Pov. Kate: Eine Weile saß ich vollkommen regungslos auf der Couch noch. Ich verabschiedete ihn nicht einmal an der Tür, so war ich eigentlich nicht. Ich war immer höflich und zuvorkommend. Doch gerade... Ich war wie vereist, weil mir immer mehr eiskalt klarer wurde, was ich von mir preisgegeben hatte. Selbstbestimmung hat meiner Tochter und mir das Leben gerettet. Wie konnte ich bloß so unvorsichtig sein? Ich kannte ihn doch kaum und gab gefühlt das größte Geheimnis von uns frei! Was denkt er sich jetzt bloß.. Es kann mir eigentlich egal sein, was er von mir denkt. Er ist ein Anwalt, der sich, wie ich erfahren habe, auf Familienrechte nun spezialisiert hat. Ich will nicht, dass er denkt mir helfen zu müssen uns sich in unsere Angelegenheiten einmischt. Ich will ihn am Besten nie wieder zu Gesicht bekommen, aber er ist Jacobs Vater, mein Nachbar.. und etwas in mir sträubt sich mit dem Gedanken ihn meiden zu müssen. Was ist bloß los mit mir, verdammt! Leicht sauer schaute ich auf die Weinflasche, die immer noch auf meinem Couchtisch stand, als könnte sie genau sehen, dass ich ihr die Schuld für dieses Schlamassel gebe. Kindisch von mir, denn es handelt sich ja immer noch bloß um ein Objekt. Als ob es die Weinflasche auch nur im geringsten interessiert, dass ich sauer auf ihre Wirkung bin. Ich beschloss tätig zu werden und räumte die noch halb vollen Weingläser weg. Dummerweise schaltete ich das Licht nicht an, alles war im Wohnzimmer im bloßem Kaminfeuerlicht gedämmt. Ich stieß gegen die Couchkante und beide Gläser prallen auf dem Teppich auf. Das eine nahm einen Zwischenstopp an der Ecke des Couchtisches und zerklirrte, das andere landete halbwegs weich und heil im direkten Weg auf dem Teppich. Perplex blieb ich erstmals regungslos stehen. Der weiße, flauschige Teppich färbte sich an jener Stelle rot. Wenn ich mir das Scherbenmeer wegdenke, dann fing ich bei dem Anblick an zu zittern. Als wäre es einer meiner schlimmsten Albträume, ein großer roter Fleck. Mir wurde schlecht. Als ich James zurückließ.. sah es auch so aus? Er hat von mir eine Vase auf den Kopf bekommen.. von mir! War er noch am Leben oder habe ich ihn.. nein davon wäre bestimmt etwas in den Nachrichten gestanden, aufgrund seiner Anstellung und seines Geldes war er nun wirklich nicht unbekannt in der alten Stadt. Heimat kann ich das wohl kaum mehr nennen. Er lebt. Ich war mir sicher. Und er würde uns auch mit Sicherheit suchen, er schätzt seinen guten Ruf als erfolgreicher Geschäftsmann mit perfekter Familie. Niemals hätte er die Polizei gerufen. Vermutlich klappert er sämtliche Freunde und Familie ab, um zu sehen, ob ich irgendwo untergekommen bin. Nein.. nicht einmal da würde er seine Maske von perfekten Ehemann und Vater fallen lassen. Er wird uns auf eigene Faust suchen. Vermutlich bewusst lange Urlaub genommen haben, leisten kann er es sich.
Oder er ist tatsächlich tot und keiner fand ihn bisher. Es gab keinen der bei uns im Haus arbeitete, ich kümmerte mich immer um alles. Und er meldete sich so selten bei der Familie, dass ihn wahrscheinlich keiner vermisste. Aber spätestens in seiner Arbeit wäre es doch jemanden aufgefallen? Er gehört schließlich zu denen mit höheren Rang. Und wieder die Bestätigung: Er lebt und kann uns finden. Ich muss lernen mich zur wehr zu setzen. Ich muss lernen in der Lage zu sein Gracy und mich zu beschützen. Ich habe keine Zeit für Männer oder Gedanken zu irgendwelchen Männern, erst recht, wenn sie mich so unfassbar von meinen Gefühlen verwirren.
Seufzend und wieder bei halbwegs klaren Verstand, holte ich den Eimer aus der Küche und sammelte erstmals die großen Scherben auf. „So ein Mist..die waren noch neu..", nuschelte ich zu mir selbst.
Plötzlich schreckte ich zusammen, als ich ein Dumpfes Klopfen hinter mir wahrnahm. „Gott, verdammt!", mein Herz raste, als ich mich blitzschnell umdrehte. Es war ein Ast, der gegen die Fensterscheibe schlug. Draußen hat sich das Wetter verändert. Es stürmt. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte, dass ich schon länger als ich wollte wach war. In wenigen Stunden würde Gracy vermutlich schon aufwachen. Davor brauche ich selbst dringend ein paar Stunden Schlaf, um bei voller Energie zu sein für meine Tochter. Sie soll eine Kindheit haben und die muss ich ihr bieten, dafür muss ich ihr alles geben. Grad an den Wochenenden muss ich meine Zeit für sie aufopfern. Sie ist noch so unfassbar jung, ein Kind, und bekam Themen mit, die sie nie hätten beschäftigen dürfen. Ich fokussierte mich wieder auf die Scherben, als ich realisierte, dass der rote Fleck größer wurde. Aus Schreck habe ich meine Hand zur Faust gedrückt, während sich eine große Scherbe darin befand. Das Blut rinnt meiner Hand entlang tröpfelnd weiter hinunter. Vorsicht öffnete ich meine Hand und spürte erst jetzt das brennen in meiner Handfläche. Zischend entferne ich vorsichtig die Scheibe, die sich leicht in mein Fleisch schnitt. Das schmerzt. Höllisch. Gott, wieso schmerzt es so unfassbar sehr. Die blutige Scherbe landete im Mülleimer und ich richtete mich vorsichtig auf, um meine Hand im Badezimmer unter dem laufenden Wasserstrahl vorsichtig zu halten. Das Wasser das in den Abfluss lief, färbte sich ebenfalls rot. Diese Farbe gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht. Sie löst Panik in mir aus und dieses Gefühl kann ich überhaupt nicht gebrauchen. Als das Wasser klarer wurde, drehte ich den fließenden Strahl aus und schnappte mir zügig den kleinen erste Hilfe Koffer im Spiegelschrank direkt über dem Waschbecken. Er ist neu, somit fehlte es an nichts, was ich gerade gebrauchen könnte. Mit leichten Druck, verband ich meine Schnittwunde. Das wars. Die Wund war versorgt. Und das war genug Chaos für heute. Ich hatte genug und muss dringend ein wenig schlafen. Zügig, aber dieses Mal mehr bei Verstand räumte ich den Rest weg. Auf den riesengroßen Fleck aus Wein und Blut, stellte ich den Beistelltisch nun hin. Ich muss die Tage wohl gucken, wie ich den wieder gereinigt bekomme. Vielleicht muss er auch entsorgt werden, wenn es zu hartnäckig ist. Ewig wird der Beistelltisch diesen Fleck nicht ewig verstecken und ich will vermeiden, dass Gracy das sieht. Sie ist so schlau und aufmerksam, sie würde dazu Fragen stellen und ich wüsste nicht, ob ich ihr diese Fragen überhaupt beantworten kann. Fürs erste wird sie es aber nicht sehen und hoffentlich über das ganze Wochenende ebenso nicht. Ich nehme mir jetzt schon fest vor, die Zeit mit ihr außerhalb unseres Hauses zu verbringen. Sobald sie am Montag in der Schule ist, fahre ich nochmal kurz nach Hause und beseitige den Fleck. Zum Glück beginnt mein Arbeitstag jeden Montag erst in der dritten Schulstunde, somit hätte ich hoffentlich genug Zeit, diesen Fleck loszuwerden.
Jetzt machte ich mich aber erstmal auf den Weg nach oben in mein Schlafzimmer. Mit jeder Stufe merke ich, wie erschöpft ich tatsächlich schon bin. Ein kurzer Blick in Gracys Zimmer, beruhigte mich, dass sie noch schläft, erst dann ging ich in mein Zimmer. Ich machte mich bettfertig und sah während ich meine Haare durchbürste, aus dem Fenster. Ich hatte tatsächlich einen perfekten Blick auf sein Haus. Ich weiß nicht genau welches Zimmer es ist, aber unten brennte noch Licht. Und ich konnte schwören, dass ich seine Statur kurz aus der Entfernung erkennen konnte. Normalerweise sind die Schlafzimmer bei solchen Bauten oben, vielleicht ist es die Küche.. oder das Wohnzimmer. Das Licht ging aus und kein weiteres Licht ging an. Er verblieb also vermutlich in diesem Zimmer nun. Dann wohl eher das Wohnzimmer. Aber wieso schläft er dort? Ist etwas vorgefallen? Meinetwegen? Weil er hier bei mir war? Wieso mache ich mir deswegen überhaupt Gedanken oder denke daran mir die Schuld zu geben. Ich habe ihn nicht gezwungen mit mir zu kommen. Ich habe ihn nicht gezwungen hier zu bleiben und mit mir etwas zu trinken, auch wenn ich die Zeit mit ihm zusammen wirklich genossen habe.
Entschlossen lege ich die Bürste beiseite und steuere auf mein Bett zu. Ich will schlafen und keinen weiteren Gedanken mehr an ihn verlieren.Pov. Gracy: In ihrem Gesicht kitzelte es. Die Sonne schien und das direkt durch ihr Fenster. Klimpernd und gähnend machte Gracy ihre Augen auf. Sie gähnte ausgiebig und streckte sich, ehe sie sich aus dem Bett machte. In ihrem Pyjama schlenderte sie rüber ins Zimmer ihrer Mutter. Normalerweise würde sie von ihr geweckt werden, doch heute scheint Gracy die zu sein, die als erstes wach war. Kate schlief noch. Der gestrige Abend hatte sie zu sehr ausgelaugt und aufgewühlt. Das wusste Gracy jedoch nicht, da sie nicht genauer nach sah, sah sie auch nicht den Verband an ihrer Hand. Doch Gracy konnte sich denken, dass ihre Mama den Schlaf gerade dringend wohl braucht. Sie entschloss sie mit einem Frühstück zu überraschen, weswegen sie sich auf den Weg nach unten in die Küche macht. Ein Blick im Kühlschrank reichte aus, um genau das zu finden, was ihre Mama immer nutzte. Orangensaft, Speck, frische Eier. Sie wollte alles auf einmal herausholen, dabei ließ sie versehentlich die Eierpackung fallen. „Ohoh..", schnell schnappte sie sich ein Lappen und hinterließ eine schmierige Spur als sie versuchte alles zu beseitigen. „Mh.. jetzt hab ich keine Eier mehr..", sie sah sich nach einer Alternative um und entdeckte dabei die Handtasche ihrer Mutter. Sie holte ein wenig Geld heraus, sie wusste wo sie ungefähr hingehen musste, um zum Marktviertel zu kommen und neue Eier zu kaufen. Also zog sie ihre Schuhe an und ihre Jacke über den Pyjama. Die Schlüssel hatte sie vergessen, als sie sich auf den Weg nach draußen machte. Sie sah sich ein wenig um, um die Orientierung zu finden. In der Ferne sah sie die Umrisse vom anliegenden Park. Da muss sie hin, dachte sie sich. Sie sind am Park schließlich mit dem Auto vorbeigefahren, als sie das letzte Mal einkaufen waren. Was sie nicht wusste, dass dieser unschuldig aussehende Park gar nicht mal so harmlos war. Vor vielen Monaten fand da noch der Mord an den 14 Jährigen Jungen Ben Rifkin statt. Und obwohl der offiziell angegebener Mörder, laut Polizeiberichten, sich selbst das Leben nahm, so fühlte sich keiner mehr sicher alleine durch diesen Park zu gehen. Vor allem nicht, wenn er so früh noch vollkommen leer ist. Das konnte die kleine Gracy jedoch nicht wissen. Sie wollte nur ihrer Mama eine Freude machen und betrat ohne Bedenken den Park. Was sie jedoch nicht bemerkte, dass jemand sie beobachtet hatte. Und ihr langsam aber sicher zu folgen begann. Und das fast sechs Jährige Mädchen war ihrem Verfolger vollkommen ausgeliefert. Es dauerte nicht lange und man würde sehen, was die Unbekannte Person mit dem kleinen Mädchen vor hatte. Doch gerade im richtigen Zeitpunkt, schien sich wer anderes dem Szenario dazuzugesellen. „Gracy!", rief die Stimme auf und machte sich zügig auf den Weg zu ihr. Es war Jacob, der gerade auf den Weg war zu einem neueren Freund mit dem er sich für Videospiele bereits verabredet hatte. „Gracy, was machst du hier? Wo ist deine Mum?", er sah sich besorgt um. Der Verfolger war jedoch geflüchtet, als er die Stimme von Jacob wahrnahm. Aber ob er ablassen würde, nach dem er seine potentielle Beute gefunden hat? Als Jacob niemanden in der Nähe sah, blickte er wieder runter zu Gracy. „Ich wollte Mum überraschen und ein Frühstück machen.. aber die Eier sind kaputt gegangen.. ich wollte neue kaufen..", erklärte sie sich. Jacob musste leicht schmunzeln und reichte ihr seine Hand: „Dann gehe ich aber mit dir die zusammen einkaufen. Du solltest hier nicht allein rum laufen, Gracy. Das kann gefährlich sein."
Sie nickte und ergriff seine Hand. Sie vertraute Jacob. Und Jacob wollte sie unbedingt vor den Gefahren dieser Stadt schützen. Das Treffen mit seinen Freund musste er mit einer kurzen bündigen WhatsApp Nachricht absagen. Gracys sicheres Heimkommen war ihm da wichtiger, als ein paar Videospiele. So wurden es ihm beigebracht. Dass man aufeinander Acht geben muss. Und gerade auf ein kleines Kind wie Gracy muss man doch Acht geben. „Schläft deine Mum noch?", fragte Jacob sie, als sie sich auf den Weg zu den Supermärkten machten.
„Ja. Eigentlich ist sie früher wach als ich. Aber sie ist müde. Sie muss mal schlafen. Papa hat sie nie schlafen lassen.", ohne zu wissen, was für Konsequenzen es haben kann, erzählt die Kleine von ihrem Vater.
„Dein Papa? Er wohnt aber nicht bei euch?", Jacob stellte die Fragen harmlos. Schließlich war er auch bloß nur ein Kind. Ein neugieriger Teenager. Für seine 15 Jahre ist das vollkommen normal. Aber natürlich konnte er sich da noch nicht vorstellen, dass es eine dunkle Wahrheit gibt. Gracy schwieg. Sie wollte nicht über ihren Vater sprechen. Jacob schien es zu bemerken und führte sie stattdessen in den Supermark, um den gewollten kleinen Einkauf zu tätigen, ehe er sie wieder nach Hause bringen würde.———-
Video-Edit zum Kapitel:Lasst gerne ein Kommentar/Favorisierung da, um mich und meine Geschichten zu unterstützen, das würde mich sehr freuen. ❤️
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Loyalty (Andy Barber FF)
FanfictionKathrine alias Kate Pierce, eine Lehrerin, ist frisch nach Newton, Massachusetts, eingezogen. Trotz der ganzen Mordgeschichten in der Kleinstadt, erhofft sie sich dort einen Fluchtort von ihren eigenen Dämonen zu schaffen. In ihrer Nachbarschaft dir...