Schattengestalt

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"Ah, Jake? Privatsphäre und so."


Das kann doch alles nicht wahr sein! Ist sie jetzt total übergeschnappt? Sie will nach Duskwood fahren? Wir wissen doch immer noch nicht, wie sie überhaupt in das alles reinpasst. Argh, das ist doch zum Haare raufen! Ich hatte sie total falsch eingeschätzt. Jetzt muss ich meine Deckung verlassen und auch nach Duskwood fahren. Ich kann sie nicht alleine dort lassen.

Neue Nachricht von Matze. Was will der denn jetzt von mir?

Matze: Spinnst du eigentlich total, dich ständig bei Ilka rein zu hacken?

Jake: Es geht nur um ihre Sicherheit.

Matze: In was für eine kranke scheiße hast du sie da verwickelt? Sie hat niemanden etwas getan.

Jake: Das ist mir bewusst. Ich weiß auch nicht, was sie für eine Rolle spielt.

Matze: Was sie für eine Rolle spielt? Sie spielt keine Rolle bei einem Mord und einer Entführung.

Jake: Ich passe auf sie auf. Ihr wird nichts geschehen.

Matze: Nymos, wenn ihr etwas geschieht, werde ich dich finden.

Jake: Du hast also herausgefunden, wer ich bin. Warum hast du es Ilka nicht erzählt?

Matze: Das bleibt mein Geheimnis. Denk an meine Worte, Jacob. Du weißt auch, wer ich bin. Ich konnte dich zwar nicht von Ilkas Handy runterschmeißen, aber du kennst meine anderen Fähigkeiten. Wenn ihr was passiert, bist du dran.

Matze ist offline.

Daran hätte ich wohl denken müssen. Natürlich wusste auch ich, wer Matze war. Er war in unserer Branche einer der besten. Mir war vorher nur nicht bekannt, dass er nicht alleine arbeitet. Es hat mich sogar sehr gewundert, als ich herausgefunden hatte, dass diese unbekannte Nummer, Ilka, mit einem der besten Hacker der Welt zusammenarbeitet.

Ich konnte mir jetzt darüber aber keine Gedanken machen. Ich musste jetzt erstmal alles einpacken und schnell nach Duskwood fahren, damit ich vor Ilka noch ankommen kann. Vorher suchte ich mir online noch schnell eine Ferienwohnung in Duskwood. Es war für heute nur noch eine Verfügbar. Mitten in der Stadt.

Als ich endlich in meinem Auto saß, schaute ich noch einmal auf mein Handy. Ilka hatte den anderen mitgeteilt, dass sie zu ihnen fährt.

Ich ging kurz online.

Jake: Ilka, das ist eine ganz dumme Idee.

Dan: Hackerman, Ilka ist erwachsen und kann das ja wohl selbst entscheiden.

Dieser hohle Idiot. Er hatte aber recht. Ich ging ohne ein weiteres Wort offline.

Im Offline-Modus las ich aber trotzdem alles mit und bekam fast einen Herzkasper. Sie wird von Richy abgeholt und übernachtet bei ihm? Das kann doch nicht wahr sein. Sogar ich Gefühlsniete hatte mitbekommen, dass der Mechaniker großes Interesse an Ilka hat.

Ich musste ihr schreiben.

Jake: Bist du jetzt eigentlich total wahnsinnig? Du willst bei dem Mechaniker übernachten?

Ilka: Jake, was soll mir bei Richy denn passieren? Ich vertraue ihm.

Jake: Ich ihm aber nicht. Wenn er dich nur einmal schief anschaut, mache ich ihn fertig.

