Wie alles begann...

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Es war ein ganz normaler Spätsommertag, als dieser blöde Brief bei uns im Briefkasten auftauchte und mein gesamtes Leben verändern sollte.

Ich schloss nach dem langen Schulweg mein Fahrrad an und holte den Hausschlüssel heraus, als ich dieses Band aus dem Schlitz von dem Briefkasten lugen sah.

Ab und zu frage ich mich, wer die Schuld daran trug, alles so verändert zu haben.

Vielleicht war ich es mit meiner Neugier gewesen?

Der Absender des Briefes?

Oder das Schicksal selbst?

Was auch immer es gewesen war, in erster Linie war es meine Neugier gewesen, die mich dazu trieb, an dem roten Band zu zupfen.

Wie durch Magie verschwand es jedoch urplötzlich im Inneren des Kastens.

Ich runzelte die Stirn und fummelte an den Schlüsseln herum, bis ich den richtigen fand, um aufzuschließen.

Spätestens als ich diesen verfluchten Brief in der Hand hielt hätte ich wissen müssen, dass etwas gewaltig schiefging.

Denn der Brief, den ich rausholte, war schwarz.

Ein schwarzer Brief.

Aus einer Ecke lunste das Bändchen heraus, das mich darauf aufmerksam gemacht hatte. In der Mitte prangte ein ebenso rotes Siegel mit einem verschnörkelten W, und die Schrift, mit der unsere Adresse geschrieben war, war ebenfalls in roter Tinte gehalten.

Blutroter Tinte.

Ich blinzelte erstaunt und - so verrückt es auch klang - schaute mich auf der leeren Straße vor unserem Haus um.

Wie erwartet war niemand zu sehen, erst recht niemand, der mir meine stumme Frage hätte beantworten können.

Woher kam der Brief? Und noch wichtiger: Was stand in dem Brief?

Kurz darauf pfefferte ich meine Schultasche in den langen Flur und streifte mir die Schuhe von den Füßen.

Mit dem Brief in der Hand hüpfte ich in die Küche und nahm mir ein Glas Wasser, das ich gierig trank.

Man hätte meinen können, dass der Sommer vorbei wäre, doch die Temperaturen stiegen von Tag zu Tag gemächlich weiter.

Nach zwei weiteren Gläsern machte ich es mir im großen Wohnzimmer auf dem cremefarbenen Sofa bequem und brach das Siegel.

Es dauerte einige Versuche, doch letzten Endes bröselte der rote Wachs durch meine Finger.

Ich seufzte und kehrte alles auf einen kleinen Tisch zusammen. Wie immer musste ich mich ja auch bei den einfachsten Sachen blöd anstellen - da war das Brechen eines almodischen Siegels auch keine Ausnahme.

Bevor ich den Brief vollständig öffnete holte ich tief Luft. Ob ich etwas ahnte?

Nein, nicht im Geringsten! Nur ein kleines verunsichertes Stimmchen in mir wollte erst auf meinen Dad warten, um das Mysterium zu lüften.

Dann aber holte ich den Brief doch heraus.

Es war sorgfältig gefaltetes schwarzes Papier.

Langsam faltete ich es auseinander, von der Dicke des Papieres beeindruckt.

Die Schrift, die mir entgegenblinkte, war entgegen meiner Vorstellung nicht rot, sondern in einem funkelnden Gold.

Ehrfürchtig strich ich über die geschwungenen Buchstaben und fing an zu lesen.

Die Schrift ließ sich ein wenig schwer entziffern, doch ich gewöhnte mich recht schnell daran.

Sehr geehrte Miss Veery,

Mondflüstern - Die Legende der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt