Durchaus richtig

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Der Aufzug war nur mit einem Schlüssel benutzbar. Shit, also dann zu Fuß. Noch ein Blick auf die Adresse, erster Stock, gut das ging noch. Ich schulterte das Paket und ging die Treppe hoch. Das Gym im Knast war zwar grindig und desolat gewesen, aber es hatte mich in Form gehalten. Dennoch floss mir der Schweiß in Strömen zwischen den Brüsten bis zum Bauchnabel, als ich angekommen war. Ich lief zurück, die Werkzeugtaschen zu holen, dann wieder rauf und drückte die Türglocke.

„Ja bitte?", tönte ein Stimmchen von innen. Irgendetwas kam mir seltsam vor. Die Stimme hörte sich dünn an.

S&M Furnitures, ist das hier bei Nechwatal?"

Die Tür öffnete sich erst einen Spalt, dann ganz. Eine Frau, gute achtzig Jahre alt, öffnete mir die Tür. Sie war grösser als ich, dünn wie ein Brett, trug ein altmodisches schwarzes Kleid mit weißen Rüschenkragen und lächelte freundlich.

„Entschuldigung", sagte ich, „ich glaube, ich bin falsch hier!"

„Sie kommen von S&M Furnitures?", fragte sie.

„Ja", antwortete ich, „ich suche Herrn oder Frau Nechwatal!"

„Dann sind sie durchaus richtig hier, meine Liebe!"

Okay, dachte ich, während die Dame, und ein solche war sie tatsächlich, die Tür weiter öffnete.

„Hilda! Trude!", rief sie in das Innere der Wohnung", „Unser Päckchen ist da!"

Von irgendwo da drinnen drangen ein Kichern und ein sehr sonderbares Quietschen. Dann sah ich eine zweite Frau, keinen Tag jünger, als die, die mir eben geöffnet hatte, aber etwas kleiner und ein Gehgestell vor sich herschiebend.

„Und ein junges Fräulein, das es bringt!", kickste sie, „Was für eine Überraschung! Kommen sie nur weiter, meine Hübsche!"

Zögernd fast trat ich ein und stellte das Paket und die Werkzeugtaschen ab.

Es war tatsächlich eine diese uralten Bürgerwohnungen, wie sie für die Wiener Josefstadt über Jahrzehnte typisch waren, vielleicht die letzte, die noch in dieser Form existierte. Ein langer, dunkler Flur, davon abzweigend sieben weiße Flügeltüren, eine schummrige Beleuchtung, ein etwas ranziger Geruch, knarrende Dielen unter einem Linoleumboden, eine lange Garderobe. Hinter einer der offenen Türen konnte ich eine riesige Biedermeieranrichte erkennen, davor ein ovaler Tisch mit Spitzendecke und Blumenvase, hinter einer anderen Schränke mit antiquarischen Büchern bis unter die Decke, ein Klavier, eine Standuhr.

„Kommen Sie nur, mein Fräulein, trinken Sie eine Tasse Tee mit uns", bat mich die Alte mit dem Rollator in die Küche und als hätte sie meine Gedanken erraten: „Gerade bei dieser Hitze ist Tee, das einzige wahre!"

Auch die Hochgewachsene, die mir die Tür geöffnet hatte, wies mich freundlich in die Küche. Dort saß eine dritte, gleiches Alter wie die anderen beiden, aber in einen Rollstuhl und einen Laptop vor sich. Sie hielt mir die Hand hin und lächelte freundlich.

„Nechwatal", stellte sie sich vor, „Hilda Nechwatal. Und das sind meine lieben Freundinnen Gertrud und Ernestine".

Ich schüttelte reihum die Hände der drei, während Gertrud mir zitternd Tee in eine hauchdünne Tasse aus Augarten-Porzellan goss. Hilda griff noch einmal nach meiner Hand und strich zärtlich mit ihren Fingern über mein Tattoo am Unterarm.

„Eine wunderschöne Schlange haben Sie da", bemerkte sie, „Ich wette, sie heißen Eva!"

„Nein, ich heiße Karin. Karin Kelemen."

„Oh, ungarische Wurzeln! Setzen Sie sich ein Weilchen zu mir, liebste Karin!" Sie klopfte mit der flachen Hand auf den Stuhl neben ihr und so wie sie es tat, duldete das keinen Widerspruch. Also setzte ich mich und bekam zum Tee noch Kekse angeboten.

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