32 Epilog

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Clarisia

Dieser Mann war verliebt, eindeutig.
Damien starrte hinab auf das kleine Bündel in seinen Armen, ohne zu blinzeln, als würde er fürchten, dass es genau in diesem Augenblick verschwinden würde.
Ein Lächeln trat auf mein Gesicht, ich stellte die Tasche auf den Boden und setzte mich neben meinen Gefährten auf die Bettkante. Der saubere Geruch nach Desinfektionsmittel lag in der Luft.

"Er schläft", flüsterte Damien, ohne mich anzusehen.
Mit weichem Blick musterte er das kleine Gesicht des Neugeborenen.
"Das sehe ich", bemerkte ich mit einem Schmunzeln.
Ich lehnte den Kopf gegen Damiens Schulter.
"Er ist unglaublich süss", raunte ich, ganz vorsichtig strich ich über die hellen, spärlichen Haare auf dem runden Kopf.
"Er hat vorhin meinen Zeigefinger gehalten", sagte Damien leise.
Ein glückliches Lächeln liess seine blauen Augen leuchten. "Und hast du die kleinen Fingernägel gesehen? Sie sind winzig!"
"Ja", stimmte ich mit leisem Lachen zu.
Damien beugte sich nach vorne und drückte vorsichtig einen Kuss auf die Stirn des Babys.

"Darf ich ihn auch mal halten?", fragte ich und zog spöttisch meine Brauen in die Höhe.
Mit sichtbarem Widerwillen legte er das Kind in meine Arme. Es war so leicht, dass ich es kaum auf meinen Händen spüren konnte.
"Lass ihn nicht fallen", sagte Damien, während er noch etwas näher an mich heranrückte.
Ich gab ein leises Schnauben von mir. "Ausnahmsweise habe ich das nicht vor."
Mein Blick glitt über das zerknautschte Gesicht.
"So niedlich", raunte ich entzückt.
In diesem Moment zog der Junge die winzigen Brauen zusammen und verkniff seinen Mund.
"Oh", machte ich. "Oh nein."
Überfordert schob ich das Kind zurück in Damiens Arme, der es sachte an seine Brust drückte.

"Muss ich Angst haben, dass du ihn entführst?"
Die Stimme liess mich aufblicken und ich erwiderte Kiras Lächeln.
Langsam kam sie auf uns zu und kroch mit einem tiefen Seufzer auf das Bett. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen und es war wohl das erste Mal überhaupt, dass ich sie ungeschminkt sah.
"Kann ich meinen Sohn wiederhaben?", wandte sie sich an Damien.
"Noch fünf Minuten", bat ihr Bruder, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen.
Kira grinste und sah mich vielsagend an.

"Hier", ich kramte die Tasche hinter meinem Bein hervor, "das habe ich heute bei der Post geholt."
Kiras Augen begannen zu leuchten, als sie Mandeln im Zuckermantel und ein gehäkeltes Lätzchen aus der Tüte zog.
"Meine Grosstante aus Italien hat es uns geschickt", erklärte ich.
"Vielen Dank!" Kira lehnte sich vor und ich erwiderte lachend ihre Umarmung.
Damiens Schwester zog ein paar Mandeln aus der Verpackung und schob sie sich in den Mund.
"Hast du...", begann Damien mit einem Seitenblick auf die Süssigkeit.
"Ja, ich habe ein Päckchen für dich zur Seite gelegt", unterbrach ich ihn und rollte mit den Augen.

Kira lachte glucksend, spielerisch stiess sie ihren Bruder mit dem Fuss an.
"He", machte Damien empört und drückte das Baby noch fester an sich. "Vorsicht!"
Seine Schwester hob das Lätzchen in die Höhe und musterte den bunten Schriftzug.
"Dorian", las sie vor, wobei ein glückliches Strahlen ihr Gesicht erhellte.
"Sein Name klingt beinahe wie meiner", stellte Damien fest.
"Bilde dir bloss nichts darauf ein!", erwiderte Kira lachend.
Auffordernd streckte sie die Arme aus. "Und jetzt möchte ich mein Kind wiederhaben."
Mit einem leisen Murren gab Damien das Baby aus den Händen.

"Sollen wir dir noch etwas bringen?", fragte er, als er endlich Zeit hatte seine Schwester anzusehen. "Du siehst erschöpft aus."
"Bin ich auch", gab sie mit einem Seufzer zu. "Aber danke, Lincoln bringt mir Suppe mit."
"Gut." Damien beugte sich vor und küsste sie flüchtig auf die Wange.
"Komm jetzt." Lachend zupfte ich an seinem Pullover.
Vor meinem Gefährten trat ich hinaus in die kühle Nachtluft. Ich legte den Kopf in den Nacken und musterte die funkelnden Sterne am dunklen Himmel.
Orion leuchtete hell.

Aufbrausend, Ahnungslos, AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt