7 | Blasskehle

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»Blasskehle, Blasskehle, komm schnell!«, ertönte eine panische Stimme vor der Kinderstube. Der Blick der Heilerin wandte sich sofort zu der Ursache des Rufes, wo sie Hermelinlied entdeckte.

Diese war die Schwester von Kieselmaus und als solche die Tante von Bronzejunges und Hoppeljunges. Doch wenn man sie nicht kannte, konnte man leicht glauben, dass die weiße die Mutter der beiden war, denn sie wirkte stets besorgter als die eigentliche. Nicht, weil die Königin ihre Jungen nicht liebte, sondern weil sie von Natur aus ein gelassenes und ruhiges Gemüt hatte.

Da die Kriegerin sich im Bezug auf die beiden meist viel zu viele Sorgen machte, war Blasskehle ganz ruhig, erhob sich aber dennoch von ihrer Beute und lief schnellen Schrittes zum Eingang des Baues. Vermutlich hatte eine der beiden einen Dorn in der Pfote oder ihnen tat der Magen ein wenig weh.

Die cremefarbene lag mit beiden Vermutungen falsch. Als sie die Kinderstube betrat, lag Bronzejunges zusammengerollt am Bauch ihrer Mutter, während Hoppeljunges von einem anderen Nest ängstlich zu ihr hinüber spähte.

»Wird sie wieder gesund?«, piepste sie ängstlich. »Natürlich«, antwortete Blasskehle sofort, doch sie war mit ihren Gedanken bereits nicht mehr bei der kleinen, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem hustenden Jungen vor sich.

»Seit wann hustet sie?«, wandte die Heilerin sich an Kieselmaus, nachdem sie Hermelinlied mit Hoppeljunges nach draußen geschickt hatte. Mit ihrer Aufregung richtete diese mehr Ärger an, als das es etwas nützte und es tat dem Jungen gewiss gut, auf andere Gedanken gebracht zu werden.

»Wir haben es gerade eben erst mitbekommen.« »Gut. Ich werde ihr ein wenig Honig und Schachtelhalm geben, dann ist sie bald wieder auf den Beinen.« Die Königin nickte dankbar, woraufhin sich die Heilerin umdrehte und aus dem Bau ging, um die benannten Kräuter zu holen.

Dort sah sie, wie Hoppeljunges an ihre Tante geschmiegt dalag und das Lager im Blick behielt. Mochte Hermelinlied auch noch so anstrengend sein, wenn es um die beiden Jungen ging, so merkte man doch, wie sehr sie sie liebte. Die Kätzin würde nie eigene Junge haben, da sie sich eine Gefährtin und keinen Gefährten gesucht hatte, doch wie es schien, war sie auch mit denen ihrer Schwester glücklich.

»Würdest du bitte mit Bronzejunges eine Nacht im Heilerbau schlafen?«, fragte Blasskehle, als sie wieder zurück in der Kinderstube war. »Hermelinlied ist bestimmt bereit, sich eine Nacht um Hoppeljunges zu kümmern und ich möchte nicht, dass Algendistel sich so kurz vor der Geburt ihrer Jungen noch ansteckt.« Die Idee war der Heilerin gekommen, als sie gesehen hatte, wie vertraut die beiden beieinander lagen und es wirkte auf sie nur vernünftig.

»Hermelinlied freut sich gewiss darüber, doch bei Nebeljagd wäre ich mir da nicht so sicher«, miaute Kieselmaus mit einem amüsierten Funkeln in den Augen. »Ach, das Nest ist groß genug für zwei.«

Nachdem Blasskehle der Kätzin die Kräuter für ihr Junges gegeben hatte, verließ sie den Bau, wo sie direkt von Fernruf abgefangen wurde. »Du gehst ja morgen auf diese Mission«, setzte er an, bevor er ihr in die Augen sah.
»Stimmt.« Verwundert musterte die Heilerin sie. Er hatte klar und deutlich gehört, wie Dämmerbrand und Klippenstern dies entschieden, wieso wollte er es also nochmal bestätigt haben?
»Wenn du wieder hier bist, könntest du mich aufsuchen? Ich muss etwas mit dir besprechen.« »Natürlich.«

Es war seltsam, dass der Kater ihr jetzt schon mitteilte, dass er in ein paar Sonnenaufgängen mit ihr sprechen wollte. Wenn es wichtig war, wieso sagte der Krieger es ihr dann nicht jetzt schon? Denn scheinbar war es ja wichtig, sonst hätte er ihr jetzt noch gar nichts gesagt.

Doch da Blasskehle die Antwort dieser Frage erst herausfinden würde, wenn sie wieder zurück war, verdrängte die Kätzin das Gespräch erstmal. Damit konnte sie sich auch später noch auseinandersetzten. Nun musste sie erstmal eine Katze darüber informieren, was für Kräuter Bronzejunges bekommen sollte, falls ihr Husten schlimmer werden würde. Die Heilerin glaubte zwar nicht daran, doch Vorsicht war besser als Nachsicht.

Daher rief sie Strahlenpfote zu sich, welche so wirkte, als wüsste sie nicht, was sie mit ihrer Zeit anstellen sollte. Diese kam sofort und die cremefarbene begann, ihr etwas über Katzenminze und andere hustenlindernde Heilkräuter zu erzählen.

Dabei sah man der Schülerin deutlich an, wie langweilig sie dieses Wissen fand, dennoch beklagte sie sich nicht. Stattdessen versuchte sie, sich alles gut einzuprägen und beantwortete alle Fragen besten Gewissens. Eines Tages wird sie eine gute Kriegerin sein.

Der Clan würde trotz dieser kleinen Lehreinheit ohne einen Heiler dastehen, doch immerhin würde es den Katzen die Husten bekamen gut gehen. Das war es, was sich Blasskehle in Erinnerung rufen konnte, falls sie sich während ihrer Abwesenheit Sorgen um ihren Clan machte.

Im blassen Schein des IrrlichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt