30 - Am Tisch der Auserwählten

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Noelies POV

Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, Brendon näherzukommen. Nicht nur emotional, sondern auch körperlich.

Unser Kuss hat verstärkt, was ich ohnehin schon wusste: Dass er ein besonderer Mensch für mich ist und ich ihn nie wieder missen möchte.

Es wird noch ein langer, steiniger Weg für Brendon, bis er mit seiner Vergangenheit abschließen kann und lernt, sich selbst zu lieben, aber ich werde ihn dabei begleiten – wenn er mich lässt. Schritt für Schritt. In seinem eigenen Tempo.

In dieser stürmischen und regnerischen Nacht liegen wir noch lange auf meinem Balkon. Arm in Arm. Der Regen und der Wind machen uns nichts aus. Wichtig ist nur, dass wir einander haben.

Erst als grelle Blitze über den Horizont zucken, gehen wir zurück ins Haus, um uns trockene Kleidung anzuziehen und unsere nassen Haare zu föhnen.

Die Nacht ist viel zu kurz und wir bekommen viel zu wenig Schlaf, aber am Montagmorgen wachen wir beide mit einem glücklichen Strahlen im Gesicht auf. Auch wenn wir nicht mehr über unseren Kuss gesprochen haben, spüre ich, dass unsere Verbindung intensiver geworden ist. Wir haben jetzt eine neue Ebene erreicht, die zwischen Seele und Herz verwurzelt ist.

Gemeinsam machen wir uns für die Schule fertig, frühstücken Toasts mit Käse und Speck und warten dann auf Cleo. Pünktlich um 7:10 AM kommt sie hupend in ihrem dunkelblauen Mini vorgefahren.

„Ist es wirklich okay, wenn sie mich mitnimmt? Ich möchte keine Umstände bereiten." Brendon schaut mich verunsichert aus seinen dunkelbraunen Augen an. „Ich kann auch mit meinem eigenen Auto zur Schule fahren."

„Ach Quatsch!" Ich mache eine wegwerfende Handbewegung. „Cleo liebt es, Taxi zu spielen. Du kannst dein Auto heute Nachmittag abholen." Ich schnappe mir Brendons Hand und ziehe ihn in Richtung Straße. Genauer gesagt zu dem Bordstein, der mal wieder Cleos Autoreifen zum Opfer gefallen ist.

Meine Freundin sitzt gutgelaunt hinter dem Steuer und wuschelt sich einmal durch die roten Locken. Als ihr Blick aus dem Fenster fällt, kurbelt sie die Scheibe hinunter und ruft uns ein überraschtes „Guten Morgen, ihr zwei!" entgegen.

Ihre perfekt gezupften Augenbrauen wandern in die Höhe, während sie ungläubig zwischen Brendon und mir hin und her schaut. Dass die Zahnräder unter ihrer Schädeldecke in Höchstgeschwindigkeit arbeiten, ist nicht zu übersehen.

Brendon, der neben mir hergeht, versteift sich bei Cleos Begrüßung. Mit einem Hauch Unsicherheit in der Stimme fragt er sie: „Würdest du mich auch zur Raven High mitnehmen?"

„K-Klar", stammelt sie. Sie schüttelt kurz den Kopf, um den überraschten Gesichtsausdruck zu vertreiben, ehe sie grinsend hinzufügt: „Das macht dann hundert Dollar, bitte."

„Wow. So günstig warst du ja noch nie, Taxi Cleo", erwidere ich lachend.

Während Brendon auf der Rückbank Platz nimmt – natürlich, ohne hundert Dollar abzudrücken – lasse ich mich auf den Beifahrersitz plumpsen. Ich kann meiner Freundin ansehen, dass sie verwirrt ist und mindestens tausend Fragen hat. Um sie ein bisschen zu necken, lenke ich extra von Brendon und mir ab und erkundige mich bei ihr: „Na? Wie war dein Wochenende?"

Cleo startet den Motor und fädelt sich wieder in den Straßenverkehr ein. Gleichzeitig wirft sie mir einen misstrauischen Seitenblick zu. „Vermutlich nicht so gut wie euers", antwortet sie mir.

Das lasse ich unkommentiert, denn nicht nur Gentlemen schweigen und genießen.

Auf der restlichen Fahrt unterhalten sich Cleo und ich über die anstehenden Klausuren. Zwischendurch wirft auch Brendon den ein oder anderen Kommentar ein, aber die meiste Zeit schweigt er.

Loving you in the stormiest autumn eveningsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt