🔱18 - die Paeon

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Leise wie es den Gefährten erlaubt war in der verlassenenen Straßen mit der spärlichen Beleuchtung, bewegten sie sich durch die Dunkelheit in der ihnen die Schatten in dem schwarzen Nichts verschmolzen. Gleichartig einer unsichtbaren Energie schienen die Schatten eine wachsame Hand über die gehetzten Menschen zu breiten, einer Intuition folgend, welch wertvolles Leben in ihrer Mitte den höchsten Schutz genoss. Die Dunkelheit mochte das Sinnbild für Angst und unvorhergesehene Komplikationen stehen, als schlimmster Gegner im Krieg und gegen den eigenen Verstand, doch in dieser Nacht retteten sie mehr als nur des Prinzen kostbares Leben.

Chimin hielt die Karte von seinem Vorgesetzten und dirigierte sie zielführend näher an den äußeren Ring der Stadt, lotste sie in dunkle Winkel die sie vor neugierigen Augen abschirmten und dann immer weiter Richtung Norden. Yoongi lief vor ihm her, den Bogen allzeit gespannt und mit einem Pfeil der darauf wartete, sich auf einen Feind stürzen zu dürfen. Endlich zahlten sich die schier endlosen Jagdgänge in unbekanntem Terrain aus, sein Talent war ausgereift und die Pfeile trafen jedes anvisierte noch so flinke Zielobjekt. Yoongi's Jagdinstinkt lockte ihn von Fuchsspuren geradewegs hinein in ein Abenteuer, in welchem er und seine famose Trefferquote einen höheren Zweck erfüllten als den der simplen Nahrungssuche. Er fühlte sich wichtig. Erfuhr ehrliche Wertschätzung, die eine ungewohnte Wärme in ihm bewegte. Stolz. Schnaufend folgte er Chimin's geflüsterten Wegweisungen, lugte um die Ecke einer Mauer und erkannte erleichtert, dass er keinen weiteren Pfeil opfern musste. Keine Soldaten kreuzten ihren Weg. Die Augen huschten stets wachsam von rechts nach links, ab und an streiften sie sein Schuhwerk und beinahe entwich ihm ein schiefes Grinsen. Als er dem betrunkenen Nobelmann vor einem Jahr die braunen Lederstiefel bei einem getückten Kartenspiel abluchste, hätte er sich nie träumen gewagt, sie in naher Zukunft auf einer Reise mit einem echten Prinzen zu tragen.

„Dort hinein", deutete Chimin bei einer Gabelung auf die kaum beleuchtete Passage unter einer Brücke und warf einen Blick zu Namjoon, der geschützt durch die bewaffneten Tokheimer geradewegs die Augen nach vorne richtete. Nur nicht umdrehen, zügelte er sich die Neugierde, Ablenkung bedeutet Gefahr und von der Gefahr ist es kein weiter Weg in den Tod. In seinen Armen hielt er mit unveränderter Anspannung den Jungen, ein Artefakt mit schlagendem Herzen in der Brust und gleichermaßen war es ein Junge, wie er sich äußerlich eines Bauernjungen nicht minder ähnelte. Erlaube er ihm weiteren Schaden zu nehmen, würde sich Namjoon vor Selbsthass die Adern zerschneiden. Eiligst folgte er der Wegweisung und musste auf Yoongi's präzise Bogenführung vertrauen, die ihnen Gegner aus der Entfernung vom Hals halten zu bezweckte. Insgeheim wäre diese Aufgabe für einen seiner bekannten Kämpfer recht gewesen, geschuldet war Namjoon Argwohn zielstrebig Yoongi's vorlautem Mundwerk, dessen negativer Eindruck sich unglücklicherweise über den seiner Fähigkeiten schattete. Namjoon würde Karak die Genugtuung eines Schuldeingeständnisses nicht offen preisgeben, und daher verständigten sich die zwei mittels Blicken.

„Das ist eine Sackgasse!", stöhnte Yoongi frustriert auf als er den Bogen senkte und auf eine so hohe Steinmauer blickte, über die keine noch so große Räuberleiter eine Flucht zuließ. Sie türmte sich regelrecht spottend vor ihm auf, schien zu wachsen je länger sie sich der Überlegenheit rühmte. Schimpfend schlug er dagegen, blind durch die immens nervlichen Strapazen und den sich rasch schmälernden Optionen für die Truppe aus diesem Irrgarten unbeschadet zu fliehen. In den Straßen von Lavandinia herrschte lebendige Aufregung, die Kunde über die Eindringlinge in die Bibliothek verbreitete sich wie ein Lauffeuer angeheizt vom Wind und ein Ausweg musste gefunden werden. Schnell und unauffällig, denn die Soldaten mit ihren scheppernden Rüstungen verrieten Yoongi, dass sie langsam aber sicher eingekesselt wurden. An Namjoon wandte er sich ohne Schalk in der Mimik, nachdrücklich seines Entschlusses griff er sich einen Pfeil und spannte ihn in der Sehne.

„Ich kann euch Zeit verschaffen. Nicht viel, darum müsst ihr schnell sein und ihr dürft euch nicht umdrehen"

„Es muss einen anderen Weg geben", stellte sich Chimin vor Yoongi und blickte zwischen ihm und Namjoon einher, wortlos flehte er seinen Vorgesetzten an die von Wahnsinn geprägte Idee nicht gut zu heißen und schon gar nicht zu akzeptieren, denn es würde Yoongi zweifelsohne das Leben kosten. Sie waren schon so wenig, es durften keine weiteren Menschen aus Unvernunft ihre Gemeinschaft verlassen. Der Anführer zog kritisch die Augenbrauen zusammen, verstand die Beweggründe beider seiner Mitstreiter und doch wollte er, er müsse sich nicht zwischen Alternativen die mit dem wenigsten Verlust heraus picken. Mit der Last dieser drängenden Entscheidung auf den Schultern und der des Prinzen in den Armen ereilte ihn der dringlichst benötigte Geistesblitz: „Von Königin Berilda ging damals vor 50 Jahren das Gerücht um, sie vergnüge sich des Nachts mit einem einfachen Bauern aus der Mittelschicht. Um vor den wachsamen Augen ihres Gatten und denen seiner Spione aus dem Anwesen verschwinden zu können, muss es demnach einen Geheimgang gegeben haben"

▪Kingdom of forgotten Names▪  VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt