28 - Volles Haus

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Noelies POV

Mein Herz springt vor lauter Anspannung beinahe aus meiner Brust, als es an der Haustür klingelt. Sofort schlittere ich in meinen pinken Kuschelsocken durch den Flur und komme außer Atem vor der Tür zum Stehen.

Ich bin aufgeregt. Und habe Angst.

Wovor?

Vor dem Aufeinandertreffen mit Brendon.

Seit wir seinen Mobbern in Kingston Valley über den Weg gelaufen sind, gleicht er einem emotionalen Wrack. Am liebsten würde ich ihn aufmuntern und trösten, doch jedes Mal, wenn ich ihn anschaue und den Schmerz in seinen Augen sehe, bleiben mir die Worte im Hals stecken.

Ich bin wütend. Sehr sogar! Natürlich nicht auf Brendon, sondern auf diese drei, ekeligen Arschlöcher, die ihm das Leben zur Hölle gemacht haben und es scheinbar immer noch tun.

Als mich Brendons Vater heute Mittag nach Namen gefragt hat, musste ich mich zusammenreißen, ihm nicht Ricks Namen wie Gift vor die Füße zu spucken. Die Jungs hätten es verdient, für ihr Verhalten angezeigt zu werden, aber da ich weiß, dass Brendon das nicht möchte, habe ich ihm zuliebe geschwiegen und behauptet, die Idioten nicht zu kennen.

Das war mit Abstand die schwierigste Lüge, die ich jemals laut ausgesprochen habe!

Der schrille Ton unserer Klingel, der erneut durch die Luft hallt, reißt mich aus meinen Gedanken in die Realität zurück. Auch wenn ich nervös bin, straffe ich meine Schultern und lege meine zitternden Finger vorsichtig um die Klinke.

Tiefe Atemzüge verlassen meine Lippen, während ich die Haustür öffne. Ganz langsam. Stück für Stück. So lange, bis Brendon zum Vorschein kommt.

Er sieht noch genauso aus wie vor einer halben Stunde, als er mich hier abgesetzt hat. Seine kastanienbraunen Haare sind zerzaust, seine Augen leicht gerötet und seine Schultern hängen bis zum Boden hinab. Noch immer ist ihm der Schmerz wie ein Kunstwerk ins Gesicht gemeißelt.

„H-Hey B-B-Brendon", stammele ich überfordert.

Einerseits möchte ich ihm nicht das Gefühl geben, ihn anders zu behandeln, aber andererseits kann ich nicht so tun, als wäre der Vorfall in Kingston Valley nie passiert. Wir müssen miteinander sprechen. Dringend!

„H-Hi." Brendon schafft es nicht, mir in die Augen zu schauen. Ich weiß, dass er sich schämt, aber dafür gibt es keinen Grund. „Danke, dass ich kommen durfte."

„Klar, gerne." Ich bemühe mich um ein Lächeln. „Dann, äh, dann hereinspaziert."

Langsam erklimmt Brendon die wenigen Treppenstufen und betritt danach den Flur. Erst zieht er seine Schuhe aus und hängt seine Jacke an die Garderobe, bevor er seinen Rucksack neben einer Kommode abstellt.

Obwohl ich mich freue, ihn wiederzusehen, steht mein Körper durchgängig unter Strom. Ich möchte Brendon helfen, mit seinen Dämonen abzuschließen, doch ich weiß nicht, wie ich das machen soll, immerhin scheint er jede Hilfe zu verweigern.

Seine Wunden sind tief und er hat sein ganzes Selbstwertgefühl verloren. Es wird vermutlich mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern, ihm zu zeigen, was für ein besonderer Mensch er ist.

Ich kann mir gerade noch rechtzeitig eine Träne aus dem Augenwinkel wischen, da kommt Brendon wieder neben mir zum Stehen. Verunsicherung und Angst dominieren seinen Blick.

Um die angespannte Atmosphäre zu durchbrechen, sage ich: „Meine Mom hat gekocht. Wenn du Hunger hast, können wir uns gerne zu den anderen in die Küche setzen."

Brendons Augen weiten sich. „Ich ... Ich möchte euch nichts wegessen", stammelt er.

„Machst du nicht!", beteuere ich sofort. „Mom kocht immer für eine halbe Fußballmannschaft. Sie freut sich, wenn möglichst viele ihr Essen probieren."

Loving you in the stormiest autumn eveningsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt