Finns Sicht
"Finn! Dein Handy klingelt!", murrt meine Frau neben mir und rüttelt kräftig an meiner Schulter. "Warum?", will ich im Halbschlaf wissen und ziehe meine Decke etwas enger um meinen Körper. Gerade bin ich weniger gewillt, mich aus dem Bett scheuchen zu lassen. "Keine Ahnung. Vielleicht, weil du Gynäkologe bist und eine Menge schwangere Frauen betreust, die irgendwann auch mal die Kinder gebären und bei besonderen Vorkommnissen ihren Arzt des Vertrauens anrufen. Ist aber nur so eine Idee", murmelt Denise leicht genervt und zupft an meiner Decke. "Warum bist du überhaupt so redefreudig? Ist es schon so spät?" "Es ist mitten in der Nacht, Schatz. Wenn aber dein Handy mindestens fünf Minuten lang das Gebrüll von ACDC wiedergibt, kann ich bei Gott nicht mehr schlafen. Jetzt geh bitte endlich an dein Handy ran!"
Seufzend rolle ich mich auf die rechte Seite und schnappe mir mein Smartphone, das, wie ich feststellen muss, viel zu laut ist.Wie konntest du das denn nur überhören?
Mit meinen müden Augen kann ich auf dem Display gar nichts erkennen und nehme daher unwissend, wer da am anderen Ende der Leitung hängt, das Gespräch an.
Ich: "Gröhlich!"
Phil: "Hi, Finn. Sorry, dass ich dich aus dem Bett klingele, aber wir haben hier ein kleines Problem!"In meinem Kopf rattert es kurz und ich versuche, dieses männliche Wesen einer Frau zuzuordnen. Zum Glück setzen sich die Teilchen ganz schnell zusammen und mir ist bewusst, dass es gar nicht so schlimm sein kann, denn Phils Frau hat ihr Kind schon entbunden. Deshalb rolle ich mich auch wieder auf die linke Seite und schließe während dem Gespräch meine Augen.
Ich: "Dann schieß mal los. Womit kann ich dir behilflich sein?"
Phil: "Es geht um Josi. Sie ist gestürzt und..."
Ich: "Was?"Auf einen Schlag bin ich hellwach. Ein Sturz während der Schwangerschaft kann gravierende Folgen haben und wenn ich daran denke, dass Alex' Frau eh in die Kategorie Risiko Schwangerschaft fällt, dann ist gleich nochmal etwas mehr Vorsicht geboten.
Phil: "Sie ist gefallen, als sie ihre Tochter vor dem Zusammenstoß mit einem Auto gerettet hat. Wir sind natürlich sofort in die Klinik gefahren, um sie durchchecken zu lassen. Das Problem ist jetzt aber, dass dieser Kollege irgendetwas von Schwangerschaftsdiabetes, einem zu kleinen oder einem zu großen Zwilling und..."
Ich: "Sag mir bitte, dass du mich verarschen willst!"
Phil: "Nein, leider nicht."Verärgert reiße ich die Decke von meinem Körper und mache mich auf den Weg ins Badezimmer.
Ich: "Was hat der Kollege zwecks dem Sturz gesagt? Hat Josi Blutungen, Bauchschmerzen oder sonstige Probleme?"
Phil: "Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Josi hat ihn aus ihrem Körper verbannt und sich aus dem Staub gemacht, weil er recht unverschämt war."
Ich: "Herrgott, so ein Arschloch. Warum kann er sich denn nicht gleich aufs Wesentliche konzentrieren? Ist Josi über alle Berge oder noch anwesend?"
Phil: "Sie ist noch hier, da sie sich um die Zwillinge Sorgen macht und natürlich wissen will, was mit den beiden ist. Aber von Dr. Marten lässt sie sich nicht mehr behandeln!"
Ich: "Gerald also... Passt. Sie soll sich bitte beruhigen und sich keine Gedanken über die Aussagen dieses... ähm.. Kollegen machen. Ich bin auf dem Weg! Bis gleich!"Ohne eine Antwort abzuwarten, beende ich das Gespräch und greife nach meiner Jeanshose, die über dem Badewannenrand liegt. "Was ist passiert, Finn? Musst du weg?", ruft meine Frau neugierig. "Ja. Der Freund eines Freundes hat wegen der Frau des Freundes...", ich halte kurz inne und schüttle meinen Kopf über mich selbst. Solch eine wirre Aussage bringe ich nur selten zustande und bin mir sicher, dass das an meinem Schlafmangel liegt, der mich schon die ganze Woche begleitet. Völlig unerwartet erscheint meine Frau im Türrahmen und grinst mich mit astreiner Sturmfrisur an: "Ich mache dir schnell einen Kaffee. Wenn du in diesem Stil deine Diagnosen erklärst, dann liefern sie dich womöglich noch in die Klapse ein!" Ich muss unweigerlich grinsen, während mich ein warmes Gefühl umhüllt. Jede andere Frau wäre mir sicherlich schon davongelaufen, weil ich meine Patientinnen für gewöhnlich an erste Stelle setze. Doch nicht meine Denise. Sie steht sogar mitten in der Nacht auf, um mir einen Kaffee zu machen, damit ich einigermaßen klar denken kann.
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Einzelkämpfer Teil 3
FanficNach dem Umzug auf den Bauernhof stehen viele neue Aufgaben an, die bewältigt werden wollen. Nicht nur bei den Hetkamps, die sich auf die Ankuft der zwei neuen Familienmitglieder vorbereiten, sondern auch bei Phil und Susi, die ihre Hochzeitsplanung...