Im Zeitlupentempo bewege ich mich aus dem Raum. Ich habe mir tatsächlich vorgenommen, über meinen Schatten zu springen und mich von diesem Arschloch von Arzt untersuchen zu lassen. Wenn ich jetzt flüchten würde und im Nachhinein doch irgendwas mit den Jungs sein sollte, könnte ich mir das nie verzeihen. Von dem Einlauf, den ich von allen Seiten bekommen würde, wollen wir erst gar nicht anfangen.
Obwohl es bis zum Aufzug nur ein paar Schritte sind, brauche ich gefühlt eine halbe Ewigkeit, bis ich ihn erreiche. Bevor ich das Knöpfchen drücke, schaue ich mich nochmal in aller Ruhe um und halte Ausschau nach rot/neongelber Kleidung. Langsam denke ich mir, dass Karma eher mich trifft als Oli und bin mir sicher, dass Alex erst hier eintreffen wird, wenn Dr. Marten seine Untersuchung vollzogen hat.
Gerade als ich mich den metallenen Türen zuwenden will, sehe ich zwei Personen in Retter-Uniform die Empfangshalle betreten. Mein Herz schlägt sofort höher und ist bereit, eine Party zu feiern, da ich denke, dass mein Mann es doch noch geschafft hat. Meine Füße setzen sich ganz automatisch in Bewegung und werden Schritt für Schritt schneller. Am liebsten würde ich Herrn Hetkamps Namen durch die komplette Halle schreien, aber ich schaffe es gerade noch so, diesen Drang zu unterdrücken. Je näher ich dem Kerl komme, auf dessen Rückseite der Jacke die Berufsbezeichnung verewigt wurde, desto langsamer werde ich wieder. Wenn mich nicht alles täuscht, kann das nämlich gar nicht Alex sein, außer, er ist in den letzten Stunden größer und breiter geworden. Mit einem genervten Schnauben bremse ich einige Schritte vor meinem geglaubten Ehemann ab und muss mich dann doch eher beherrschen, vor lauter Enttäuschung nicht lauthals los zu brüllen. Genau in diesem Moment drehen sich Markus und Florian um und schenken mir ein überraschtes Lächeln. "Josi? Was machst du denn hier?", will Markus wissen und scannt mich sofort mit seinen Blicken ab. "Was für eine Frage. Meine zweite Heimat besuchen, was denn sonst. Wo ist Alex?" Dass ich dem Herrn meine Worte so patzig vor den Latz knalle, ist keine Absicht, aber es nervt mich dann doch sehr, dass Herr Baur und nicht Herr Hetkamp hier steht. "Der steckt schon seit einer Ewigkeit in einem Einsatz fest. Sein Handy liegt auf der Wache, da der Akku leer war und er es ans Ladekabel gehängt hat", erklärt Markus und raubt mir somit den letzten Funken Hoffnung, dass mein Gatte noch rechtzeitig als Unterstützung hier eintreffen wird.
Meine Schultern sacken gleichzeitig mit dem Eintreffen der Erkenntnis Richtung Boden ab. Niedergeschlagen wende ich mich von den beiden Männern ab und will mich schon alleine auf den Weg zu dem unsensiblen Höhlenforscher machen, da hält mich Markus mit seiner Hand am Oberarm fest und zwingt mich somit, stehen zu bleiben. "Was ist denn los? Ist was mit den Babys?", will er wissen. Ich zucke mit den Schultern, da ich es ja wirklich nicht weiß und keine Lust auf Konversation habe. Der Notarzt zieht mich mit einem festen Ruck in seine Arme und streicht mir ein paar Mal mit seiner Handfläche über den Rücken. "Was ist denn passiert und bist du ganz alleine hier?" Ich seufze kurz auf und lasse meinen Kopf gegen Herrn Baurs Schlüsselbein fallen. Auch wenn wir kein enges Verhältnis zueinander haben, brauche ich die kleine Kuscheleinheit, um wieder einigermaßen auf Kurs zu kommen. "Ich bin gestürzt und muss jetzt nachschauen lassen, ob mit den Babys alles in Ordnung ist. Der Gynäkologe ist aber nicht unbedingt mein Freund und ich hätte Alex einfach gerne an meiner Seite gehabt. Nein, ich bin nicht alleine da, aber Phil muss sich um Tom kümmern. Dem geht es schlechter als mir", rattere ich die Tatsachen herunter und sorge dafür, dass der Notarzt schwer aufatmet. "Soll ich jemanden für dich anrufen? Deine Eltern oder Alex' Eltern?" Der Gedanke ist wirklich lieb, aber abgesehen davon, dass die alle noch schlafen oder sich vielleicht auch schon um Malea und Aaron kümmern, möchte ich nicht unbedingt meinen Vater oder Schwiegervater neben mir stehen haben, wenn der Frauenarzt in meinem Unterleib herum wühlt. "Ne, passt schon. Aber danke für das Angebot. Ich wüsste nicht einmal die Handy- oder Telefonnummern auswendig!", nuschele ich in die Notarztjacke und löse mich langsam aus der Umarmung, da Dr. Marten auf mich wartet und ich seine Laune nicht überstrapazieren möchte.
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Einzelkämpfer Teil 3
أدب الهواةNach dem Umzug auf den Bauernhof stehen viele neue Aufgaben an, die bewältigt werden wollen. Nicht nur bei den Hetkamps, die sich auf die Ankuft der zwei neuen Familienmitglieder vorbereiten, sondern auch bei Phil und Susi, die ihre Hochzeitsplanung...