Eine überraschende Botschaft

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April 1977

Lucius Malfoy war bester Laune.

Als er an einem frühen Frühlingsabend vor Malfoy Manor apparierte, um nach Hause zurückzukehren, war er schon ein bisschen stolz auf sich. Die Geschäfte liefen prächtig und er trug inzwischen wesentlich zum Wachstum des Familienvermögens bei. Anscheinend besaß er ein Gespür dafür, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und gut angelegte Investitionen zu tätigen.

Die Frühlingsluft war ungewohnt schwer und trug noch die Feuchte des letzten Regens in sich. In der Ferne begann eine Nachtigall mit ihrem Balzlied, doch der junge Malfoy schenkte dem keine sonderliche Beachtung.

Mit federnden Schritten lief er über den Kiesweg und nahm schwungvoll die Stufen bis zum Eingang. Drinnen erwartete ihn die kühle Atmosphäre des alten Anwesens. Die Eingangshalle lag weitestgehend im Dunkeln, nur wenige Kandelaber waren entzündet worden.

›Dieser Faulpelz von einem Hauselfen vernachlässigt mal wieder seine Pflichten‹, dachte er.

Lucius drehte sich auf dem Absatz, um die Tür zu schließen, als er eine Bewegung hinter sich wahrnahm. Dann spürte er sanfte Hände an seinen Schultern. Fürsorglich nahmen sie ihm den Umhang ab. Lucius erkannte die grazile und würdevolle Erscheinung und protestierte. »Mutter«, sprach er milde und drehte ihr den Kopf zu, »das ist Arbeit des Hauselfen.«

Seine Mutter erwiderte nichts darauf, hing den Reiseumhang an einen Haken der Garderobe und wandte sich wieder ihrem Sohn zu. Liebevoll legte sie ihm die Hände auf die Schultern und strich einen Flusen von seiner Robe. Das seltsame Funkeln in ihren hellblauen Augen bemerkte er sofort.

»Dein Vater wünscht dich zu sprechen«, sprach sie ruhig und sah lächelnd zu ihm auf. »Er ist im Herrensalon.«

»Worum geht es?«, fragte Lucius verwundert, als seine Mutter von ihm abließ.

Sie erwiderte nichts auf seine Frage, sagte jedoch nachdrücklich: »Lass ihn nicht warten.«

Der junge Malfoy nickte, drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und ging hinüber zu der schweren dunklen Eichentür.

Zögernd klopfte er und musste nicht lange auf die Aufforderung zum Eintritt warten.

Es fühlte sich noch immer seltsam an, diese Tür zu öffnen. Die Berechtigung, den Herrensalon – der selbst für seine Mutter tabu war – zu betreten, hatte er erst mit seiner Volljährigkeit erreicht und siebzehn war er erst seit ein paar Monaten. Ein beklemmendes Gefühl bildete sich unwillkürlich in seiner Magengegend und Lucius blieb zunächst im Türrahmen stehen.

In der Vergangenheit hatte er oft neidvoll, beinahe sehnsüchtig, hinterhergeblickt, wenn er beobachtete, wie wichtige Geschäftspartner und sogar der Dunkle Lord selbst mit seinem Vater in diesem Raum verschwunden waren. In seiner Kindheit sogar unzählige Male versucht, an der Tür zu lauschen, doch alsbald festgestellt, dass kein Wort aus dem Innern herausdrang. Was im Herren-Salon besprochen wurde, blieb für gewöhnlich dort, es sei denn Abraxas Malfoy entschied anders.

Sein Puls erhöhte sich in dem Moment, als er sich fragte, was man ihm nun mitteilen würde.

»Komm herein, schenk uns Brandy ein und setz dich zu mir!« Die eiserne Stimme seines Vaters kam von einem der hohen Lehnsessel vor dem Kamin.

Lucius schloss die Tür hinter sich, ging zu dem Sideboard hinüber, entkorkte die Flasche mit schwitzigen Händen und schenkte ihnen von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein. Er verabscheute dieses Gesöff, wusste jedoch um die Bedeutung des edlen und raren Tropfens, der nur zu besonderen Anlässen ausgeschenkt wurde.

Sanctimonia Vincet SemperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt