Duskwood - Schatten der Vergangenheit

Phil.

Gegen Mittag weckte mich Phil wieder. Die kurze Nacht und das laufen hatte mich wirklich ausgelaugt. Ich muss ziemlich zerstört aussehen, denn Phil grinste mich die ganze Zeit an.

„Wasn?", nuschelte ich zu ihm und drückte mein Gesicht wieder in das weiche Kissen.

„Das Essen ist fertig, Sonnenschein."

Ich schaute wieder zu ihm und sein grinsen wurde immer breiter.

„Phil, wenn du so weiter grinst rufe ich dir gleich einen Krankenwagen. Das ist gruselig."

„Wieso? Ich finde es nur extrem süß, wie du einfach im schlaf das komplette Bett in Beschlag nimmst. Hätte ich von dir einfach nicht erwartet. Wie hält das Richy nur mit dir aus?"

„Der ist noch schlimmer.", grummelte ich ihm zu. „Wie spät ist es?"

„Es ist kurz nach 12. Los, steh jetzt auf. Das essen wird kalt."

„Ist ja gut, Papa.", augenverdrehend stand ich also auf und folgte Phil in die Küche.

Phil hatte sich echt mühe mit dem Essen gegeben. Es gab Hähnchen in einer Sahnesoße mit Brokkoli und Reis.

„Das ist wirklich lecker. Danke für das Essen.", lobte ich Phil.

„Gerne, das freut mich. Nach dem Essen kannst du dann ja ein wenig arbeiten. Gegen 16 Uhr würde ich dich dann zu Richy bringen, wenn das okay für dich ist."

„Ja klar. Ich brauch auch nicht lange. Sind nur Kleinigkeiten, die mir mein Chef geschickt hat."

Phil schaute mich skeptisch an.

„Sind wir in unserer Freundschaft schon so weit, dass ich fragen darf, was du beruflich machst? Du bist mir echt ein kleines Mysterium."

„Mhh.", ich schluckte mein Essen herunter. „Ich arbeite mit meinem besten Freund zusammen. Er ist sozusagen mein Chef. Ich habe Informatik studiert und so haben wir uns auch kennengelernt. Er ist ein Hacker."

„Wie Jake?", unterbrach er mich.

„Nein, nicht direkt. Matze macht es mittlerweile offiziell. Er wird von Firmen oder auch Privatpersonen beauftragt ihre Sicherheitslücken zu finden und zu beheben."

„Und was machst du dabei?", er schien wirklich interessiert zu sein.

„Ich manage alles. Sozusagen bin ich seine Sekretärin. Außerdem helfe ich ihm bei kleineren Sachen aus, damit er sich auf die großen Dateien konzentrieren kann."

„Du kannst also auch Hacken?", nun sah er ungläubig zu mir.

„Ein wenig.", ich grinste ihn schief an.

„Nun verstehe ich auch, warum du dich so gut mit Jake verstehst. Seine Art ist schon echt schwierig."

„Naja, wenn ich ehrlich bin, ich bin da sonst nicht viel anders wie er."

„Wie meinst du das?", Phil runzelte die Stirn.

„Ich habe nicht viele Freunde. Die, die ich meine Freunde nenne, kenne ich von meinem Studium und mit denen habe ich auch nur online Kontakt. Bevor das ganze hier angefangen hat, bin ich nicht mal freiwillig vor die Tür gegangen. Mit der einzigen Person, mit der ich mich getroffen habe, ist mein bester Freund. Er hat mich ab und zu mal ins Kino geschleppt, oder ganz selten in eine Bar. Damit ich überhaupt mal unter Leute komme."

„Das kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen, Ilka. Du..", er wusste gar nicht was er dazu sagen sollte.

„Ich weiß auch nicht was das ist. Bei euch ist es irgendwie anders. Ich genieße eure Gesellschaft. Es ist auch total untypisch, dass ich einfach in einen Zug steige..", ich suchte nach Worten. „Es ist einfach seltsam. So bin ich eigentlich nicht."

„Und die Frau mit dem roten Kleid am Freitag? Das warst wirklich du? Langsam bezweifel ich das nämlich."

Ich sah an mir herab. Auch heute nach dem duschen hatte ich mir wieder eine bequeme Jogginghose und einen weiten Kapuzenpullover angezogen. Ich musste lachen. Auch Phil fing an zu grinsen.

„Ja, dass war ich. Irgendwie. Das ist mein einziges Kleid.", ich grinste schief. „Ich wollte euch irgendwie gefallen? Das war dämlich, oder?"

Phil schaute mich lange an ohne etwas zu sagen.

„Nein, dass war es nicht, Ilka. Es ist aber dämlich zu denken, dass du in diesen Klamotten jetzt niemanden gefallen würdest. Das stimmt nämlich nicht."

Ich wurde rot. Das war mir total unangenehm, aber ich war ihm auch sehr dankbar. Mittlerweile waren wir auch mit dem Essen fertig. Ich stand also auf um die Teller wegzustellen.

„Ich muss gleich nochmal runter in die Bar um eine Lieferung einzuräumen.", kam es von Phil.

„Wie lange hast du eigentlich gestern beziehungsweise heute gearbeitet?", mir war das wirklich sehr unangenehm, dass er dann wegen mir heute so früh aufgestanden ist.

„Uhh, keine Ahnung. Eine Gruppe hat in einen Geburtstag reingefeiert. Die waren glaube bis halb 3 da. Ich lag glaube um 4 Uhr im Bett. Die Nacht war also kurz.", trotzdem grinste er mich an.

„Mach dir keinen Kopf. Das laufen tat mir auch total gut. Das können wir gerne öfters machen.", er stockte. „Also, ich hoffe zwar, dass das hier bald alles vorbei ist, aber dass wir dann trotzdem in Kontakt bleiben."

„Na klar, mich werdet ihr nicht mehr so schnell los.", ich umarmte ihn kurz. „Und nun los mit dir.", Phil drückte mich auch kurz an sich und ging zur Haustür.

Ich holte mir erstmal mein Handy, welches ich im Badezimmer liegen gelassen hatte. Immer noch keine Nachricht von Jake. Ich seufzte. Dafür hatten mir Richy und Matze geschrieben.

Matze: Habe dir zwei kleine Dateien geschickt. Schick sie mir einfach zurück, wenn du fertig bist. Morgen Mittag hab ich das Abschlussgespräch.

Ich schrieb nur ein kurzes „Okay" zurück und ging auf Richys Chat.

Richy: Ist alles okay bei dir?

Richy: Ich vertraue Phil zwar und weiß, dass er gut auf dich aufpasst, aber irgendwie ist es seltsam, wenn du nicht hier bist.

Ilka: Hey, mir geht es gut. Phil bringt mich gegen 16 Uhr zu dir in die Werkstatt.

Richy kam direkt online.

Richy: Gut. Willst du mir später noch ein wenig helfen? Vorhin hat jemand sein Auto gebracht, weil es komische Geräusche macht. Das dauert bestimmt ein wenig.

Ilka: Klar. Ich muss jetzt aber erstmal noch ein wenig meine eigene Arbeit erledigen. Freue mich aber auf später.

Richy: 😘

Ich legte mein Handy weg und machte meinen Laptop an. Matze hatte mir zwei kleine Dateien geschickt. Das würde ich mit Sicherheit schaffen, solange Phil unten in der Bar ist.

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Ich lebe noch. Irgendwie ist gerade der Wurm drin. Verzeiht.