3. Kapitel

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Kapitel 3

"Sehe ich sehr schlimm aus?", fragt Jisung Yejoo, welche vorsichtig über seine Wange fährt.
Etwas was ihn heftig zusammen zucken lässt.
Sein Vater hat ihm gestern Abend mitten ins Gesicht geschlagen und das nur weil Jisung in seiner Mathe Arbeit eine zwei bekommen hatte, anstatt einer eins.
Dazu wurde er als faul, Missgeburt und unnötige Geldschleuder bezeichnet, aber hay... wenigstens hat er seine Mom ausnahmsweise in Ruhe gelassen, wahrscheinlich weil sogar er nun sieht, das sie nur noch ein reinster, wandelnder blauer Fleck ist.

"Es tut mir so leid", flüstert sie, doch winkt Jisung nur ab, schenkt ihr ein schwaches Lächeln.
"Es bringt mich ja nicht um, richtig?"

  - noch nicht jedenfalls-

"Sicher das du so zur Schule gehen möchtest? Was willst du denen denn bitte erklären?", fragt sie leise, fühlt sich richtig schlecht.
Wie kann Hajun das ihrem Sohn nur antun?
Wieso kann sie ihn nicht endlich verlassen...?
Wieso ist sie nur so feige...?
Wäre sie doch nur so stark wie Kihyun oder Jisung...
Ihre Söhne hatten dank ihr nie eine Kindheit... nicht ein bisschen, aber trotzdem ist Jisung noch hier und schenkt ihr ein Lächeln.

Wieso hasst er sie nicht?
So wie Kihyun sie hasst.
Sie versteht es nicht...
Wieso ist Jisung noch da?
Wenn sie könnte würde sie ihn aus dem Haus werfen, ihn somit in Sicherheit bringen, aber ist sie auch egoistisch...möchte Jisung bei sich behalten...
Ist das nicht krank von ihr?

"Ich muss los, Mama. Ruh dich aus.", sagt Jisung, haucht ihr einen sanften Kuss auf die Wange, eh er seine Kapuze aufsetzt, ins Gesicht zieht.
"Was wirst du ihnen sagen?"

"Mir wird schon etwas einfallen Mama, ganz bestimmt.", sagt Jisung, lächelt sie kurz an, nimmt dann seinen Rucksack und verlässt das Haus.
Lässt Yejoo allein zurück.
Aber ist Hajun zum Glück nicht da.
Wenigstens etwas.

Tief atmet er die frische Luft ein, setzt seine Kopfhörer auf, stellt die Musik an.
Die ersten Töne von "Black Eye" von Vernon ertönen, lassen Jisung etwas runter fahren.
Musik ist auch einfach eine Therapie, die jeder Mensch benutzt.

Während er so durch die Straßen läuft, immer mehr in Richtung Schule kommt, verfallen seine Gedanken an den gestrigen Tag und seine Ereignisse.

Erst spricht Changbin dauerhaft mit ihm...dann trifft er auf Minho...aber in was für einer Position?!
Er entdeckt Minho natürlich zu dem Zeitpunkt wo dieser sich einen blasen lässt.
Dabei wollte er nur allein sein...aber nein, natürlich musste so etwas passieren.

Er wollte Minho auch gar nicht begegnen...erst Recht nicht so...aber als dieser ihn angemault hat, ist er in eine Panik verfallen, die er sonst nur zuhause hat.

Er konnte es einfach nicht unterdrücken.
Alles in dieser Situation hat ihn getriggert.
Am meisten wohl das, dass Minho mitbekommen hat, das etwas nicht stimmt.
Das etwas mit ihm nicht stimmt.

Dies bereitet ihm Sorge, doch was soll er schon dagegen tun?
Minho kann nichts tun.
Vor allem nicht, seid dem sie nicht mehr miteinander reden...
Was im übrigen Jisung seine eigene Schuld ist.
Er musste die Freundschaft zu Minho aufgeben.
Entweder das oder dieser hätte irgendwann herausgefunden das Zuhause etwas gewaltig nicht stimmt.
Und das konnte er nicht riskieren. Minho war zu nah dran, zu aufmerksam. Hätte er etwas geahnt, hätte er Jisung vielleicht zur Rede gestellt.
Aber dann... was? Jisung hätte lügen müssen, hätte Minho von sich wegstoßen müssen.

"Es war besser so," redet er sich ein, auch wenn es schmerzt.
Minho konnte die Wahrheit nicht wissen, das wäre zu gefährlich gewesen – für sie beide.
Trotzdem ist da ein leiser Stich in seiner Brust, wenn er an die Zeiten zurückdenkt, als sie noch Freunde waren.
Minho hatte immer so eine Stärke ausgestrahlt, die Jisung insgeheim bewundert hatte...
Minho war einst sein Safeplace...bis es zu gefährlich wurde.
Deswegen hat er wohl auch keine Freunde.
Er hat Angst das die Wahrheit seines Lebens irgendwann ans Licht kommt.

let me down slowly (Minsung) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt