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Entscheidungen im Mondlicht

Seine Worte hallten in meinem Kopf wider, während mein Herz in einer Mischung aus Angst und Verlangen hämmerte. „Lauf weg mit mir." Wie oft hatte ich davon geträumt, der Last meiner Pflichten zu entkommen? Kael war das Versprechen von Freiheit, von einem Leben, das ganz mir gehörte – fernab von politischen Intrigen und erzwungenen Ehen.

Aber konnte ich wirklich alles hinter mir lassen? Mein Königreich, meine Familie – und Lyall?

Ich zog meine Hand aus Kaels Griff und trat einen Schritt zurück, versuchte, mich von der Intensität seines Blicks zu befreien. Doch es war, als würde mich seine Wildheit festhalten, mich umschlingen wie eine unsichtbare Macht, der ich nicht entkommen konnte.

„Kael, das ist... ich kann das nicht einfach tun", flüsterte ich und spürte, wie meine Stimme bebte. „Es ist nicht so einfach."

Seine Augen verengten sich leicht, und für einen Moment blitzte Frustration in ihnen auf. „Warum nicht? Was hält dich hier? Ein Leben, das dir aufgezwungen wird? Ein Königreich, das dich nicht so sehen kann, wie du wirklich bist?"

Ich schluckte schwer. „Es ist meine Pflicht. Ich... ich kann nicht nur an mich denken. Mein Vater, mein Volk – sie verlassen sich auf mich."

„Dein Vater." Kaels Stimme war rau vor Bitterkeit. „Er will dich an einen Fremden verkaufen, um Frieden zu erkaufen. Ist das die Zukunft, die du dir wünschst?"

Seine Worte trafen mich tief, und ich fühlte den Schmerz in meiner Brust, als ob er eine offene Wunde berührt hätte. War das wirklich meine Zukunft? Eine arrangierte Ehe mit einem Mann, den ich kaum kannte, um politische Allianzen zu schmieden? Doch gleichzeitig wusste ich, dass mein Vater nicht aus Bosheit handelte. Er wollte das Beste für das Königreich, für unser Volk. Und ich? Was wollte ich wirklich?

„Kael, ich verstehe, was du sagst", begann ich leise, während ich versuchte, meinen eigenen Gedanken klarer zu folgen. „Aber du kennst mich nicht vollständig. Ich bin nicht nur eine Prinzessin, die gerettet werden muss. Und ich kann nicht einfach alles, wofür ich erzogen wurde, über Bord werfen."

Er machte einen weiteren Schritt auf mich zu, seine Bewegungen geschmeidig und fast unheimlich im Schein des Mondlichts. „Aylin, du bist mehr als nur eine Prinzessin. Du bist stark, mutig – und du verdienst es, frei zu sein. Bei mir kannst du das."

Ich wollte ihm glauben. Seine Worte waren wie Honig, süß und verlockend. Doch tief in meinem Inneren schrie eine andere Stimme, eine, die von Vernunft sprach. „Und Lyall?", fragte ich schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

Kael erstarrte für einen Moment, als wäre er von meiner Frage überrascht. Seine Augen, die eben noch vor Leidenschaft geglüht hatten, verdunkelten sich. „Lyall versteht es nicht", sagte er schließlich. „Er will dich beschützen, ja. Aber auf seine Weise. Er wird immer dem Königreich die Treue schwören, selbst wenn es dich zerstört."

Ich senkte den Blick, fühlte mich zerrissen zwischen diesen beiden Männern, die auf so unterschiedliche Weise um mich kämpften. Kael, der das Wilde und Unkontrollierte in mir entfachte. Lyall, der immer eine beruhigende, stabile Präsenz war, aber dessen Loyalität dem Königreich galt.

„Kael, ich brauche Zeit", sagte ich schließlich und hob den Blick wieder zu ihm. „Ich kann diese Entscheidung nicht jetzt treffen."

Er sah mich einen Moment lang schweigend an, und ich spürte, wie sich die Spannung in der Luft verdichtete. Dann trat er näher, beugte sich vor und seine Stirn berührte sanft meine. „Ich gebe dir Zeit, Aylin. Aber vergiss nicht – der Wolf in mir wird nicht ewig warten können."

Mondfluch: Zwischen zwei HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt