27 - Das Problem mit dem Schlüssel

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Brendons POV

Der restliche Tag ist für mich gelaufen.

Obwohl ich mich dagegen wehre, nimmt mir Noelie mein Handy weg und ruft meinen Vater an, damit er uns aus dem Park abholt. Natürlich ist er besorgt und überhäuft mich mit viel zu vielen Fragen, aber ich bin zu schwach, um ihm zu antworten.

Die letzten Minuten haben ihre Spuren hinterlassen. Tiefe Narben, die sich durch mein ganzes Herz ziehen. Wie ein Spinnennetz.

Zuhause angekommen, schließe ich mich sofort in meinem Zimmer ein. Ich ziehe die Bettdecke über meinen Kopf und presse mein Gesicht so stark in das Kissen, dass es meine verzweifelten Schluchzer erstickt.

Tränen rinnen über meine Wangen und spielen mit meinem Verstand.

Ich war nicht bereit dazu, Rick, Murphy und Connor wiederzusehen. Ihre Worte brennen wie ätzende Säure auf meiner Haut und nisten sich wie ein Schwarm aus gefährlichen Parasiten auf meiner zerschundenen Seele ein.

Ich schreie, doch die Erinnerungen wollen einfach nicht verschwinden.

„Wer gibt sich freiwillig mit diesem Freak ab?"

„Bestimmt hat Big B ihr Geld angeboten, damit sie mit ihm durch die Stadt läuft."

„Hast du mal dieses hässliche Fleckengesicht gesehen? Der Kerl ist total ekelig und fett!"

Wie ein niemals endendes Echo hallen die Wörter durch meinen Kopf. Sie zeigen mir, dass ich ein Loser und nicht normal bin. Jemand, der es verdient hat, mit Füßen getreten zu werden.

Um ehrlich zu sein gleicht es einem Wunder, dass Noelie trotzdem zu mir gehalten und mich verteidigt hat.

Ob sie bloß Mitleid mit mir hatte? Tief in ihrem Inneren weiß sie bestimmt, dass Rick, Murphy und Connor Recht haben. Denn ja: Ich bin ein Freak, der verdammt nochmal hässlich aussieht und sich komisch verhält.

Mehrere Stunden lang suhle ich mich in meinen Tränen und meinem Schmerz. So lange, bis ich davon überzeugt bin, dass ich den Vorfall im Park verdient habe.

Erst gegen 5 PM schäle ich mich aus meiner Decke und drehe den alten, verbogenen Schlüssel im Türschloss um. Mein Schädel dröhnt, meine Augen sind von den vielen Tränen angeschwollen und mein Körper fühlt sich schlapp und müde an.

Am liebsten würde ich mich für die nächsten drei Jahrzehnte in meinem Zimmer verkriechen, aber da Noelie und ich morgen zur Schule müssen, ist das leider nicht möglich.

Ich wische mir noch einmal schnell mit dem nassen Ärmel meines Pullovers über das Gesicht, ehe ich ins Erdgeschoss hinabschleiche. Wohlbemerkt auf Wackelpuddingbeinen, die jeden Moment unter meinem Gewicht nachgeben könnten.

Wie erwartet sitzen Noelie und Logan am Wohnzimmertisch und spielen ein Spiel. Schiffe versenken. Dad hingegen hat es sich mit einem Buch auf dem Sofa bequem gemacht. Zumindest sieht es so aus, doch weil er das Buch verkehrt herum hält, weiß ich, dass er nur den Anschein wahren will, als wäre er in seinen Krimi vertieft.

Er macht sich Sorgen um mich. Mal wieder!

So, wie ich ihn kenne, wird er Noelie über den Vorfall im Park ausgequetscht haben. Hoffentlich hat sie ihm keine Namen genannt, denn ich möchte nicht noch mehr Chaos verursachen.

Rick, Murphy und Connor sind unberechenbar. Keine Ahnung, was sie tun würden, wenn ich ihnen meinen Vater auf den Hals hetze. Besser, ich finde es niemals heraus!

Obwohl ich mich wie ein Häufchen Elend fühle, mache ich nach einer Weile mit einem leisen Räuspern auf mich aufmerksam. Noch in derselben Sekunde lässt Noelie ihren weißen Spielstein fallen und Dad wirft sein Buch achtlos aufs Sofa. Auch Logan hebt neugierig seinen Kopf.

Loving you in the stormiest autumn eveningsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt