Love In Lies | Dazai x Sigma | (Fyodor x Nikolai)

22. Versprochen

Fyodors Sicht:

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Jetzt, wo ich auf diese Zeit zurückblicke, erscheint sie mir als nichts Weiteres als ein ferner Ruf. Ein Funke, der langsam verglüht. Ein Traum, den man schon lange zuvor geträumt hatte und dessen Erinnerungen langsam verblassen. So fühlte es sich an...

Hätte mir doch nur jemand gesagt, dass der Mann, der gerade mit einem irren, verkrampften Lachen Kugel um Kugel abfeuert, Nikolai... mein Nikolai sein würde... Was hätte ich dann wohl getan? Gelacht... Ich hätte gelacht, gelacht über diese absurde Vorstellung...

Der kleine Junge mit dem blonden Haar? Niemals... Niemals nie...

Doch... diese Vorstellung war nun pure Realität geworden. Und ich erlaubte es mir nicht, eine Sekunde verzweifelt zu sein. Denk, Fyodor, spornte ich mich an. Denk. Denk an einen Ausweg aus dem aussichtslosen. Denk an einen schier nicht existierenden Ausgang, durch den du dich und Nikolai zerren kannst. Doch... was tat ich nur, wenn er mich nicht hören... nicht sehen... nicht wahrnehmen wollte oder konnte?

Ich konnte nicht einmal mehr sagen, wie ich mich fühlte. Oder ob mein ganzer Mund immer noch nach Blei schmeckte...

Ich fühlte mich auf einmal wie aus kaltem Eis gefertigt, doch meine Gedanken rasten. Mein Herz schien, als wolle es mit jedem einzelnen Schlag einen neuen Versuch starten, meinen Körper von innen heraus aufzubrechen...

Ich konnte nicht sagen, wie lange das hier noch anhalten konnte... Irgendwann musste es schließlich aufhören. Doch... wenn es dazu kommen sollte, wird am Ende Nikolai entweder in seinem Wahn mich... vielleicht doch... umbringen...

...oder er sich selbst...

Alle Momente mit ihm zischten so schnell vor meinen Augen vorbei, dass ich sie nicht einmal genau sah... Doch ich wusste, dass sie da waren... und ich erinnerte mich an jeden einzelnen...

...Und wieder hatte ich den kleinen Jungen vor mir... Nikolai Gogol... das Haar in einem sanften Blond, das sich in nicht allzu langer Zeit fast schneeweiß färben würde... Es brach mir immer noch das Herz, wenn ich an den Moment zurückdachte, als er vor mir saß, die Augen innerlich halb tot, die Figur so mager, dass ich jedes Mal, wenn ich ihn sah, befürchtete, er könnte einfach umkippen... Und die Arme immer noch zitternd um sich geschlungen... Die ganze Zeit, in der wir von der Grenze Deutschlands und Polens wieder zurück nach Japan gereist sind, hat er nichts gesagt, nichts gegessen, nur unaufhörlich in die Leere gestarrt und gezittert.

Damals hatte ich mich nur eine Sache gefragt: ...Wie hielt der Junge das aus?... Er war noch jung... War ihm nicht langweilig? Hatte er denn keinen Hunger? Wollte er nicht mal nach draußen gucken, wie schön die Welt aussah?... Gut, damals hatte ich auch noch keine Ahnung, dass er Ukrainer war, aus dem Krieg, und gerade an der Grenze des Todes stand... Trotzdem: Zu diesem Zeitpunkt konnte ich seine Taten und Gefühle kein bisschen nachvollziehen...

Doch... nachdem er zum ersten Mal mit mir gesprochen hatte, passierte etwas in mir:

"...В основному... що робить мій дім... знищено?" '...Warst du der... der mein Zuhause zerstört hat?...'

In diesem Moment, als er diese Worte aussprach, mit seiner tränengetränkten, leisen, zittrigen Stimme... passierte irgendetwas in mir... Es war, als würde ich ihn auf einmal durch ganz andere Augen betrachten... Ich kann es nur schwer beschreiben, aber... Es war, als würde ich ihn endlich... verstehen... Oder als könnte ich zumindest nachvollziehen, wie er sich gerade fühlen musste... Das war... der allerletzte Tag, an dem ich noch geweint hatte...

Was war nur geschehen?... Wieso... verstand ich ihn nur nicht mehr?... Wieso nur... Wieso?...

Was war nur passiert... War ich... zu streng mit ihm gewesen?... Habe ich... Nikolai... zu oft als selbstverständlich betrachtet?... Konnte ich ihm so helfen?... Oder... konnte womöglich keiner das...