„Alles in Ordnung mit dir?", fragte eine Stimme hinter ihr. Silberkralle zog sich zurück. „Du hast gezittert. Guck dir nur mal dein Rückenfell an!" Wurzelkralle sprach. Peinlich berührt wurde der Kätzin bewusst, dass ihr Pelz höher aufgestellt sein musste, als die Dornenbarriere vor ihnen. Sie konnte es einfach noch nicht fassen. Nach so langer Zeit hatte sie ihr Junges gefunden. Es gab nur ein Problem – Mondjunges, oder Mondkralle, befand sich mitten im Lager des SonnenClans. Wahrscheinlich hatte sie keine Ahnung wo sie eigentlich herkam und – was am schlimmsten war – alle Zeichen zwischen ihren Clans standen auf Krieg! Also gab es eigentlich gleich drei Probleme. „Lasst uns lieber wieder gehen", miaute Rindenblatt leise. „Hast du irgendwas entdeckt?" Es dauerte einen Moment, bis Silberkralle begriffen hatte, dass sie von der möglichen Schwachstelle sprach. Dann nickte sie langsam. „Dann los", murmelte Wurzelkralle und schlich voran zur Grenze.
Silberkralle begriff überhaupt nicht, dass sie die Grenze überquerten. Selbst als sie die Höhle erreichten, merkte sie nichts davon. Erst als Nachtschweif hinter ihr rief: „Solltest du nicht Flockenstern von eurem Ausflug berichten?", blickte sie sich um und fand sich mitten in der Haupthöhle wieder. Etwas leiser fragte ihre Freundin: „Ist etwas passiert?" Silberkralle zitterte am ganzen Leib. „Ich habe Mondjunges gesehen", hauchte sie so leise, dass sie dachte, dass Nachtschweif sie gar nicht gehört hatte. „Was?!" Ihre Freundin starrte sie ungläubig an. „Wie hast du sie erkannt? Sie müsste doch mittlerweile schon Kriegerin sein, so wie Fleckenfuß." Fleckenfuß! Die beiden waren damals die besten Freunde gewesen. Auch der junge EisClan-Krieger hatte den Schock nie ganz verdaut. Sobald ich Zeit dazu habe erzähle ich es ihm, nahm sie sich vor. „Also?", bohrte Nachtschweif weiter. „An ihrem Hinterbein war eine Narbe", brachte sie schließlich heraus. „Genau dort, wo sie an dem Tag, an dem sie gestohlen wurde, an den Felsen geschrammt ist." Sie seufzte. „Ich gehe zu Flockenstern", sagte sie und erhob sich auf die Pfoten. Doch Nachtschweif hielt sie zurück. „Was machst du, wenn wir gegen den SonnenClan kämpfen müssen?", fragte sie. „Ich weiß es nicht. Ich denke, dann werde ich ihr die Wahrheit sagen." Dann machte sie sich schweren Herzens auf den Weg zu Flockensterns Bau. Der Anführer saß in der Ecke und verzehrte eine Wühlmaus. „Silberkralle!" Er blickte auf, als sie die Höhle betrat. „Hast du etwas gefunden?", fragte er. „Ja. Wir konnten durch ein Loch in das Lager gucken. Hinter dem Bau der Krieger gibt es einen versteckten Eingang. Er ist groß genug für eine Katze." Flockenstern sah sie ungläubig an. „Man sollte doch meinen, dass der SonnenClan sein Lager etwas besser schützen sollte. Nun gut. Hervorragende Arbeit. Wir können direkt den Kriegerbau angreifen. So bleibt unseren Feinden nichts anderes übrig, als nach draußen zu flüchten. Dort werden noch mehr unserer Katzen auf sie warten. Sobald wir das geschafft haben, haben wir so gut wie gewonnen." Er trat an ihr vorbei in die Haupthöhle. Er trabte zur anderen Seite und sprang auf einen Felsvorsprung, von dem aus er immer zu den Clan-Treffen rief. „Alle Katzen, die alt genug sind, ihre Beute selbst zu holen, fordere ich auf, sich hier unter dem Felsvorsprung zu einem Clan-Treffen zu versammeln." Der Clan setzte sich in Bewegung, als er Flockensterns Ruf hörte. Silberkralle setzte sich, wie es sich für Zweite Anführer gehörte, unter den Felsen. Flockenstern begann zu sprechen: „Heute morgen hat Silberkralle eine Patrouille mitten ins Herz des SonnenClan-Territoriums geführt. Sie haben eine Schwachstelle gefunden, die wir uns zu Nutze machen werden." Er machte eine Pause. Der Clan hatte zu diesem Thema recht verschiedene Meinungen. Auf der linken Seite hörte sie Schneesturm aufgeregt miauen: „Wir werden es ihnen noch heimzahlen, dass sie sich gegen uns verschworen haben!", während auf der anderen Seite Eisfels überrascht murmelte: „Wir werden sie doch nicht etwa angreifen, oder? Immerhin sind wir ja eigentlich die Diebe." Insgeheim teilte Silberkralle seine Meinung. Wir würden doch genau dasselbe tun, wenn sie unsere Beute stehlen würden. Flockenstern fuhr fort:„ Wir dürfen ihnen keine Gelegenheit geben, uns zuvor zu kommen. Deshalb greifen wir sie im Morgengrauen an!" „Was?!" Silberkralle konnte sich nicht zurückhalten. Sie drehte sich zu ihrem Anführer um. „Das können wir nicht tun! Sie haben uns nichts getan! Wir sind hier doch die Diebe. Wir haben absolut kein Recht, sie einfach so zu überfallen!" Mit einem Schwanzzucken brachte er sie zum Schweigen. „Wir werden angreifen! Und ich nehme dich auch mit, Silberkralle. Ich werde selbst mitkämpfen." Er wandte sich an den Clan, sein Rückenfell war noch immer gesträubt. „Alle Krieger, die ich jetzt aufzähle, kommen mit. Schneesturm, Eisfels, Fleckenfuß, Lichtpelz, Rindenblatt, Wurzelkralle, Ahornpfote. Der Rest bleibt hier. Kräuterschweif," er wandte sich an die Heilerin, „ist Nachtschweif stark genug, um zu kämpfen?" Die Heilerin blickte die schwarze Kätzin verunsichert an. „Ich will mitkommen!", rief diese. Sie will mich und Mondkralle nicht allein lassen, dachte Silberkralle. Sie kannte ihre Freundin gut genug um zu wissen, dass sie ihr in so einer Situation zur Seite stehen würde. „Ich weiß nicht so ganz...", miaute die Heilerin. „Wenn du mir versprichst, dass du sofort zurückkommst, wenn es dir wieder schlechter geht..." „Danke, Kräuterschweif", bedankte sich Nachtschweif. „Gut", meldete sich Flockenstern zu Wort. „Mondhoch machen wir uns auf den Weg." Er schnippte mit dem Schwanz, die Versammlung war beendet.
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Die Abenteuer des EisClans: Ruf der Berge
FanfictionSilberkralle ist stolze Zweite Anführerin des EisClans, eines Katzenclans, der in den Bergen lebt. Der Clan und sie führen ein entspanntes Leben, bis plötzlich Silberkralles Welt zusammenstürzt: Ihr einziges Junges, Mondjunges, wird von Fleckenpelz...