Zwei Arten des Aufeinandertreffen (8)

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Immer noch Alex' Sicht

Josis Zittern hat trotz meiner Jacke und den Backofen ähnlichen Temperaturen in Finns Auto nicht nachgelassen. Ich bin mir sicher, dass die Müdigkeit eine ganz große Rolle spielt, werde aber zusätzlich ihren Blutzucker kontrollieren lassen, da sie in dieser Hinsicht ja immer gerne das große Los zieht. Ich bin froh, dass sie sich während der Fahrt zur Wache einigermaßen wach halten kann, denn ich bin selbst so platt, dass ich nicht die Kraft dazu hätte, sie die ganze Zeit von einem Nickerchen abzuhalten.

Im Aufenthaltsraum angekommen, treffen das fast schlafende weibliche Wesen an meiner Seite und ich auf Phil, Jacky, Franco, Nick und Florian. "Morgen!", begrüße ich die Bande, während Josi nur die Hand zum Gruße erhebt. Auch wenn wir etwas irritiert beäugt werden, grüßen alle freundlich zurück. Herr Funke springt sofort von seinem Stuhl auf und kommt uns entgegen gelaufen: "Wie sieht's aus? Alles in Ordnung?" "Ja, alles gut. Sie soll sich heute auf alle Fälle schonen und es langsam angehen lassen, aber es ist alles im grünen Bereich!", informiere ich meinen Kumpel und gähne herzhaft auf. "Ihr gehört beide ins Bett. Was macht ihr denn hier?", will Phil wissen und mustert jetzt mit zusammengezogenen Augenbrauen meine Frau, deren Zittern man nicht mehr ignorieren kann. "Umziehen und Auto holen! Hast du vielleicht einen Moment Zeit und würdest bei Josi schnell den BZ Wert überprüfen?" "Hätte ich so oder so gemacht. Geh dich umziehen. Ich mache das schon!" Phil legt einen Arm um Josi und führt sie langsam zu dem Sofa an der gegenüberliegenden Wand, worauf ich mich umdrehe und den Weg zu den Umkleiden einschlage.

Vor meinem Spind angekommen, schließe ich kurz meine Augen und lehne meine Stirn gegen das kühle Metall. "Was für ein Morgen", nuschele ich vor mich hin und atme einmal tief ein, um die Luft anschließend wieder geräuschvoll aus meinem Körper zu entlassen. Am liebsten würde ich jetzt genau so stehen bleiben und eine Runde schlafen. Die Aufregung hat mir doch ganz schön zugesetzt, was mir in diesem Moment erst so richtig bewusst wird.

Meine Ohren vernehmen das Geräusch der sich öffnenden Türe. Obwohl ich mich aus dieser Haltung gerne befreien würde, fühle ich mich fast wie gelähmt und verharre so lange in dieser Position, bis sich eine Hand auf meiner Schulter ablegt und mich eine unbekannte Stimme anspricht: "Kann ich irgendwie helfen?" "Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir nicht mehr zu helfen", gebe ich unbedacht von mir und überlege, wer diese Person sein könnte. "Es gibt immer eine Möglichkeit!" Nach dieser Aussage kommt mir in den Sinn, dass das der neue Kollege sein müsste und ich ihm nicht gerade den besten ersten Eindruck vermittle. Ich richte mich wieder auf, öffne meine Sehorgane und schaue in blaue Augen, die mich genau mustern. "Sie müssen der neue Kollege sein... Entschuldigung, aber ich hatte einen sehr anstrengenden Morgen und habe keinen Tropfen Koffein in mir. Das ist eine absolut vernichtende Mischung!" In Sekundenschnelle erhellt sich die Miene meines Gegenüber, bevor er mir seine Hand zur Begrüßung entgegenstreckt: "Absolut nachvollziehbar! Ich bin Linus Hoffmann und seit heute ein Teil des Teams." "Alexander Hetkamp. Kurz, Alex. Dann danke fürs Einspringen!" Kaum habe ich meinen Namen genannt, sieht der Kollege so aus, als wenn ihm ein Licht aufgehen würde. Warum das so ist, kann ich nicht nachvollziehen und gerade im Moment habe ich auch keine Lust, der Sache auf den Grund zu gehen. "Gar kein Problem. Wir können uns übrigens gerne duzen." "Klar, gerne. Ich bin nur ein bisschen durch den Wind. Sorry. Ich werde mich jetzt umziehen, meine Frau schnappen und dann nach Hause fahren. Ich muss dringend schlafen!" "Ist deine Frau auch hier?" "Ja, im Aufenthaltsraum. Warum?" Mir erschließt sich nicht so ganz, warum er sich nach Josi erkundigt. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich total gaga im Kopf bin. "Geht es ihr wieder gut? Ich habe sie im Wartebereich der KaS mehr oder weniger kennengelernt und sie hat mir einen recht verwirrten Eindruck gemacht!", gibt er besorgt von sich und bringt wenigstens in dieser Hinsicht Licht ins Dunkel. Ich lache leise vor mich hin und schüttle meinen Kopf. Eigentlich sollte ich ihn jetzt über die Persönlichkeit meiner Frau aufklären und dass man ihre Aussagen nicht immer auf die Goldwaage legen darf. Aber das werde ich auf unser nächstes Zusammentreffen verschieben, denn jetzt will ich wirklich nur noch so schnell wie möglich nach Hause. "Die Aufregung so früh am Morgen hat ihr nicht gut getan und sie ist ebenfalls sehr müde. Das wird schon wieder werden", versichere ich ihm, doch Linus scheint mir nicht so ganz glauben zu wollen, denn er sieht so aus, als wenn er mir am liebsten noch einen ganzen Vortrag halten würde. Damit ich heute noch irgendwann nach Hause komme, fange ich an, mich auszuziehen.

Einzelkämpfer Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt