Kapitel 36 - Curiosity killed the cat

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Katy zitterte. Man könnte meinen, immer noch. Aber das stimmte nicht. Die Nervosität von vorhin war absolut nicht vergleichbar mit der übelkeiterregenden Angst, die sie jetzt gerade empfand.

Natürlich hatte sie damit gerechnet, irgendetwas zu finden. Aber doch nicht das.

Ihr Atem ging stoßweise und unter ihren Achseln bildete sich Schweiß in großen Mengen. Auf ihrer Oberlippe auch.

Mit feuchten Fingern schob sie den Autoschlüssel ins Schloss und startete den Wagen. Das leise Motorengeräusch dröhnte in ihren Ohren, während sie im Geiste ihre Arbeitsschritte durchging. Wieder und wieder.

Doch es half nichts, das Resultat änderte sich dadurch nicht.

Mit einer fahrigen Bewegung drehte sie den Knopf des Autoradios nach rechts.

„Crazy sheep let them know what you' re all about", tönten die Worte eines Songs der Band Curiosity killed the Cat aus den bescheidenen Boxen ihres Autos. Sie mochte die Band nicht, weil sie deren Namen hasste. Alle Katzen waren von Natur aus neugierig. Wie konnte man sich einen Spaß daraus machen und diesen morbiden Namen für eine Band verwenden?

„How long, how long?", fragten die neugierigen Katzenkiller aus dem Radio, während Katy verstört versuchte, die Ergebnisse ihrer Recherche zu verarbeiten.

Fachmännisch hatte sie das Gift aus den Fängen der sedierten Spinne extrahiert und die einzelnen Komponenten mittels eines Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographen separiert.

Die Wirkung auf die einzelnen Zelltypen hatte sie ebenso untersucht wie die DNA und RNA der Giftdrüsen. All das offenbarte ihr Grausiges. Allem Anschein nach
ermöglichte ein komplexes Zusammenspiel genetischer Faktoren in der DNA der Spinne die schnelle Übertragung einer tödlichen Krankheit. Demnach ging die Gefahr weniger vom Gift des Tieres aus, als von den Erregern, die durch den Biss weitergegeben wurden. Vielleicht war es auch eine Kombination aus Beidem. Bisher wusste sie aber von keinem einzigen Fall der Krankheitsübertragung durch Arachniden. Was bedeutete das also?

Katys Mund wurde trocken wie Pergamentpapier. Wo war sie da nur hineingeraten?

Ihre Entdeckung ließ nur einen Schluss zu, nämlich, dass die Tiere genmanipuliert waren. Alles was Bekanntschaft mit den Beißwerkzeugen der Spinne machte, wurde effektiv und umgehend getötet. Erschreckend kam noch hinzu, dass sich das Jagdrevier der Arachniden in die Kanalisation verlagert hatte und dadurch der Mensch in den Fokus geriet. Ausschließlich der Mensch, wenn man es genauer betrachtete. Hinter all diesen Angriffen, Todesfällen und Verbreitungsmechanismen steckte ein ausgeklügeltes System.

Als Katys Wagen langsam von dem weitläufigen Parkplatz des Universitätsgeländes rollte, verfärbte sich der Himmel bereits dunkelgrau und die Straßenlaternen gingen an.

Der unauffällig anthrazitfarbene Ford Crown Victoria, der sich ihr ab Ecke Sycamore Lane an die Fersen heftete, fiel ihr wohl deshalb nicht auf, weil er ohne Licht fuhr.

***

Zurück in ihrer behaglichen Wohnung übernahm die Vernunft Regie in Katys Kopfkino und scheuchte die Panik aus ihren Gehirnwindungen. Die eigenen vier Wände gaben ihr wenigstens die Illusion von Schutz und Sicherheit.

Ihre Hand zitterte nicht mehr, als die Telefonnummer ihres Freundes tippte.

„Ben, ich muss dich dringend sehen. Ich habe etwas herausgefunden, das dich umhauen wird und ich brauche deine Einschätzung dazu."

„Du machst es aber spannend. Ich hätte jetzt Zeit, soll ich kurz vorbeikommen? Ich könnte bei Divine Thai stoppen und was zum Snacken mitbringen"

„Ich muss mich damit noch etwas näher befassen. Wie wäre es, wenn wir uns morgen Abend im Pacific Kitchen treffen - Was war das für ein komisches Geräusch, hast du das gehört grade?"

„Nein, was meinst du? Ich habe überhaupt nichts gehört."

„Merkwürdig. Es klang wie ein Klicken. Naja, also wäre dir das recht?"

„Ja, ich könnte gegen 19:00 Uhr da sein. Und ich bin gespannt, was das für eine spektakuläre Entdeckung ist, die du da gemacht hast."

„Dazu gibt es leider keinen Grund", murmelte Katy, bevor sie das Gespräch beendete.

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