31 Beinahe

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18 Jahre alt, Clarisia

"Und?" Derik sah mich mit erwartungsvoller Miene an.
Stumm schüttelte ich den Kopf. Derik legte einen Arm um meine Schultern, was jedoch nur dazu führte, dass sich ein grosser Kloss in meinem Hals bildete.
"Soll ich zur kleinen Bäckerei gehen?", fragte er leise. "Die mit den guten Cupcakes?"
Lustlos zuckte ich mit den Schultern.
Derik küsste mich liebevoll auf die Wange.
"Das wird schon", meinte er mit einem aufmunternden Lächeln.

Während er nach seiner Jacke griff und auf den Ausgang zusteuerte, liefen meine Füsse wie von selbst hinüber zur Küche.
Ich bog um die Ecke und stiess beinahe mit Damien zusammen.
Vor Schreck machte mein Herz einen holprigen Sprung.
Brian hatte ihm im gestrigen Training eine blutende Lippe verpasst.
Der Kampf hatte eine kleine, dunkle Kruste auf seiner geschwollenen Unterlippe hinterlassen.
Damiens Miene verfinsterte sich, als er mein Gesicht musterte.
Mein Blick fiel auf die angebrochene Tafel Milchschokolade in seiner Hand.

"Du wirst noch Diabetes kriegen", bemerkte ich bissig.
Damien schwieg, der Blick seiner hellen Augen huschte flüchtig über meinen Körper. Ein warmes Kribbeln breitete sich auf meiner Haut aus.
"Was gibt es da zu glotzen?", fauchte ich und ballte die Hände zu Fäusten.
Der junge Alpha räusperte sich.
"Ist morgen nicht dein Geburtstag?", überging er meine Frage.
"Heute", sagte ich, meine Stimme klang leise. "Er ist heute."
Damiens buschige Brauen wanderten in die Höhe. "Der Junge, der sich auf dich prägt, hat mein ganzes Mitgefühl."

Ich schnaubte empört, reckte mein Kinn in die Höhe und stapfte mit hoch erhobenem Kopf an ihm vorbei.
Vor dem Kühlschrank blieb ich stehen. Ich wusste überhaupt nicht, was ich in der Küche wollte.
"Lust auf ein Phase 10?" Lorelies Frage liess mich zusammen zucken.
Neben Jessy liess ich mich im Schneidersitz auf dem weichen Teppich im Wohnzimmer nieder.
Lorelie griff eifrig nach dem Stapel und begann die Karten zu mischen.
Während sie die Karten austeilte, setzte Damien sich breitbeinig auf das Sofa, sein Knie streifte dabei meine Schulter.
Der sanfte Kontakt sandte ein Schaudern über meinen Körper.

Eigentlich hätte ich zur Seite rutschen sollen, doch stattdessen lehnte ich meinen Rücken gegen sein Schienbein.
Die vergebliche Suche nach meinem Gefährten erschöpfte mich, die Unruhe meiner Bestie brodelte in meinem Innern, und die leichte Berührung verringerte etwas das Gefühl der Leere.
Damien beugte sich über mich und spähte auf die Karten in meiner Hand.
Sein Pullover streifte das Haargummi, das meine Haare in einem Pferdeschwanz bändigte und seine breite Brust strahlte Hitze ab.
Ein seltsames Gefühl rauschte durch meine Adern.

Gerade als Lorelie mit einem triumphierenden Jauchzen die erste Phase beendete, legten sich lange, warme Finger in meinen Nacken, strichen die Haare zur Seite.
Erschrocken zuckte ich zusammen und wandte den Kopf. Damiens Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Geschwungene Wimpern umrahmten seine Augen und warfen einen langen Schatten auf seine Wangen.
Seine Brauen zogen sich konzentriert zusammen, sodass sich eine kleine, senkrechte Falte dazwischen bildete.
Er neigte den Kopf zu meinem Nacken, seine Nasenflügel zuckten leicht, als würde er einen Duft erschnuppern.

"Was machst du da?", fuhr ich ihn an.
Etwas blitzte im dunklen Grün seiner Augen, Damiens Pupillen weiteten sich.
Mit Lorelie tauschte ich einen kurzen Blick.
"Damien", warnte Jessy mit strenger Miene. "Sie hat Geburtstag."
"Was denn? Ich habe nichts getan!" Er hob abwehrend die Hände und lehnte sich zurück. "Ich habe sogar ein Geschenk!"
Damien liess etwas Rundes in meinen Schoss fallen, reflexartig griff ich nach dem rosaroten Ballon, der mit einem leisen Puff unter dem Druck meiner Finger zerplatzte.

Aufbrausend, Ahnungslos, AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt