🔱22 - der Fluch ist gebrochen

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Yoongi eilte so schnell es ihm die Beine erlaubten hinfort von dem Blutbad.

Ein Schauer nach dem nächsten jagte ihm durch Mark und Bein. Die Augen fanden keine Ruhe, jeden der toten Soldaten und Waldbewohner beäugte er mit aufkommenden Wellen an Übelkeit und Wut, bis es ihm zu viel war und er sich gurgelnd von seinem spärlichen Mageninhalt trennte. Mit vor Ekel verzogener Grimasse wischte er sich über den Mund und stieg in einem großen Schritt über die Sauerei hinweg, eine Hand behielt er zur Vorsicht auf seinem Bauch. Nicht zum Schutz gegen einen Pfeil, nein, so wie er dieses Massengrab betrachtete, gab es niemanden mehr von dem Gefahr ausging. Yoongi war sich nur der Verträglichkeitsgrenze seines Magens unsicher. So fand er mit etwas wackligen Knien den Weg durch den Wald hin zu dem Licht, das er hoffte lebend zu erreichen. Er tat es. Wie ein Schiffbrüchiger versprach ihm das warme Sonnenlicht die Rettung, frei schnaufend breitete er die Arme aus und schloss die Augen.

Er lebte.

Es fühlte sich fantastisch an.

„Yoongi!", erscholl die Stimme von Chimin hinter ihm. Unter seinem flinken Laufschritt zerbrachen Äste und lose unerfolgreiche Pfeile, es hörte sich allerdings an wie das Splittern von Knochen. Yoongi versuchte sich den Unmut nicht anmerken zu lassen, jedoch vergaß er, dass Chimin's Fähigkeiten sich nicht auf das Kampffeld beschränkten. Der Kämpfer wischte sich den geröteten Dolch an seinem Unterarm sauber und folgte Yoongi's Blickrichtung hinauf zur Sonne, als wäre der brennende Feuerplanet ein interessanterer Anblick als ein sprachloser Yoongi.

„Im Norden der Passage hofft Namjoon, Überlebende zu finden", unterbrach Chimin als erster von beiden die zähe Stille, die sich wie eiserne Ketten über sie wuchtete. Schwach grinste er: „Er wird sich freuen zu hören, dass du und dein Mundwerk ihm erhaltet bleibt"

„Oh ja", schnaubte Yoongi und wandte sich ihr dann doch zu. „Die Freude über meine Unversehrtheit wird Gemütswallungen auslösen"

Die beiden tauschten einen weiteren Blick, doch nach dem stillschweigenden Warten auf das Eintreffen ihrer Verbündeten mussten sie irgendwann einsehen, dass keiner kommen würde. Chimin's Kiefer verhärtete sich. Es hätten längst Widerstandskämpfer zu ihnen stoßen sollen. „Ich kann nicht fassen, dass diese Welt ausgerechnet so ihr Ende finden soll", flüsterte er klamm und verschränkte seine muskulösen Arme. „Es wäre vermeidbar gewesen. Alles davon, was dort passiert ist", deutete er mit dem Heben einer Schulter an. Er musste nichts konkreteres benennen, Yoongi hatte dasselbe erlebt und würde ebenso wenig wissen, welche Grausamkeit er zuerst aufzählen sollte in dieser langen, furchtbar langen Liste aus menschlichem Versagen. Ja, dachte er betrübt und seufzte matt. Das wäre es.

Hinter ihnen raschelte es im Gebüsch und sofort zückten beide ihre Waffen, bereit sich ein letztes Mal ihr Überleben zu erkämpfen. Doch aus dem Dickicht erklomm keine feindliche Rüstung das Sonnenlicht.

„Namjoon", sprach Yoongi und ließ den Bogen sinken. Und weil er eben Karak war, schlich sich in der nächsten Sekunde auch schon sein allbekanntes, für Namjoon nichts als Unheil bedeutendes Grinsen auf seine vorlauten Lippen: „Konntest es wohl nicht mehr erwarten, mich endlich an deine Brust zu drücken?"

„Yoongi", seufzte der Anführer der Tokheimer und strich sich eine halb in Blut getränkte Haarsträhne aus dem Sichtfeld. „Du bist völlig unversehrt. Wie...vorhersehbar", flachte sich seine Stimme bei dem Betrachten des zwar rot bespritzten, jedoch in der Tat unverletzten Körpers seines Gegenübers.

„Ich nehme das als Kompliment, herzlichsten Dank"

„Das steht dir zu", meinte er und legte seine Hand den drei Männern auf die Schulter, die er noch als Teil der Welt der Lebenden zu finden imstand war. „Für ein Leichtgewicht wie du eines bist, hast du dich wacker geschlagen"

▪Kingdom of forgotten Names▪  VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt