Unsicherheiten

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Das Kitzeln in meiner Nase weckte mich auf. Es waren Federn von Lucifers Flügeln, die immer noch um uns geschlungen waren. Ich drehte mich vorsichtig zu Lucifer um. Er sah so friedlich und wunderschön aus, wenn er schlief. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass das die Realität ist. Meine Liebe zu ihm ist niemals auch nur ein bisschen schwächer geworden über all die Jahre und jetzt ist sie stärker denn je. Lucifer öffnete langsam seine Augen und fing sofort an zu lächeln, als er mich sah. "Guten Morgen mein Süßer" sagte ich ihm während ich über seine Wange strich. Er erwiderte das 'Guten Morgen' und drückte mir einen festen, liebevollen Kuss auf die Lippen. 

Während Lucifer sich umzog, ging ich über die Schatten zu meinem Zimmer, um mich ebenfalls umzuziehen. Ich ging danach wieder zu ihm und fragte ihn, was er heute vor hat. Lucifer war Schwermütigkeit und Zweifel ins Gesicht geschrieben. "Heute werde ich Charlie endlich die Wahrheit sagen. Ich habe gestern bevor ich eingeschlafen bin und auch gerade eben viel darüber nachgedacht und sie verdient die Wahrheit." Da der Gang, in dem wir uns befanden, etwas abgelegner ist und ich sicher stellte, dass uns keiner sieht, nahm ich ihn fest in den Arm und versuchte ihm Mut zu machen. Er bedankte sich mit einem Kuss auf meine Wange und ging in Richtung Lobby. 

Etwas verloren stand ich nun alleine in dem Gang, ohne einen Plan für den Tag. Als ich mich gerade auf die Bar zu bewegte, fiel mir plötzlich Rosie ein. Mit ihr bin ich schon seit langer Zeit befreundet und mit ihr kann ich über alles reden. Entschlossen ihr von meinem neu gewonnen Glück zu erzählen, verlies ich das Hotel, um nach Cannibal Town zu gehen. Dort angekommen, trat ich in Rosies Laden ein. Als sie mich erblickte, lies sie sofort alles stehen und liegen um mich mit ihrer freundlichen Art zu begrüßen "Alastor? Alastor! Bist du es wirklich? Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen!" Nach einer kurzen Umarmung gingen wir hoch in ihre Wohnung und setzten uns ins Wohnzimmer. Ich erzählte ihr alles - von meiner Begegnung mit Lucifer auf der Erde, dem unterbewussten Liebesgeständnis, unserem Kuss bis hin zu heute Morgen. Sie hörte gespannt zu und freute sich sehr für mich, für uns. Als sie sich sicher war, dass ich alles erzählt hatte, fragte sie mich, ob wir letzte Nacht 'es' getan haben. Ich war kurz verblüfft über die Frage. "Wieso sollten wir es schon so früh tun?" fragte ich Rosie nach einer kurzen Pause. "Müsst ihr nicht, mich hat es lediglich interessiert, da ich mir nie sicher war, ob du Asexuell bist oder nicht." antwortete sie mit einem neckenden Grinsen. Ich merkte wie ich leicht rot wurde, wieso wusste ich nicht. "Ich habe schließlich noch nie mitbekommen, dass du Gefühle für irgendjemanden hast, geschweige denn dass du mit jemanden intim warst" sagte sie auf meine Frage hin, wie sie zu der Annahme kam, dass ich Asexuell sei. Wieder wurde ich rot und ich spürte eine leichte Unsicherheit in mir aufsteigen. "Nun...ich...das ist schon richtig...also, dass ich noch nie..." mehr brachte ich nicht heraus. Rosie merkte, dass mir dieses Thema unangenehm und auch ein Stück weit peinlich war, daher lies sie mich in ruhe und wir gingen zu unserem üblichen klatsch über.

Erst als ich am Hotel ankam, merkte ich, dass ich den ganzen Tag bei Rosie verbracht hatte. Den ganzen Weg über dachte ich über ihre Annahme und mein nicht vorhandenes Intimleben nach. Ob Lucifer sich nach dieser Intimität sehnt? Ob er wohl schon diesen Schritt gehen will? Bin ich dafür bereit? Was wenn ich versage und er mich dann nicht mehr liebt? All diese Gedanken haben mich nicht in Ruhe gelassen, bis ich das Hotel betrat und Charlies aufmunternde Stimme meine Gedanken unterbrach und mich begrüßte. Das Gespräch schien wohl gut gelaufen zu sein. Ich setzte mich zu den anderen an die Bar. Husk schenkte mir einen Drink ein. Ich schaute Lucifer an mit einem fragendem Blick. Dieser verstand sofort, dass mich interessierte wie das Gespräch verlaufen war und zeigte mir mit einem erleichternden Blick einen Daumen nach oben. Ich gab ihm zur Bestätigung ein leichtes Nicken. 

Während die anderen sich fröhlich unterhielten, überkamen mich wieder diese düsteren Gedanken in den Kopf. Lucifer sah, dass etwas nicht stimmte und holte mich zur Seite. Fast nicht hörbar versuchte er mit mir zu reden "Ist alles ok? Du wirkst so abwesend und das nicht auf die gute Art." Besorgnis machte sich in seinem Gesicht breit "Ist es weil wir nicht den Tag gemeinsam verbracht haben? Wir können morgen ganz viel unternehmen, was du willst." Ich winkte ab und versicherte ihm, dass ihn keinerlei Schuld trifft und ich ihm nicht böse wegen irgendetwas bin. "Es ist alles in Ordnung, wirklich. Ich war nur einfach tief in meinen Gedanken, das ist alles." Meine Unsicherheit behielt ich erstmal für mich, da dies ein längeres Gespräch in einer privaten Umgebung erfordert und ich neben bei aktuell keine Kraft habe für so ein Gespräch. Cannibal Town liegt weiter weg, als ich erwartet hatte und vorlauter Gedanken habe ich vergessen, dass ich mich über die Schatten schneller fortbewegen kann. Allerdings wusste ich, dass ich das Thema ansprechen muss. Dies würde ich auf den nächsten Tag verschieben. Wir setzten uns wieder zu den anderen und genossen den Rest des Abends. 

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