Kapitel 16

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Als wir auf der Bank saßen, bemerkte ich plötzlich, wie Jasons Hände zitterten. Ich folgte seinem Blick und sah, dass seine Handflächen bluteten, kleine Schnitte von Glasscherben bedeckt. Sofort packte mich die Sorge.

"Jason, deine Hände!" rief ich aus, während ich seine Handflächen sanft untersuchte. "Was ist passiert?"

Er zuckte leicht zusammen, als meine Finger über die Wunden strichen, und ein Ausdruck des Schmerzes huschte über sein Gesicht. "Es ist nichts", murmelte er und versuchte, meine besorgten Hände wegzuschieben.

Aber ich ließ nicht locker. "Das sieht aber nicht nach 'nichts' aus", beharrte ich. "Woher kommen die Schnitte?"

Jason seufzte schwer und ließ seine Schultern sinken. "Ich habe gegen einen Spiegel geschlagen", gestand er schließlich. "Ich war wütend und hab die Kontrolle verloren. Es war dumm von mir."

Ich konnte den Schmerz in seiner Stimme hören und spürte, wie mein Herz sich zusammenzog. "Komm, lass mich dir helfen", sagte ich sanft und zog mein Taschentuch heraus, um die Blutungen zu stoppen. "Ich bringe dich zu mir nach Hause, dort kümmere ich mich um deine Wunde."

Jason sah mich überrascht an, aber er nickte schließlich und stand langsam auf. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu meinem Zuhause. Als wir ankamen, schlichen wir uns leise ins Haus, um meine Familie nicht zu wecken.

Im Badezimmer angekommen, setzte ich Jason auf den Rand der Badewanne und begann, seine Hände vorsichtig zu reinigen. "Das wird ein bisschen wehtun", warnte ich, bevor ich anfing, die Glassplitter zu entfernen.

Ich begann vorsichtig, die Glassplitter aus seinen Handflächen zu entfernen. Jason zuckte immer wieder leicht zusammen, aber er ließ mich machen. Die Stille zwischen uns war nur durch sein gelegentliches Zischen unterbrochen.

Als ich den letzten Splitter entfernt hatte und begann, seine Wunden zu verbinden, hob ich meinen Blick und sah in seine Augen. Für einen Moment war da nur Stille. Unsere Blicke verharrten ineinander, und ich konnte den Schmerz und die Reue in seinen Augen sehen.

"Es tut mir leid, Allie", flüsterte er schließlich. Seine Stimme war rau, und ich konnte den Hauch von Alkohol darin hören. "Ich... ich habe gestern gelogen. Der Kuss... er hat mir etwas bedeutet."

Ich hielt inne und ließ die Worte auf mich wirken. Mein Herz schlug schneller, und ich spürte, wie die Tränen in meine Augen stiegen. "Warum hast du dann so getan, als wäre er bedeutungslos?" fragte ich leise.

Jason seufzte tief und schloss die Augen. "Ich weiß es nicht. Ich bin durcheinander, und ich habe Angst, dass ich dir wehtue. Aber es tut mir leid, wirklich."

Ich spürte, wie meine Wut und Enttäuschung langsam einer tiefen Traurigkeit wichen. "Jason, du musst aufhören, mich wegzustoßen, wenn du mich eigentlich nah bei dir haben willst."

Er öffnete die Augen wieder und sah mich an, seine Hand zitterte leicht in meiner. "Ich weiß. Ich weiß es, Allie. Ich werde versuchen, es besser zu machen."

Für einen Moment saßen wir einfach da, in der Stille des Badezimmers, und hielten uns aneinander fest.

Ich verband seine Hand zu Ende und drückte sie sanft. "Komm, du kannst heute Nacht bei mir bleiben", sagte ich schließlich. "Aber wir müssen leise sein, meine Eltern dürfen uns nicht hören."

Jason nickte dankbar und folgte mir in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter uns und zeigte ihm den Platz neben meinem Bett. "Du kannst hier schlafen", flüsterte ich. "Aber sei leise, okay?"

Er lächelte schwach und legte sich auf den Boden neben meinem Bett, während ich mich in meine Decke kuschelte. "Danke, Allie. Für alles."

Ich sah ihn an. "Du kannst doch nicht auf dem Boden schlafen, Jason. Komm ins Bett, es ist groß genug für uns beide."

My brother's friendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt