Brainstorming

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„Was wisst ihr von Jennifer?", fragte ich in die Runde.

„Jennifer wurde vor circa 10 Jahren hier in Duskwood tot aufgefunden. Anscheinend wurde sie ermordet.", sagte Cleo.

„Einen Täter haben sie aber nie gefunden.", steuerte Phil dazu.

„Zu der Zeit hatte ich gerade in der Aurora angefangen. Michael war mein Chef gewesen. Er kam nie mit dem Verlust seiner Tochter zurecht. Er hat mit mir aber nie darüber gesprochen. Je mehr Zeit verging, je mehr hat er getrunken. Vor 3 Jahren hat er mir ohne Vorankündigung die Aurora überschrieben. Ein paar Tage später hat man seine Leiche gefunden."

„Seine Leiche?", fragte ich erschrocken.

„Er hat Selbstmord begangen. Michael kam damit einfach nicht zurecht."

„Könnte Hannah was mit Jennifers Ermordung zu tun haben?"

„Sie war zu dem Zeitpunkt erst 14.", sagten Lilly und Thomas zeitgleich zu mir.

„Okay, ich verstehe. Trotzdem kann es möglich sein."

Ich schaute alle nacheinander an. Irgendwas passte noch nicht so genau. Hannah hatte definitiv was mit dem Fall von vor 10 Jahren zu tun.

„Gibt es noch etwas zu besprechen?", fragte ich stattdessen.

„Die Polizei ist sehr an Ilka interessiert. Sie hat heute eine Nachricht von Alan Bloomgate bekommen, das sie sich bis morgen auf dem Polizeirevier einfinden soll.", meldete sich das erste mal Jake zu Wort.

„Was wollen sie von dir?", wollte Dan wissen.

„Wir gehen davon aus, dass sie sich neue Informationen von Ilka erhoffen. Ausserdem habe ich den Verdacht, das sie Ilka aus dem Verkehr ziehen wollen, damit sie nicht weiter ermittelt."

„Das lasse ich nicht zu. Es reicht, dass sie mich für ein paar Tage ohne Grund ins Gefängnis gesteckt haben.", sagte Phil.

„Woher hat er überhaupt deine Nummer?"

„Das wissen wir noch nicht, Richy. Aber was wir jetzt wissen, dass nicht nur der Mann ohne Gesicht hinter Ilka her ist, sondern auch noch die Polizei. Wir müssen also doppelt vorsichtig sein.", sagte Jake.

„Und was bedeutet das jetzt für uns?", stellte Lilly die Frage, die anscheinend alle interessierte.

„Ich gehe davon aus, dass sie nicht wissen wie Ilka aussieht. Das verschafft uns ein wenig Zeit. In der Zwischenzeit versuche ich mehr darüber herauszufinden."

„Ich habe auch noch ein weiteres Bild zugeschickt bekommen. Das sollte ich vielleicht erwähnen.", sagte ich in die Runde.

„Oh nein, Ilka. Wie schrecklich. Was war es diesmal?", Jessy sah man ihre Bestürzung merklich an.

Ich schluckte und sah Richy an. Dieser nahm unter dem Tisch meine Hand und fuhr mir beruhigend mit seinem Daumen über diese.

„Ein Bild von Ilka und mir in der Werkstatt. Er droht mich als nächstes zu holen."

Alle waren in ihren Gedanken versunken, bis ich mich kleinlaut zu Wort meldete.

„Okay, ich glaube das war erstmal alles.", ich kaute auf meiner Unterlippe rum.

„Ich weiß, dass ist jetzt vielleicht nicht der passende Zeitpunkt um das zu fragen, aber wäre es möglich, dass ich morgen früh mit jemanden joggen könnte? Ich muss meinen Kopf mal frei bekommen und ich darf ja nicht alleine los."

„Nein. Definitiv nein, Ilka.", sagte Jake sofort. Auch Lilly, Cleo, Dan und Thomas schauten mich groß an.

„Ich würde mit dir gehen.", schlug Phil vor. Ich sah ihn dankbar an.

„Was verstehst du an einem nein nicht? Es ist zu gefährlich für sie."

„Was ich nicht daran verstehe? Schau dir Ilka doch mal an. Sie steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Wenn es ihr hilft zu laufen, laufe ich natürlich mit ihr. Aber das kannst du anscheinend nicht verstehen. Du sitzt nur vor deinen Computern und siehst nicht, was hier eigentlich vor sich geht."

„STOPP! Es reicht! Es reicht!", ich stand ruckartig auf. Mein Stuhl fiel nach hinten um. Richy hatte immer noch seine Hand in meiner. Alle starrten mich an. Schon wieder. Ich hielt das alles nicht mehr aus, lies Richys Hand los und flüchtete aus dem Raum.

Ich wusste nicht wohin ich überhaupt flüchten wollte. Einfach nur raus aus diesem Raum. Weg von diesen stechenden Blicken. Ich stand kurz vor einer Panikattacke. Also raus aus diesem Gebäude. Einfach nur raus.

Langsam wurde es wieder klar um mich herum. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich auf eine Bank gesetzt hatte. Neben mir saß Jessy. Sie hielt meine Hand und schaute auf den Marktplatz vor uns.

„Sorry..", wollte ich anfangen zu sprechen.

„Hör auf dich zu entschuldigen. Dafür gibt es keinen Grund. Jemand anderes sollte sich lieber bei dir entschuldigen.", sie sah mich kurz an und schaute wieder Richtung Marktplatz.

„Aber.."

„Kein aber. Jake verhält sich falsch. Er darf nicht so über dich bestimmen. Es ist dein gutes Recht mal raus zu wollen. Seit gestern hast du mehrere Drohungen bekommen. Es ist normal, dass das nicht einfach so an dir vorbei geht. Dieser Idiot hat Richy bedroht, der dir anscheinend sehr wichtig ist. Ilka, du bist zu uns gekommen um uns zu helfen und bist jetzt zur Zielscheibe geworden. Das wollte keiner von uns. Glaub uns das bitte."

„Das ist mir bewusst, Jessy."

„Mach dir keine Sorgen. Als ich dir eben hinterher gelaufen bin, hab ich noch mitbekommen, dass Phil und Richy sehr lautstark deinen Laptop angebrüllt haben. So hab ich die beiden noch nie erlebt. Puh, die beiden mögen dich wirklich sehr."

„Wir sind nur Freunde.", versuchte ich die Situation irgendwie zu retten.

„Es ist das erste Mal, dass ich erlebe, das Phil sich mit einer Frau anfreundet. Ansonsten ging es immer nur um das eine. Bei dir scheint es aber ganz anders zu sein. So habe ich ihn noch nie erlebt. Am Freitag, als er bei uns saß und du dich mit ihm so lange unterhalten hast, da war er einfach er selbst. Das ist er noch nicht mal bei mir."

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.

„Zeigst du mir bitte die Bilder und die Nachrichten? Vielleicht ergibt das für mich dann alles ein wenig mehr Sinn."

Ich sah Jessy Stirnrunzelnd an. Zeigte ihr aber den Chatverlauf vom Mann ohne Gesicht.

Sie wirkte nachdenklich, schaute mich dann aber grinsend an.

„Nur Freunde also? Ich habe es mir zwar schon gedacht, am Freitag in der Bar, eben das Händchen halten, aber du und Richy? Kein Wunder, dass Jake so am abdrehen ist."

„Wir sind nur Freunde, Jessy.", sie schaute mich nicht gerade überzeugt an.

„Und Jake will mich nur beschützen."

Jessy konnte nichts mehr darüber sagen, denn plötzlich standen die anderen vor uns.

„Hey, ist alles in Ordnung bei dir?", Phil stellte mir die Frage.

„Ja, ja, alles in Ordnung.", es hörte sich nicht gerade glaubhaft an.

„Ich hab deine Sachen, Ilka. Lass uns gehen.", Richy reichte mir seine Hand, die ich ergriff und stand auf. Alle starrten uns wieder an. Nur Phil lächelte wissend und schüttelte ganz leicht seinen Kopf.

„Ehm, okay. Ja. Eh. Würdet ihr noch ein paar Flyer für die Suche am Mittwoch aufhängen?", stotterte Cleo und reichte uns ein kleines Bündel.

„Klar. Ich hänge morgen auch noch welche in der Werkstatt auf. Adios.", ohne das ich mich richtig verabschieden konnte, hatte mich Richy schon hinter sich hergezogen.

„Bist du sauer?"

„Nicht auf dich. Sorry. Lass uns schnell ein paar Flyer aufhängen und dann reden wir zu Hause. Ist das okay?", ich nickte ihm zu und half ihm beim aufhängen der Zettel.



Happy Birthday to me.

Duskwood - Schatten der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt