Mondkralle sah gerade noch die letzte Schwanzspitze hinter dem Bau verschwinden, als sie den Kopf hob. Wieso hatte sich diese Katze so seltsam benommen. Wenn man einen Angriff startete, musste man doch bereit sein, auch wirklich zu kämpfen. Die Katzenschar löste sich allmählich auf. Sonnenstern erteilte Anweisungen. Das Loch musste repariert werden, damit so ein Kampf nicht noch einmal ausbrach. Fleckenpelz teilte Patrouillen ein, um sicherzugehen, dass die Eindringlinge auch wirklich das Territorium verlassen hatten. Die Sonne tauchte langsam zwischen den Bäumen auf. Überall klebte Blut und das Sonnenlicht hüllte das Lager in ein unheimliches Rot. Woher kamen diese Fremden? Welche Verschwörung hatten sie gemeint? Dabei hatte sie so eine Ahnung. Konnte das wirklich sein? Nein!, sagte sie sich. So etwas würde sie niemals tun. Oder doch? Einige Katzen aus dem Clan benahmen sich immer seltsamer. Sie gaben sich merkwürdige Zeichen, taten geheimnisvoll und redeten kaum ein Wort miteinander. Am seltsamsten benahm sich Nachtherz. Die dunkle Kriegerin verschwand andauernd und keiner wusste so recht wohin. Zwar erzählte sie dann immer, sie wäre Jagen gewesen, hatte jedoch fast noch nie Beute mitgebracht. Und Mondkralle glaubte nicht, dass die Beute zu rar war. Der Wald war voll mit allerhand Vögeln und Wühlern. Sie musste sie im Auge behalten. Ein Gefühl sagte ihr, dass die unbekannten Eindringlinge mehr wussten, als sie zugaben. Und sie würde herausfinden, was das war! „Willst du da Wurzeln schlagen?", ertönte eine Stimme hinter ihr. Eine Zunge fuhr ihr sanft übers Ohr. Es war Farnblatt, ihr Gefährte. „Nein, entschuldige. Ich hab gerade nur nachgedacht." Der dunkelgraue Kater sah sie mitfühlend an. „Das war für uns alle überraschend", miaute er. „Komm, wir müssen noch etwas Schlaf nachholen." Mondkralle folgte ihm ohne ein Wort. Sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Er würde immer zu ihr halten. Doch würde er mit ihr nach den fremden Katzen suchen? Sie hatte Angst und wollte auf keinen Fall alleine losziehen. Sie hielt an. „Was ist los?", fragte Farnblatt überrascht. „Ich muss mit dir sprechen", antwortete sie knapp und lief in die entgegengesetzte Richtung. Keiner der anderen Krieger durfte von ihrem Vorhaben erfahren. Sie schlüpfte hinter die Kinderstube. Wenigstens die hatten die Eindringlinge nicht angerührt. Es würde also hoffentlich keine Katze hier vorbeikommen. Als sie sich setzte blickte Farnblatt sie fragend an. „Ich mach's kurz", miaute sie. „Ich will diese fremden Katzen finden." „Du willst was?!", rief der Kater erschrocken. „Psst! Nicht so laut! Willst du, das der ganze Wald davon erfährt?" Farnblatt wurde verlegen. „Entschuldige. Du willst was?", miaute er nun leiser. „Ich glaube, dass diese Katzen wichtig sind. Sie wissen etwas über diese Verschwörung und ich möchte sie fragen, was." „Du glaubst denen also? Und wenn es tatsächlich stimmt, meinst du im Ernst, die erzählen dir das?" Mondkralle wurde etwas verlegen. „Wieso nicht?" „Na klar! Und Igel können fliegen. Du kennst die doch gar nicht. Wer weiß, was die mit dir anstellen, wenn du sie finden solltest." Sie wurde noch verlegener. „Heißt das, du kommst nicht mit und hilfst mir suchen?" Farnblatts Blick wurde weicher. „Das weißt du doch. Egal wie bescheuert die Idee auch ist, ich kann dich doch nicht allein lassen. Und du gehst doch sowieso, völlig gleich, was ich sage. Ich kenn dich doch." Mondkralle fiel ein Stein vom Herzen. „Ich wusste doch, dass du mitkommst!" Er stupste sie liebevoll in die Seite. „Natürlich."
Es war fast Mondhoch, als sich die Katzen aus dem Lager schlichen. Das Loch hinter dem Bau der Krieger war zum Glück noch nicht repariert worden und so konnten Farnblatt und Mondblüte unbemerkt das Lager verlassen. Sie tappten schweigend durch den Wald, bis Farnblatt am Rand des Waldes stehenblieb. „Und wohin jetzt?", fragte er, während er die Luft prüfte. „Ich weiß es nicht", entgegnete Mondkralle, doch da stellten sich auch schon die Ohren ihres Gefährten auf. „Ich rieche sie!", miaute er aufgeregt. „Komm mit!" Sie tappten auf die Grenze zu. Kurz zögerte Mondkralle noch, doch dann riss sie sich zusammen und setzte eine Pfote auf unbekanntes Gelände. In ihrem ganzen Leben hatte sie nie ihr Territorium verlassen. Das würde ganz sicherlich eine aufregende Reise werden. Sie folgten der Geruchsspur der fremden Katzen. Vor einer Felswand blieben sie schließlich stehen. „Wie sollen wir da hochkommen?", fragte Mondkralle. „Ich habe keine Ahnung! Vielleicht sollten wie lieber umkehren und einen anderen Weg su..." „Nein!", knurrte Mondblüte lauter, als sie eigentlich wollte. Etwas leiser fuhr sie fort: „Wenn wir jetzt umkehren, haben wir keine Chance, sie zu finden. Wir würden die Geruchsspur verlieren und die ganze Nacht im Dunkeln herumirren..." Sie stoppte. Ihre Stimme fing an zu zittern und sie wollte nicht, dass Farnblatt bemerkte, wie viel Angst sie hatte. „Gut", miaute ihr Gefährte schließlich. Er stellte sich vor die Felswand und stellte eine Pfote auf einen niedrigen Vorsprung. Er suchte sich den nächsten und kletterte immer weiter nach oben. Auf halber Strecke rief er Mondkralle zu: „Komm schon! Es ist nicht schwer!" Die Kätzin zitterte. Vorsichtig kletterte sie ebenfalls empor. Was ist, wenn ich plötzlich abrutsche?, fragte sie sich. Doch nach einigen Schritten merkte sie, dass es ihr leichter fiel, als gedacht. Nach einer Weile überholte sie sogar Farnblatt, der schon viel früher angefangen hatte, sich seinen Weg nach oben zu suchen. Oben angekommen setzte sie sich schließlich hin und wartete auf ihren Begleiter. *Uff!* Er schnaufte. „Ich sag doch, es geht ganz leicht! Aber wieso hast du mich überholt?" „Keine Ahnung. Vielleicht solltest du einfach nicht mehr so viel Frischbeute in dich reinstopfen", schnurrte sie. „Komm, lass uns weitergehen." Sie prüfte die Luft, um die Geruchsspur wiederzufinden. Doch der Geruch war plötzlich viel stärker als vorher. Sie sahen sich an. Offenbar hatte Farnblatt es auch erkannt. Mondkralle fing erneut an zu zittern und ihr Nackenfell stellte sich auf, als hinter ihr eine Stimme erklang. „Was habt ihr hier zu suchen?"
DU LIEST GERADE
Die Abenteuer des EisClans: Ruf der Berge
FanfictionSilberkralle ist stolze Zweite Anführerin des EisClans, eines Katzenclans, der in den Bergen lebt. Der Clan und sie führen ein entspanntes Leben, bis plötzlich Silberkralles Welt zusammenstürzt: Ihr einziges Junges, Mondjunges, wird von Fleckenpelz...