Der Sturm war vergangen, doch die Luft war noch immer geladen, als ob die Natur selbst die Verbindung zwischen Akira und Raiku spürte und nicht entscheiden konnte, ob sie diese segnen oder verfluchen sollte. Der Grenzstein, der Ort ihrer verbotenen Treffen, war an diesem Abend ruhig, in einen silbrigen Nebel gehüllt. Doch die Ruhe trug eine Last, eine Anspannung, die Akira tief in ihrer Brust spürte.
Raiku trat aus den Schatten, lautlos wie immer. Seine Augen, tief wie die Nacht, fixierten sie mit einer Intensität, die Akira den Atem raubte. Doch diesmal war da etwas anderes – eine Dunkelheit, die über den üblichen Schatten lag.
„Sie wissen von uns," sagte Raiku leise, und die Worte schnitten durch die Stille wie ein Dolch.
Akira spürte, wie ihr Herz schneller schlug. „Wer? Wer weiß von uns?"
„Die Ältesten meines Rudels," antwortete er. „Und sie haben Kundschafter ausgesandt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dich entdecken. Und die Oni werden nicht zögern, ihre Krieger zu entsenden, wenn sie glauben, dass du einen Schattenwolf verraten hast."
„Ich habe niemanden verraten!" fauchte Akira, ihre Stimme zitterte vor Wut und Verzweiflung. „Unsere Verbindung ist kein Verrat! Sie... sie verstehen es einfach nicht."
Raiku trat näher, so nah, dass Akira die Wärme seiner Präsenz spüren konnte, obwohl seine Natur kühl und von Schatten durchzogen war. „Sie werden es nie verstehen," sagte er leise. „Unsere Liebe ist gegen alles, wofür ihre Welten stehen."
Akira schloss die Augen, als Tränen des Zorns und der Frustration hinter ihren Lidern brannten. „Warum? Warum kämpfen sie so sehr gegen das, was wir fühlen?"
Raikus Hand hob sich zögerlich, und zum ersten Mal berührte er ihr Gesicht, ließ seine Krallen sanft über ihre Wange gleiten. „Weil sie Angst haben. Angst vor dem, was passiert, wenn Feuer und Schatten eins werden."
Ein gefährliches Geständnis
In dieser Nacht wagten sie, mehr als nur Worte zu teilen. Akira und Raiku blieben bis zum ersten Licht zusammen, erzählten sich von ihren Träumen, von den Kämpfen, die sie in ihren Welten geführt hatten, und von den Wunden, die nie zu heilen schienen. Raiku offenbarte, dass er einst der Anführer seines Rudels gewesen war, bevor er aus Gründen, die er nicht nennen wollte, in Ungnade fiel. Akira gestand, dass sie immer gegen die strengen Erwartungen ihres Clans rebelliert hatte, oft am Rande der Verbannung.
„Vielleicht sind wir beide Außenseiter," sagte sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Vielleicht sind Außenseiter diejenigen, die die Wahrheit sehen," erwiderte Raiku.
Doch in ihrem Herzen wusste Akira, dass die Wahrheit sie nicht retten würde.
Der Schwur unter den Sternen
Als die Morgendämmerung den Nebel auflöste, trafen sich ihre Blicke, und Akira fühlte, dass dies mehr als nur ein Treffen war. Es war ein Moment der Entscheidung.
„Wir können nicht ewig so weitermachen," sagte Raiku. „Sie werden uns jagen. Früher oder später."
„Dann lass uns fliehen," schlug Akira vor. Ihr Herz raste bei dem Gedanken, alles zurückzulassen – ihre Familie, ihren Clan, ihre Heimat. Aber der Gedanke, Raiku zu verlieren, war unerträglich. „Lass uns gehen, irgendwohin, wo uns niemand finden kann."
Raiku hielt inne, seine Augen durchbohrten sie, als wollte er jede Facette ihrer Seele verstehen. „Du würdest alles aufgeben?" fragte er schließlich.
„Alles," sagte Akira, ohne zu zögern. „Wenn ich dich habe, brauche ich nichts anderes."
Raiku schwieg, doch dann trat er näher und legte seine Stirn gegen ihre. „Dann schwöre ich dir, Akira. Egal, wer uns verfolgt, egal, welche Mächte uns trennen wollen – ich werde dich immer beschützen."
Akira spürte, wie sich ihre Kräfte miteinander verbanden – ihre Flammen und seine Schatten, ein Tanz der Gegensätze, der die Welt um sie herum in ein sanftes Glühen tauchte.
Der Verrat im Nebel
Doch während sie sich im Licht der aufgehenden Sonne einander näher kamen, lauerten im Nebel Gestalten. Die Kundschafter, von denen Raiku gesprochen hatte, waren nicht mehr weit. Und unter ihnen befand sich jemand, den Akira niemals erwartet hätte – ihr eigener Bruder, Kazuo, ein mächtiger Oni-Krieger, der geschworen hatte, die Ehre ihrer Familie zu bewahren.
Kazuo hatte von den Gerüchten über seine Schwester und den Schattenwolf gehört, und er konnte nicht zulassen, dass Akiras Handlungen die Clane der Oni beschmutzten. Er beobachtete das Paar mit kalten Augen, seine Hand fest um den Griff seines Schwertes gelegt.
„Akira," murmelte er leise, „du hast dich entschieden, eine Verräterin zu sein. Aber ich werde dich aufhalten, bevor du unsere Welt ins Chaos stürzt."
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Die letzte Schattenflamme
FantasyZwischen den Welten von Licht und Schatten, Flammen und Dunkelheit, existiert eine Legende... Miyu ist kein gewöhnliches Wesen. Geboren aus der verbotenen Verbindung einer Oni-Kriegerin und eines Schattenwolfs, trägt er die ungezähmte Macht der Flam...