zeit hat er völlig aus den Augen verloren, als er eine halbe Stunde später die Haustür aufschlägt.
»Toby! Verdammt, wo warst du so lang?« Poltert auch schon im nächsten Moment Williams Stimme um seine Ohren, worauf er den Dom im Flur erblickt. Toby zuckt zusammen und sieht zu dem blonden Mann. Er will etwas sagen, doch hat William wohl schneller verstanden, als er den blassen Toby erblickt.
Schon befindet er sich in seinen Armen. Den Kopf an Williams Schulter vergraben, der ihn fest in die Arme geschlossen hat. »Was ist passiert?«
Toby schließt die Augen und klammert sich an dem Dom fest. Das braucht er. Jemand, der ihn annimmt. Genau so.
»Hab Jared gesehen...« Flüstert der Sub nach einer Weile Ruhe, in denen er sich von der angenehmen Wärme von William beruhigen lassen hat. Er hofft sehr, dass er dies versteht. Dass er Toby versteht, der doch selbst nichts für sein empfindliches Wesen kann. Für diese Überreizung durch alles. Aber vielleicht hat er endlich mal etwas Glück. Denn nicht viel später liegt er auf der Couch. Eingemummelt in drei Decken, mit einer heißen Tasse Kakao. Er lehnt an William, der ihm zärtlich durch das Haar streicht.
Die großen Hände des Doms lösen langsam das von der Kälte und dem Schnee nasse Halsband. William legt es auf den Tisch, worauf er einen sanften Kuss auf Tobys Hals haucht, dem dabei müde die Augen zufallen.
Er schmust sich weiter an den Älteren. Weiter hat er auch nichts erzählt. William hat ihn auch nicht gezwungen. Er ist einfach für ihn da. Und das braucht er, mehr als alle tröstenden Worte. Und doch ist Toby erwachsen genug, um zu wissen, dass er reden muss, damit das funktioniert und er nicht eine weitere Ablehnung ertragen muss.
»Ich hab mich Jared unterworfen... Und der hat mich abgelehnt« Flüstert er nach einer Ewigkeit des Schweigens, in der Hoffnung, dass William nicht schon längst eingeschlafen ist. Aber das ist dieser nicht. Denn die Hand in seinem Haar stoppt mit dem Kraulen und löst sich von ihm. Toby wirf sofort mulmig.
»Ich bin für dich da, Kleiner« Entgegnet der Dom ruhig. Nicht unbedingt erfreut, aber seine Stimme ist warm. Toby weiß, dass er einen Fehler gemacht hat. Aber wer kann es ihm verdenken? Wie soll William ihn dafür maßregeln, dass er sich seinem jahrelangem Partner unterwerfen wollte. Das glaubt Toby zumindest.
Er hat nichts falsch gemacht. Es ist nur einfach so passiert. Er wollte es und doch auch nicht.
»Vielleicht vermeiden wir Begegnungen mit Jared in Zukunft«
Toby nickt mit schlechtem Gewissen. Sein Kopf rutscht auf William Brust, der sich seufzend zurück auf das Sofa lehnt. Der Sub weiß nicht, wie oft ihn diese gelöste Bindung noch umreißen wird. Er spürt es so deutlich, wie all die Hormone durchdrehen. Aber auch, wie sie sich beruhigen und er wie jetzt wieder klar denken kann.
Es ist wirklich so, wie damals kurz nach seinem Matching. Verwirrend und absolut überfordernd.
»Ich bin jetzt wieder klar... Und es tut mir leid« - »Es muss dir nicht leid tun, Toby«
»Kann-Kann ich in den nächsten Tagen vielleicht einfach mehr dein Sub sein? ... Dass soll einfach alles wieder normal werden. Oder können wir zum Arzt. Mein doofer Körper macht einfach, was er will«
Ein warmes Schnaufen trifft auf sein Haar, als William ihn in die Arme schließt und ihn näher zieht. Toby atmet erleichtert und weitaus beruhigter aus. »Natürlich« - »Danke«
Auf die Bewegung wimmert der Sub leise auf. Er hatte den verdammten langen Tag den Plug in sich, den er zwar vorhin entfernt hatte, aber er spürt noch immer die deutliche Dehnung. Vermutlich ist sein Muskel noch immer geöffnet.
Und schwups, kaum kurz daran gedacht, hat Toby vom Gefühl der Trauer wieder das Gefühl horny zu sein. Frustriert über all diese scheiß Stimmungsschwankungen vergräbt er das Gesicht an Williams Brust, der ihn sanft streichelt.
»Ich fühl mich wie in der Pubertät... Dabei dachte ich, dass das alles längst vorbei ist«
Jammert er nur leise zu seinem Dom. Unglücklich mit allem und sich selbst. Das ist einfach zu viel.
Und doch ist William zum Glück für ihn da. Selbst, wenn er leise lacht. »Dir fehlt die Unterwerfung sehr, hab ich recht?« Er nickt. »Vielleicht nehme ich mir nochmal frei. Ich lasse mich krankschreiben und wir bauen dir eine kleine Routine auf. Die übrigens nicht beinhaltet, dass du dir einfach so übermütig zu große Plugs einführst. Verstanden?«
Toby läuft bei den Worten rot an. Er fiept peinlich berührt auf und nuschelt ein ‚Entschuldigung Master'.
»Gut, dann ist das geklärt. Vielleicht sollten wir schon eher in den Club gehen... Ein paar meiner Freund und ich sind Mitglieder in einem speziellen Club für Doms und Subs, da die öffentlichen Clubs kein guter Umgang meiner Ansicht nach sind. Geben wir deinem Sub, was er will«
Was schon schnurrend bei den Streicheleinheiten nickt Toby lediglich. Er mag es, wenn man sich um ihn kümmert. Einfach für ihn da ist. Ihn beschützt.
»Aber erst bereiten wir dich auf deinen ersten Arbeitstag vor. Ich habe vorhin einen Anruf bekommen. Das hast du gut gemacht. Ich bin stolz auf dich«
Und Toby muss bei den Worten lächeln.

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