Ein Karton voller Kätzchen [Kyojuro x Mitsuri]

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Mitsuri hatte gar keine andere Wahl gehabt.

Wenn sich ihr jemand offenbarte, der Hilfe benötigte, dann musste sie helfen. Das hatte man ihr Zuhause beigebracht, aber auch ihr ehemaliger Mentor hatte stets davon gesprochen. Wenn man stärker war als andere, dann musste man diese Stärke nutzen, um zu helfen. Das war für sie auch niemals ein Problem, selbst dann, wenn man ihr nicht immer freundlich oder höflich begegnete, gab sie stets ihr Bestes, um zu unterstützen. Gleichzeitig hatte sie – auch dank ihres ehemaligen Mentors – gelernt, dass man sich nicht jede Respektlosigkeit gefallen lassen musste.
Vorurteile waren eine Sache, tatkräftige Beleidigungen oder nicht erwünschte Berührungen, waren etwas völlig anderes.

Sie fühlte sich im Allgemeinen sicherer, auch wenn die Unsicherheit sie dennoch manches Mal einfangen konnte.

Dieses Mal ging es nicht darum, dass sie Menschen helfen musste.

Es kam selten vor, dass sie als Hashira mal etwas mehr Zeit hatte und nicht direkt von A nach B reisen musste, um Dämonen zu bekämpfen oder noch junge Dämonenjäger unterstützen. Wenn sie diese Zeit hatte, dann verbrachte sie diese sehr gerne mal anders!

Für den heutigen Tag hatte sie geplant, ein neues Lokal auszutesten. Dafür wollte sie sich auf den Weg zum Schmetterlingsanwesen machen, wo man am ehesten andere Hashira's traf. Mitsuri hatte kein Problem damit, alleine essen zu gehen, aber den größten Spaß hatte man gemeinsam!
Sie hoffte ein wenig auf Kyojuro, da sie einen ähnlichen Appetit hatten und es immer ein kleines Wettessen zwischen ihnen gab – aber am Ende wäre sie über jeden glücklich, der mit ihr gehen würde.
Ihr erst sehr geradliniger Weg wurde jedoch durchbrochen von einem Karton, der einsam und alleine am Rand stand, bereits durchweicht war von Schnee und ganz allgemein in keinem guten Zustand war.

Normalerweise hätte sie diesen Karton vermutlich einfach ignoriert oder mit sich genommen, um es wegzuschmeißen – an einen Ort, wo es auch hingeschmissen werden sollte!
Doch es gab ein Geräusch, das eindeutig dafür sprach, dem Karton mehr Beachtung zu schenken.

Ein Miauen.

Nun, nicht nur eines. Sofort riss sie den Karton oben auf und bekam ziemlich große Augen.

„Ahhhh!", quiekte sie. „Was seid ihr denn für süße Kleinen?"

Fünf Kätzchen tollten im Karton herum oder starrten sie mit ihren großen Augen an – mehr benötigte es nicht, um sie zu verzaubern! Obwohl es so oder so nichts benötigt hätte, denn Kätzchen würden sie immer bezaubern – ganz egal wie oder warum!

„Wie kann euch nur jemand hier abstellen? Ihr armen Kleinen."

Und prompt hatten sich ihre Pläne zumindest ein wenig verändert. Sie ging inzwischen nicht mehr zum Schmetterlingsanwesen, um jemanden zu finden, mit dem sie essen gehen konnte – sie ging dorthin, um einen Ort für ihre Kätzchen zu finden.
Während sie also den Karton so vor sich trug, kam sie nicht daran vorbei, immer wieder ein paar Geräusche von sich zu geben.
Eine Mischung aus Quietschen und Fiepsen und zwischendurch auch ordentliche Worte.

„Ahh, wie soll ich euch nur alle nennen? Es gibt so viele schöne Namen, die zu euch passen würden, aber alles wäre perfekt", plapperte sie immer wieder vor sich hin.

Der Marsch zum Schmetterlingsanwesen war schließlich schnell bewältigt und sie konnte bald schon auf das Anwesen treten. Der Geruch frischer Blumen lag in der Luft und Schmetterlinge tänzelten in ihr – ein wunderschöner Augenblick, für ein wunderschönes Anwesen. Ein Anwesen, dass Dreh- und Angelpunkt für das gesamte Corps war. Ein sicherer Ort für alle, die gerade Schutz benötigten oder mal etwas freie Zeit bekamen.

„Kanroji-san! Was hast du denn dort bei dir?"

Mitsuri entrann ein promptes Fiepsen, als sie den Blick hob und ein bekanntes Gesicht vor sich erkennen konnte.
„Rengoku-san!", mit dem Karton im Arm, verkleinerte sie den Abstand zur Engawa, auf welcher es sich Kyojuro bequem gemacht hatte. „Hast du etwa auch ein wenig Freizeit heute?"

„Das ist richtig!", rief ihr ehemaliger Meister aus. „Ich komme gerade von einer erfolgreichen Mission zurück. Glücklicherweise wurde ich nicht von irgendwas getroffen, das heißt, ich kann wieder los, sobald es eine neue Mission für mich gibt!"

Ah, Kyojuro war stets so motiviert, es war schön zu sehen, zu hören und zu erleben! Es motivierte Mitsuri sogleich ebenfalls dazu, gleich wieder auf eine Mission gehen zu wollen. Doch das Maunzen, welches aus dem Karton wieder zu ihr drang, erinnerte sie an etwas, was vielleicht nicht wichtiger war als Menschenleben, aber dennoch beachtet werden sollte!

„Sieh mal Rengoku-san!", meinte sie nun also und kam noch etwas näher. „Auf dem Weg hierher, bin ich auf diesen Karton gestoßen! Irgendjemand hat diese Kätzchen einfach ausgesetzt!"

„Oh, wirklich!", rief Kyojuro aus, als er jetzt von der Engawa aufstand, damit er in den Karton hineinsehen konnte.

Mitsuri bewunderte ein wenig, dass Kyojuro größer war als sie, obwohl fast jeder Hashira sie in der Größe schlug. Zu ihrem ehemaligen Mentor aufzusehen, war dennoch nochmal etwas ganz Besonderes, und ihr nervöses Herz begann schneller gegen ihre Brust zu schlagen.

„Ja!", verkündete Mitsuri jetzt aber. „Ich bin so froh, dass ich gerade diesen Weg gegangen bin und ich sie gehört und gesehen habe! Sieh doch nur, wie süß sie sind!"

„Sie sind ganz bezaubernd!", stimmte Kyojuro nickend zu.

Mitsuri konnte erkennen, wie sich ein wundervolles Lächeln auf den Lippen des Flammenhashira ausbreitete. Durch ihre gemeinsame Zeit damals hatte sie einige Facetten von Kyojuro kennengelernt, auch wenn man meinen mochte, dass er gar nicht so viele besaß. Doch es gab minimale Unterschiede – nicht jedes Lächeln war gleich.
Es gab ein Lächeln, welches nur seinem Bruder galt.
Ein Lächeln, für seine Mutter, wenn er an ihren Schrein ging.
Eines, wenn er über seinen Vater sprach.
Es gab gefühlt für jede Person, die er besser kannte, ein einzigartiges Lächeln, auch wenn es nur sehr kleine Unterschiede waren.

Dieses Mal, war es ein sehr sanftes Lächeln, liebevoll und zärtlich – es ließ ihr Herz erneut schneller schlagen.

„Jedoch glaube ich nicht, dass Kocho-san begeistert davon wäre, hier Kätzchen vorzufinden."

„Huh?", irritiert riss Mitsuri die Augen auf, als sie wieder ihre Gedanken auf die Kätzchen lenkte. Mit gerunzelter Stirn sah sie zurück in den Karton. „Glaubst du? Aber sie sind doch so süß, wie könnte sie jemand ablehnen?"

Kyojuro schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln: „Theoretisch wäre dies ein perfektes Gebiet. Sie könnten viel im Garten oder im Umkreis toben. Aber gerade jetzt werden sie wohl etwas mehr Aufmerksamkeit benötigen."

„Die Mädchen wären aber begeistert! Ist Kocho-san denn gerade da? Dann könnte ich sie ja fragen!"

„Sie ist vorhin ins Büro gegangen, also lass uns dort nach ihr sehen."

Mitsuri nickte sofort motiviert. Shinobu könnte niemals verneinen, wenn sie all die süßen Kätzchen sehen würde! Deshalb folgte sie ihrem ehemaligen Mentor auch sofort. Auch wenn Shinobu manchmal etwas abweisend wirken konnte, so würde sie die Insektenhashira definitiv als eine Freundin ansehen. Vielleicht lag dies auch daran, dass sie die einzigen Frauen unter den Hashira's waren. Sie waren wohl von Grund auf verschieden, aber sie verstanden sich dennoch unheimlich gut und das genoss sie auch stets.

Zu Kyojuro hatte sie aber nochmal eine intensivere Verbindung, sicherlich auch aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Immerhin war es etwas Besonderes, jemanden als Mentor zu haben – auch wenn Kyojuro zeitweise ein schrecklicher Mentor sein konnte. Selbst Mitsuri konnte bei all seiner Motivation niemals mithalten, vor allem wenn es ums Training ging, welches es geschafft hatte sie immer wieder auszupowern. Ob sie mittlerweile besser mithalten könnte?

Wollte sie überhaupt mithalten können?

Sie behielt den Karton an sich gedrückt, als Kyojuro an einer Tür anklopfte und darauf wartete Shinobu zu hören, welche sie auch direkt hineinbat.


„Rengoku-san, geht es dir etwa doch nicht gut?"

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