Ich ging jetzt komplett offline. Zum Glück saß ich schon in meinem Auto. Ich drehte die Musik auf und fuhr los. Ich war innerhalb von zwei Stunden in Duskwood. Mir blieb daher genug Zeit, damit ich in die Ferienwohnung einchecken und meine Computer aufbauen konnte. Als ich fertig war, hatte ich noch eine halbe Stunde, bis Ilka ankommen würde. Ich war nervös. Sie fasziniert mich einfach total. Unsere Gespräche waren so anders. Sie hat sich bisher immer nur für mich interessiert und nicht für meine Arbeit oder was ich angestellt habe. Sie hatte auch recht gehabt. Ich habe natürlich ihr Handy durchsucht und weiß wie sie aussieht. Viele Bilder hatte Ilka nicht von sich selbst. Die haben aber definitiv schon gereicht, um sich Hals über Kopf in sie zu verlieben. Ich war so ein Idiot. Sie hat sich ohne Ankündigung in mein Herz geschlichen und die Tür hinter sich zugeschlossen. Wahrscheinlich weiß sie es auch schon längst. Eifersüchtiger als ich, konnte man ja kaum sein. Trotzdem durfte ich diese Gefühle nicht zulassen. Es war einfach zu gefährlich für sie.

Ich zog schnell meinen schwarzen Hoodie über und verließ meine vorübergehende Wohnung. Mein Weg führte direkt Richtung Bahnhof. Dort angekommen machte ich mir erstmal einen groben Überblick, wo ich mich am besten platzieren könnte, ohne direkt gesehen zu werden. Der Bahnhof war nicht groß. Es gab hier nur drei Gleise. Ilka wird an Gleis 3 ankommen. Gut für mich. Von dort konnte man direkt in die kleine Bahnhofshalle gehen und es gab einige Ecken, in denen man sich schnell verstecken konnte. Ich zog meine Kapuze tiefer ins Gesicht. Jetzt hieß es warten.

Zuerst kam der Mechaniker. Er war pünktlich. Es wundert mich, dass der Kerl keine Blumen dabei hatte. Das würde definitiv zu ihm passen. Ist aber besser für ihn. Ich weiß nicht, ob ich dann weiterhin so ruhig in meiner Ecke stehen könnte, oder ob ich ihm sonst seinen Blumenstrauß zur Vorspeise serviert hätte.

Ich muss ruhig bleiben. Ilka war noch nicht einmal da und ich würde den Kerl jetzt schon am liebsten an die nächste Wand hauen.

Weitere Minuten vergingen und der Zug fuhr ein. Ich hatte alles im Blick. Nur wenige Menschen stiegen aus dem Zug aus. Dann sah ich sie das erste Mal und mein Herz fing an zu stolpern. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr wenden. Sie fing an zu lächeln, als sie Richy sah. Das versetzte mir einen Stich. Ich konnte mich kaum noch kontrollieren, als der Mechaniker sie in eine enge Umarmung zog und sie anscheinend gar nicht mehr loslassen wollte. Blanke Eifersucht überrollte mich. Ich konnte mir das nicht mehr mit ansehen und verließ schnell mein Versteck, um mich vor dem Bahnhof zu positionieren.

Dort angekommen stellte ich mich hinter eine Gebäudeecke, kramte erstmal meine Zigaretten aus der Tasche und machte mir eine an. Ich musste jetzt runterkommen.

Sekunden später kamen die beiden aus dem Bahnhof und ich ging noch einen Schritt weiter hinter das Gebäude.

Richy hatte seinen Arm um Ilkas Schulter gelegt und führte sie zu seinem Auto. Am liebsten wäre ich sofort zu ihnen gerannt und hätte dem Mechaniker seinen Arm von ihrer Schulter geschlagen. In dem Moment nahm er sie aber schon selber weg, als Ilka etwas zu ihm sagte. Sie kramte in ihrer Tasche rum und zog ihr Handy raus und tippte etwas. Danach steckte sie es wieder zurück und nahm lächelnd eine Zigarette von Richy an. Der Mechaniker lehnte lässig an seinem Auto und sie unterhielten sich. Von meiner Position aus konnte ich aber nichts hören. Ich unterdrückte das Verlangen, den Lautsprecher von Ilkas Handy anzustellen, damit ich mithören könnte.

Stattdessen schaute ich aber nach, wem Ilka geschrieben hat. Matze. Hätte ich mir auch denken können.

Sie stiegen beide in das Auto und fuhren los. Ich schaltete Ilkas GPS an, damit ich sie tracken kann und ging wieder Richtung Stadt.

Duskwood - Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt